Die Stadt Frankfurt am Main hat den Grüneburgweg im Frankfurter Westend nun auch zwischen Reuterweg und Eschersheimer Landstraße zur „fahrradfreundlichen Nebenstraße“ umgestaltet.

Im Abschnitt des Grüneburgwegs zwischen Eschersheimer Landstraße und der Straße im Trutz Frankfurt wurde mit der Umbaumaßnahme die Verkehrsführung geändert. Hier kann der Kfz.-Verkehr künftig nur noch in Richtung Westen fahren. Mit dieser Einbahnstraßenregelung will die Stadt den Durchgangsverkehr reduzieren und das Radfahren im Mischverkehr sicherer machen. Unmittelbar nach Einfahrt Eschersheimer Landstraße in den Grüneburgweg soll noch eine Fahrbahninsel installiert werden. Der einfahrende Radverkehr hat dort gegenüber dem von der vielbefahrenden Ausfallstraße einfahrenden Kfz.-Verkehr Vorrang. Im Jahr 2019 hat die Stadtverordnetenversammlung mit dem Beschluss zur Fahrradstadt Frankfurt die Weichen dafür gestellt, Nebenstraßen „fahrrad- und aufenthaltsfreundlich“ umzugestalten. Entlang des von der Eschersheimer Landstraße bis zum Reuterweg führenden 387 m langen Grüneburgwegs stehen nunmehr 219 Verkehrsschilder (bis zum Palmengarten sind es 1.348 m und 566 Schilder) – Fahrbahnmarkierungen und temporäre Beschilderungen nicht berücksichtigt.

Welche Verpflichtungen legen die Schilder und Markierungen den Verkehrsteilnehmern auf, welche Sanktionen drohen bei deren Missachtung?

Unabhängig vom Erscheinungsbild der Straße steht der aufgeforstete Schilderwald nicht im Einklang mit der Straßenverkehrsordnung. Dem Grundsatz des § 39 Abs. 1 StVO nach werden örtliche Anordnungen durch Verkehrszeichen nur dort getroffen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Verkehrszeichen müssen so beschaffen sein, dass sie im Fahren durch beiläufigen Blick erfasst, verstanden und befolgt werden können. Mehr als drei Verkehrszeichen zugleich überschreiten die individuelle Wahrnehmungsgrenze, verzögern die Reaktion und können dadurch gefährdend wirken. Nach einer Verwaltungsvorschrift ist deren Zahl an einem Pfosten grundsätzlich auf drei begrenzt.

Das Zeichen „Fahrradstraße“ bestimmt, dass anderer Fahrzeugverkehr als Radverkehr sowie E-Bikes und E-Scooter Fahrradstraßen nicht benutzen darf, es sei denn dies ist durch Zusatzzeichen erlaubt. Für den Fahrverkehr gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Der Radverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig, muss der Kraftfahrzeugverkehr die Geschwindigkeit weiter verringern. Das Nebeneinanderfahren mit Fahrrädern ist erlaubt.

Das Schild „Anlieger frei“ unter dem Verkehrszeichen „Fahrradstraße“ erlaubt es auch Fahrern von Kraftfahrzeugen, die Fahrradstraße zu befahren. Voraussetzung ist aber, dass sie ein Anliegen haben, weil sie zum Beispiel ein an der Straße anliegendes Grundstück bewohnen, dessen Bewohner besuchen, dort einkaufen oder jemanden abholen, der in einem dort befindlichen Geschäft eingekauft hat. Es genügt irgendeine Beziehung zum Anliegergrundstück. Wer die Anliegerstraße mit dem Auto unberechtigt befährt, muss mit einem Verwarnungsgeld in Höhe von 50 Euro rechnen. Wer das Fahrzeug parkt, ohne Anlieger zu sein, riskiert ein Verwarnungsgeld ab 55 Euro.

Rote Bodenmarkierungen entfalten keine Regelung. Diese sollen üblicherweise den Fließverkehr für querende Fußgänger bzw. Radfahrer an Stellen sensibilisieren, bei denen die Verkehrsfrequenz keine „echten“ Bodenmarkierungen erfordert.

Anders der markierte Sicherheitstrennstreifen zwischen Parkfläche und Straße: Der in der Regel 50 bis 75 Zentimeter breite Bereich soll Radfahrer davor schützen, durch unbedacht geöffnete Autotüren verletzt zu werden. Dieser darf nur bei Bedarf überfahren werden, insbesondere um dem Gegenverkehr auszuweichen.

Wer den Grüneburgweg mit dem Auto Richtung Eschersheimer Landstraße befährt, der vorgeschriebenen Fahrtrichtung Rechts in die Straße im Trutz Frankfurt nicht folgt, sondern den Grüneburgweg weiter geradeaus gegen die Einbahnstraße fährt, befolgt einerseits die durch Vorschriftszeichen vorgeschriebene Fahrtrichtung Rechts nicht: macht 10 Euro; mit Gefährdung: 15 Euro; mit Sachbeschädigung: 25 Euro, und befolgt andererseits die durch Zeichen Einbahnstraße vorgeschriebene Fahrtrichtung nicht: kostet 25 Euro. Während der Umgewöhnungsphase versehen Stadtpolizisten am Beginn der neuen Einbahnstraße Dienst und geleiten Autofahrer den rechten Weg. Fährt man trotz deren Abbiegehinweises geradeaus weiter hat man auch noch die Weisung eines Polizeibeamten nicht befolgt: 20 Euro. In diesem Fall werden aber nicht alle drei Verwarnungsgelder addiert. Sind mehrere Tatbestände erfüllt, wird die Geldbuße nach dem Gesetz bestimmt, das die höhere Buße androht.

Die Fahrbahnmarkierung mit einer weißen Person, die eine Sackkarre schiebt, soll darauf hinweisen, dass es sich bei der Freifläche am Straßenrand um eine Zone zum Be- und Entladen handelt. Das Be- und Entladen soll hier nur für gewerbliche Zwecke gestattet sein. Ladezonen sollen – so wie andere Halteverbote – zur Gänze freigehalten werden. In Ladezonen darf zum Ein- und Aussteigen gehalten werden. Das Fahrzeug darüber hinaus in der Ladezone stehen zu lassen, soll nicht erlaubt sein. Da die Markierung mit Person und Sackkarre noch kein offizielles Verkehrszeichen ist, gilt die dort angebrachte Beschilderung „Absolutes Haltverbot“ und „Lieferverkehr frei“. Dort darf nur stehen, wer Waren zu und von den im dortigen Bereich liegenden Geschäften oder Waren als Gewerbetreibender transportiert. Nicht gestattet ist die Nutzung beispielsweise zum Abholen und Bringen von Fahrgästen durch ein Taxi, Ablieferung von Geld durch Bankkunden an eine Bank oder privater Transport von Kleidung oder Wäsche zur Reinigung.

Unzulässig auf Schutzstreifen für den Radverkehr gehalten: Verwarnungsgeld 55 Euro; mit Behinderung: Bußgeld 70 Euro, 1 Punkt im FAER; mit Gefährdung: 80 Euro, 1 Punkt im FAER; mit Sachbeschädigung: 100 Euro, 1 Punkt im FAER. Wird der Fahrer allerdings bei derartigen Verstößen nicht vor Ort angetroffen, wird es der Behörde nicht gelingen, diesen ausfindig zu machen. Ein fataler Fehler wäre es, sich auf entsprechende Anhörungsschreiben gegenüber dem Ordnungsamt zu erklären. Einwendungen sind in den seltensten Fällen geeignet, den Vorwurf zu entkräften, so dass man damit lediglich die Fahrereigenschaft einräumt. Macht man gar nichts, werden entsprechende Verfahren nach drei Monaten eingestellt und dem Fahrzeughalter lediglich Gebühren und Auslagen über 28,50 Euro auferlegt.

Nach Meinung des Autors wird durch die Umgestaltung des Grüneburgwegs von den politischen Festsetzungen im „Masterplan Mobilität der Stadt Frankfurt am Main vom 03.05.2023“ einzig das Ziel „verkehrsreduzierte Stadtentwicklung“ oder besser gesagt konsequente Verdrängung des Kfz.-Verkehrs aus Innenstadtgebieten umgesetzt. Klimaschutzziele, Verkehrssicherheit, Barrierefreiheit und Erreichbarkeit für Handwerk und Logistik bleiben auf der Strecke.

Durch Fahrradständer, „Multifunktionsstreifen“ für die Gastronomie, Ladezonen, E-Auto-Ladestationen oder willkürlich geschaffene Sperrflächen und Fußgängerwege wurden zahlreiche Parkplätze weggenommen. Statt aufgrund der Fahrbahn-Verschmälerung vor dem Rewe-Supermarkt zehn Schrägparkplätze zu schaffen haben es die Straßenplaner vorgezogen, die parallel zum Grüneburgweg verlaufenden sechs Senkrechtparkplätze Richtung Straße zu verschieben und den frei gewordenen Raum durch Stahlpfosten abzusperren und unbenutzbar zu machen. Über Parkplatzreduzierung einer „Erreichbarkeit für Handwerk und Logistik“ gerecht werden zu wollen ist für den ansässigen Einzelhandel geradezu eine Farce.

Die Außerbetriebnahme einer Ampelanlage im Streckenabschnitt macht dort die Grüneburgweg-Überquerung für Fußgänger, insbesondere ältere Menschen und Kinder auf dem Weg zur nahe gelegenen Anna-Schmidt-Schule, zu einem hochriskanten Unterfangen, schließlich bestehen die meisten Fahrrad- und Lastenradfahrer auf ihre Fahrradstraßen-Vorrechte.

Aber mutmaßlich geht die Frankfurter Stadtplanung mit der Zeit: In Science-Fiction Filmen werden in den Innenstädten auch keine Autos gezeigt - und kein Einzelhandel.