1. Der Fall – Was ist passiert?
Ein Arbeitnehmer, der über drei Jahre überwiegend (ca. 80 %) im Homeoffice gearbeitet hat 🏠💻, wird plötzlich mit Wirkung ab dem 01.05.2023 an einen neuen Betriebsstandort versetzt – und das 500 km entfernt 🚗💨.
Die Arbeitgeberin schloss den bisherigen Standort und berief sich auf ein allgemeines Präsenzkonzept. Dabei wurde gleichzeitig die langjährige Homeoffice-Erlaubnis widerrufen – ohne konkrete, nachvollziehbare betriebliche Gründe oder ein Angebot zur Kostenübernahme für die entstehenden Umzugskosten 🏢❌💸.
Der Arbeitnehmer macht geltend, dass eine so kurzfristige und weite Versetzung unzumutbar ist, weil sie sein familiäres, soziales und logistischen Umfeld massiv beeinträchtigt – etwa, weil es nahezu unmöglich ist, innerhalb von ca. 5 Wochen eine Wohnung am neuen Standort zu finden 🏠⏳.
2. Die rechtlichen Leitplanken – Grundlagen und Begriffserklärungen
Direktionsrecht des Arbeitgebers:
Der Arbeitgeber hat grundsätzlich das Recht, den Arbeitsort zu bestimmen – das sogenannte Direktionsrecht (§ 106 GewO) 🏢➡️. Allerdings muss dieses Recht im Rahmen des billigen Ermessens ausgeübt werden, also unter Berücksichtigung der Interessen beider Seiten ⚖️.Billiges Ermessen:
Dieses Prinzip verlangt eine faire Interessenabwägung. Die persönlichen, logistischen und sozialen Interessen des Arbeitnehmers (z. B. feste Bindungen am Wohnort, Umzugskosten, etc.) müssen gegen die unternehmerischen Interessen abgewogen werden 🤝💡.Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis:
Auch wenn Homeoffice zunächst nicht vertraglich festgeschrieben wurde, führt eine über Jahre gelebte Praxis zu einem schutzwürdigen Vertrauen. Der einseitige Widerruf dieser stillschweigenden Vereinbarung ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn zwingende betriebliche Gründe vorliegen 🚫📜.Änderungskündigung als milderes Mittel:
Der Arbeitgeber kann zwar Arbeitsplätze umorganisieren, muss dabei aber immer prüfen, ob eine Versetzung (z. B. Neuzuordnung in einen anderen Betrieb) nicht als milderes Mittel zu einer Kündigung missbraucht wird 🔄⚠️.
3. Lösung durch das LAG Köln – Entscheidungsgründe kompakt zusammengefasst
Das LAG Köln hat in seinem Urteil entschieden, dass:
Widerruf und Versetzung sind unzulässig:
Obwohl das Direktionsrecht dem Arbeitgeber grundsätzlich einen Wechsel des Arbeitsortes erlaubt, muss er dabei die Schranken des billigen Ermessens wahren. Im konkreten Fall wurde der Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis als ermessensfehlerhaft bewertet, da die Interessen des Arbeitnehmers (langjährige Homeoffice-Praxis, familiäre und soziale Bindung, logistische Herausforderungen) überwiegen 🚫🏠➡️🏢.Fehlende konkrete betriebliche Gründe:
Die Arbeitgeberin konnte keine nachvollziehbaren, konkreten Gründe vorlegen, die den Wechsel zu einem ausschließlich präsenzbasierten Arbeitsplatz in M. (500 km entfernt) rechtfertigen. Pauschale Hinweise auf ein unternehmensweites Präsenzkonzept reichen hierfür nicht aus 📉❌.Unzulässigkeit der Änderungskündigung:
Auch die hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung wurde als sozial und rechtlich nicht gerechtfertigt beurteilt, da mildere Mittel (wie die Fortführung im Homeoffice) möglich gewesen wären 🔍⚖️.
4. Einordnung in der Praxis – Was bedeutet das für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
Für Arbeitgeber:
Sorgfalt bei Versetzungen:
Bevor ein Standortwechsel angeordnet wird, müssen konkrete und nachvollziehbare betriebliche Gründe vorliegen. Es empfiehlt sich, vor solchen Entscheidungen eine gründliche Interessenabwägung vorzunehmen und Unterstützungsmöglichkeiten (z. B. Umzugskosten, Übergangsfristen) anzubieten 📝🤝💡.Klare vertragliche Regelungen:
Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Arbeitsverträge explizit Regelungen zur Homeoffice-Arbeit enthalten – inklusive der Bedingungen für einen möglichen Widerruf dieser Vereinbarung 📃✅.
Für Arbeitnehmer:
Vertrauensschutz:
Eine über Jahre gelebte Homeoffice-Praxis schafft ein schutzwürdiges Vertrauensverhältnis. Arbeitnehmer sollten darauf bestehen, dass ein einseitiger Widerruf nicht ohne triftigen, konkreten Grund erfolgen darf 🛡️🏠.Rechtliche Beratung:
Bei derartigen Versetzungen oder Änderungskündigungen ist es ratsam, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen. So können Arbeitnehmer ihre Interessen besser wahren und sich gegen unverhältnismäßige Maßnahmen wehren 👩⚖️📞.
Fazit
Das Urteil des LAG Köln unterstreicht:
Auch wenn Arbeitgeber das Direktionsrecht besitzen, muss bei einer Änderung des Arbeitsortes – insbesondere beim Widerruf einer langjährigen Homeoffice-Erlaubnis – das billige Ermessen gewahrt bleiben. Das heißt, es müssen konkrete und nachvollziehbare betriebliche Gründe vorliegen, die die Interessen des Arbeitnehmers überwiegen. Für beide Seiten gilt: Klare Kommunikation und vertragliche Regelungen sind essenziell, um spätere Konflikte zu vermeiden. 👍🔍💼
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