„Aktuelle Rechtsprechung des BSG zum Merkzeichen „aG“
Das Bundessozialgericht hat in einer aktuellen Entscheidung seine Rechtsprechung zum Merkzeichen „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung) konkretisiert. Hintergrund: Personen, bei denen ein Grad der Behinderung von wenigstens 80 von 100 sowie das Merkzeichen „aG“ anerkannt ist, sind berechtigt, sog. Behinderten-Parkplätze zu nutzen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung des Merkzeichens „aG“ hat der Gesetzgeber in § 229 SGB IX geregelt. Um den Kreis der Berechtigten nicht zu groß werden zu lassen, sind die Voraussetzungen, die der Gesetzgeber geschaffen hat, hoch. Jahrelang war es daher geübte Praxis der Versorgungsämter, nur denjenigen das Merkzeichen „aG“ zu bewilligen, deren Gehfähigkeit mit derjenigen beidseitig oberschenkelamputierter Personen vergleichbar ist. Das Bundessozialgericht hat jetzt in einer aktuellen Entscheidung vom 09.03.2023 (B 9 SB 1/22 R) klargestellt, dass nach aktueller Rechtslage ein solcher Vergleich nicht mehr statthaft ist. Zukünftig müssen die Versorgungsämter und ggf. die Sozialgerichte den Zweck des Merkzeichens „aG“, die stark eingeschränkte Gehfähigkeit durch Verkürzung der neben der Kraftfahrzeugbenutzung unausweichlichen Wegstrecke auszugleichen, unter Berücksichtigung aller Beeinträchtigungen, die sich nachteilig auf die Gehfähigkeit auswirken, beachten. Eine Beschränkung auf bestimmte Gesundheitsstörungen, etwa des orthopädischen Fachgebietes, hat dabei zu unterbleiben. Eine außergewöhnliche Gehbehinderung im Sinne dieses Urteils des BSG kann nicht nur in einer Beeinträchtigung der Beine, sondern beispielsweise auch in einer Störung der Herztätigkeit, der Lungenfunktion, neurologischer Beeinträchtigungen usw. begründet sein.
Aber auch nach diesem Urteil des BSG sind die Voraussetzungen für die Anerkennung des Merkzeichens „aG“ weiterhin sicherlich hoch.“