Wer nach einer Rehabilitationsmaßnahme Arbeitslosengeld I (ALG I) beantragt, steht häufig vor der Frage, ob die Anwartschaftszeit erfüllt ist. Entscheidend ist hierbei, ob es sich um eine medizinische Rehabilitation oder eine berufliche Rehabilitation handelt. Beide Formen der Reha wirken sich unterschiedlich auf die Versicherungspflicht und damit auf die Anwartschaftszeit aus.

Grundregel: Anwartschaftszeit und Rahmenfrist

Gemäß § 143 SGB III muss in den 30 Monaten vor der Antragstellung auf ALG I (sogenannte Rahmenfrist) mindestens ein Jahr Versicherungspflicht durch eine Beschäftigung oder gleichgestellte Zeiten erfüllt sein. Für Personen, die Übergangsgeld während einer Reha bezogen haben, wird die Rahmenfrist um diese Zeiten verlängert.

Medizinische Rehabilitation

Zeiten, in denen während einer medizinischen Rehabilitation Übergangsgeld bezogen wird, sind gemäß § 26 Abs. 2 SGB III versicherungsrechtlich geschützt. Voraussetzung ist, dass vor Beginn der Reha eine versicherungspflichtige Beschäftigung bestand oder eine andere Entgeltersatzleistung (z. B. Krankengeld) bezogen wurde. Der Bezug von Krankengeld, das direkt an eine medizinische Rehabilitation anschließt, gilt ebenfalls als versicherungspflichtige Zeit.

Berufliche Rehabilitation

Anders sieht es bei einer beruflichen Rehabilitation aus (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, § 33 SGB IX). Zeiten des Übergangsgeldbezugs während einer beruflichen Reha verlängern zwar die Rahmenfrist, gelten jedoch nicht automatisch als versicherungspflichtig. Entscheidend ist, ob unmittelbar vor der Reha eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder eine Entgeltersatzleistung nach SGB III vorlag.

Beispiel: Unterschiedliche Auswirkungen

Medizinische Reha: Herr M. bezieht nach einer medizinischen Reha vom 01.01.2024 bis 31.03.2024 Übergangsgeld. Direkt zuvor hatte er Anspruch auf Krankengeld. Diese Zeiten gelten als versicherungspflichtig, sodass sie in die Anwartschaftszeit für ALG I einfließen.

Berufliche Reha: Frau T. nimmt vom 01.01.2024 bis 31.12.2024 an einer beruflichen Reha teil und erhält Übergangsgeld. Vor der Reha war sie jedoch länger als zwölf Monate nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Diese Zeiten verlängern die Rahmenfrist, zählen jedoch nicht direkt als versicherungspflichtige Zeiten.

Besonderheit: Lücken im Versicherungsverlauf

Das Bundessozialgericht (BSG) hat entschieden, dass kleinere „Pausen“ im Versicherungsverlauf unschädlich sein können (z. B. 38 bzw. 53 Tage, BSG vom 23.02.2017 – B 11 AL 3/16 R). Bei längeren Lücken – wie etwa 13 Monaten – wird jedoch die erforderliche Unmittelbarkeit zwischen zwei versicherungspflichtigen Zeiten verneint.

Fazit:

  • Zeiten des Übergangsgeldbezugs bei medizinischer Reha zählen häufig zur Versicherungspflicht und damit zur Anwartschaftszeit.
  • Zeiten des Übergangsgeldbezugs bei beruflicher Reha verlängern die Rahmenfrist, gelten aber nur dann als versicherungspflichtig, wenn davor eine entsprechende versicherungsrechtliche Voraussetzung erfüllt war.
  • Die Grenze für eine unschädliche Unterbrechung liegt in der Regel bei etwa 1–2 Monaten. Längere Pausen können nur in besonderen Einzelfällen, abhängig von den genauen Umständen, als unschädlich gelten. Je größer die zeitliche Lücke, desto schwieriger ist es, eine direkte Verbindung der Versicherungszeiten zu argumentieren.
  • Prüfen Sie daher stets, ob und wann eine Versicherungspflicht bestand, und achten Sie auf Lücken im Versicherungsverlauf. Eine genaue Prüfung kann im Einzelfall entscheidend sein, um Ansprüche durchzusetzen.