Alkoholismus ist eine Erkrankung. Bei Beamten stellt sich insofern nicht nur die Frage nach der eigenen Gesundheit, sondern auch, inwieweit eine Erkrankung disziplinarrechtlich relevant sein kann.

Hierzu hat das Verwaltungsgericht München in einem Beschluss vom 27.07.2023 (M 19L DK 22.3598) Stellung genommen. Konkret ging es um einen Beamten, der bereits eine stationäre Entziehungskur hinter sich hatte.  Ea kam jedoch zu einem Rückfall. Dabei kam es zu einer Alkoholfahrt (2,52 Promille). Infolge dessen wurde der Beamte wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 und 2 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten mit einer Bewährungszeit von drei Jahren verurteilt. Der Dienstherr verfolgte die Angelegenheit auch disziplinarrechtlich.

Das Verwaltungsgericht führt hierbei unter Bezugnahme auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 18.1.2017 – 16a D 14.2483) zur disziplinarrechtlichen Relevanz eines Rückfalls in die „nasse Phase“ aus:

„Aus der Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf gemäß § 34 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) folgt, dass ein Beamter zur Erfüllung seiner Pflichten seinem Dienstherrn seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellen und diese im Interesse des Dienstherrn erhalten muss. Dies bedeutet aber nicht, dass Beamte generell keinen Alkohol konsumieren dürften. Auch die Alkoholkrankheit als solche ist disziplinarrechtlich nicht vorwerfbar. Erst wenn deren Folgen in den dienstlichen Bereich hineinreichen, wird die Alkoholabhängigkeit disziplinarrechtlich relevant, sei es, dass der Beamte im Dienst oder kurze Zeit davor Alkohol zu sich nimmt, sei es, dass der Alkoholkonsum eine zeitweilige oder dauernde Dienstunfähigkeit zur Folge hat. Zudem müssen dem Beamten die dienstlichen Folgen der Alkoholkrankheit auch subjektiv vorwerfbar sein. Dies erfordert regelmäßig eine entsprechende Belehrung und Aufklärung über die aus der Alkoholkrankheit folgende Gesunderhaltungspflicht und die disziplinarrechtlichen Folgen der Verletzung dieser Dienstpflicht, so dass dem Beamten diese Pflicht und die Folgen ihrer Verletzung bei Tatbegehung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Außerdem muss er trotz seiner Alkoholkrankheit in der Lage gewesen sein, deren dienstliche Folgen zu vermeiden. Zu den dienstlichen Pflichten eines alkoholkranken Beamten gehört es, nach einer Entwöhnungsbehandlung den Griff zum „ersten Glas“ Alkohol zu unterlassen, weil jeder Genuss von Alkohol nach einer Entzugstherapie das Verlangen nach weiterem Alkohol wieder aufleben lässt und so erfahrungsgemäß in die „nasse Phase“ der Alkoholabhängigkeit zurückführen kann. Dennoch ist es nicht das „erste Glas“ selbst, das disziplinarrechtlich bedeutsam und als beamtenrechtliche Pflichtverletzung vorwerfbar ist. Disziplinarrechtliche Relevanz erhält der Rückfall in die „nasse Phase“ der Alkoholsucht erst, wenn eine Entwöhnungstherapie erfolgreich war, so dass der Beamte im Zeitpunkt des Rückfalls in der Lage war, der Gefahr eines Rückfalls in die Alkoholsucht mit Erfolg zu begegnen, und wenn die erneute Abhängigkeit Folgen im dienstlichen Bereich hat.“

Im Ergebnis erkannte das Verwaltungsgericht auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung des Ruhegehalts in Höhe von 1/10 für die Dauer von 54 Monaten.


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