Für viele Beschuldigte ist es ein Schockmoment: Ein Schreiben vom Gericht – und darin eine Anklageschrift. Schwarz auf weiß steht dort, dass die Staatsanwaltschaft Ihre Bestrafung fordert.
Viele Fragen drängen sich in diesem Moment auf:
Was bedeutet das für mich? Kommt jetzt automatisch ein Gerichtstermin? Droht eine Haftstrafe?
Und vor allem: Wie reagiere ich jetzt richtig?

In dieser Situation ist eines entscheidend: Ruhe bewahren und strategisch handeln.
Wer übereilt handelt oder Fehler macht, gefährdet seine Verteidigungschancen massiv. Dieser Rechtstipp zeigt Ihnen Schritt für Schritt, was zu tun ist, wenn Sie eine Anklageschrift erhalten haben – und warum Sie jetzt schnell einen erfahrenen Strafverteidiger einschalten sollten.


Was genau ist eine Anklageschrift?

Die Anklageschrift ist ein offizielles Schreiben der Staatsanwaltschaft. Sie teilt Ihnen damit mit, dass sie genügend Beweise sieht, um Sie wegen einer bestimmten Straftat vor Gericht anzuklagen.
Die wichtigsten Bestandteile einer Anklageschrift sind:

  • Angabe der beschuldigten Person (Ihre Personalien)

  • Tatvorwurf: Welche Straftaten Ihnen konkret vorgeworfen werden, z. B. Diebstahl, Betrug, Körperverletzung

  • Tatzeit und Tatort: Wann und wo die angebliche Straftat stattgefunden haben soll

  • Beweismittel: Zeugen, Gutachten, Urkunden oder andere Beweise

  • Gericht: Angabe, bei welchem Gericht die Hauptverhandlung stattfinden soll

Eine Anklageschrift bedeutet nicht, dass Sie bereits verurteilt sind.
Sie ist jedoch ein wichtiger Schritt im Strafverfahren: Sobald das Gericht die Anklage zulässt (Eröffnung des Hauptverfahrens), wird eine öffentliche Hauptverhandlung stattfinden.


Muss ich auf die Anklageschrift reagieren?

Kurz gesagt: Nein, aber Sie sollten trotzdem unbedingt handeln.

Formell müssen Sie auf eine Anklageschrift nicht antworten.
Doch: In vielen Fällen gibt es die Möglichkeit, innerhalb kurzer Frist Einwendungen zu erheben (§ 201 StPO).
Vor allem können Sie über einen Verteidiger versuchen:

  • die Eröffnung des Hauptverfahrens zu verhindern,

  • einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens zu stellen,

  • die Anklage zu beanstanden (z. B. bei Formfehlern oder bei fehlender Begründung).

Wichtig: Dafür braucht man zwingend Akteneinsicht – und vollständig erhalten die nur Strafverteidiger.
Deshalb sollte sofort nach Erhalt einer Anklageschrift ein erfahrener Rechtsanwalt eingeschaltet werden.


Wie läuft das weitere Verfahren ab?

Nach Zugang der Anklageschrift prüft das Gericht, ob die Anklage zugelassen wird. Das Gericht fragt sich:

  • Gibt es einen sogenannten hinreichenden Tatverdacht?

  • Ist die Anklageschrift formell korrekt?

  • Sind die Beweise ausreichend, um eine Verurteilung wahrscheinlich erscheinen zu lassen?

Wenn das Gericht die Anklage zulässt, wird das Hauptverfahren eröffnet.
Das bedeutet konkret:

  • Der Fall wird an eine Strafkammer, ein Schöffengericht oder einen Einzelrichter abgegeben.

  • Eine Hauptverhandlung wird angesetzt.

  • Sie erhalten eine Ladung zur Hauptverhandlung.


Warum ist es gefährlich, jetzt nichts zu tun?

Viele Beschuldigte machen den Fehler, die Anklageschrift „erst mal liegen zu lassen“.
Sie hoffen, dass sich „schon alles klären wird“.
Doch im Strafverfahren gilt: Schweigen und Abwarten ist nur dann sinnvoll, wenn es Teil einer geplanten Verteidigungsstrategie ist.

Risiken bei Untätigkeit:

  • Keine Prüfung, ob die Anklageschrift angreifbar ist

  • Keine Möglichkeit, Einstellung zu erreichen

  • Keine Vorbereitung auf die Hauptverhandlung

Je früher ein Strafverteidiger eingeschaltet wird, desto größer sind Ihre Chancen, das Verfahren günstig zu beeinflussen.


Welche Fristen muss ich beachten?

Nach Zustellung der Anklageschrift laufen bestimmte Fristen:

  • Einwendungen gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens können binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist erhoben werden.

  • Bei schweren Vorwürfen wird ein Pflichtverteidiger bestellt.

Achtung: Fristen können variieren.

Deshalb: Nach Erhalt der Anklageschrift sofort zum Anwalt gehen und keine Zeit verlieren.


Welche Verteidigungsmöglichkeiten gibt es nach einer Anklageschrift?

Je nach Aktenlage und Sachverhalt kommen verschiedene Verteidigungsstrategien in Betracht:

  • Beanstandung der Anklage (z. B. Formfehler)

  • Antrag auf Nichteröffnung des Hauptverfahrens

  • Antrag auf Einstellung des Verfahrens

  • Absprachen mit der Staatsanwaltschaft (Diversion, Einstellung gegen Auflagen)

  • aktive Verteidigung in der Hauptverhandlung (Beweisanträge, Zeugenbefragungen, Sachverständigengutachten)

Welche Strategie sinnvoll ist, hängt vom konkreten Einzelfall ab.
Eine seriöse Beratung durch einen kompetenten Strafverteidiger ist hier unerlässlich.


Die Bedeutung der Akteneinsicht für die Verteidigung

Sobald eine Anklageschrift bei Ihnen eingegangen ist, muss die erste Maßnahme sein: Akteneinsicht beantragen – und zwar über einen Verteidiger.
Warum ist das so wichtig?

Die Ermittlungsakte enthält alle wesentlichen Informationen:

  • Zeugenvernehmungen

  • Gutachten

  • Beschlagnahmeprotokolle

  • Telefonüberwachungen

  • sonstige Beweismittel

Nur wer die vollständige Akte kennt, kann einschätzen:

  • Wie stark ist die Beweislage?

  • Gibt es entlastende Hinweise?

  • Gibt es Verfahrensfehler?

Wichtig: Sie selbst als Beschuldigter erhalten keine vollständige Akteneinsicht.
Nur ein Verteidiger kann sie vollständig beantragen und vor allem richtig deuten. 


Typische Fragen nach Akteneinsicht:

  • Sind die Zeugenaussagen glaubhaft?

  • Gibt es Videoaufzeichnungen oder Fotos?

  • Wurden Vorschriften der Strafprozessordnung verletzt?

  • Kann ein Tatnachweis überhaupt geführt werden?

Erst nach sorgfältiger Auswertung der Akte kann eine fundierte Verteidigungsstrategie entwickelt werden.


Möglichkeiten, das Hauptverfahren noch zu verhindern

Nach Erhalt der Akteneinsicht prüft der Verteidiger, ob noch vor der Hauptverhandlung eingegriffen werden kann.
Folgende Optionen kommen in Betracht:

1. Antrag auf Nichteröffnung des Hauptverfahrens

Wenn die Staatsanwaltschaft Beweise überbewertet hat oder der Tatverdacht schwach ist, kann beantragt werden, das Hauptverfahren gar nicht erst zu eröffnen.
Das Gericht prüft dann nochmals intensiv:

  • Liegt wirklich ein hinreichender Tatverdacht vor?

  • Sind die Beweise ausreichend?

Wenn das Gericht den Antrag akzeptiert, wird das Verfahren eingestellt, bevor es zur Hauptverhandlung kommt.

2. Antrag auf Einstellung des Verfahrens

Manchmal können Verfahren auch auf andere Weise eingestellt werden:

  • § 153 StPO: Einstellung bei Geringfügigkeit ohne Auflagen

  • § 153a StPO: Einstellung gegen Auflagen (z. B. Zahlung einer Geldauflage, Sozialstunden)

Eine solche Einstellung erfordert meist Verhandlungen zwischen Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht.
Sie vermeidet aber die Hauptverhandlung und eine öffentliche Verurteilung.


Fehler der Staatsanwaltschaft erkennen und nutzen

Erfahrene Strafverteidiger prüfen die Anklageschrift und die Ermittlungsakte sehr genau auf Fehler. Typische Schwächen sind:

  • Formelle Fehler in der Anklageschrift (z. B. falsche Angaben zu Tatort, Tatzeit, Gesetzesnormen)

  • Verletzungen der Rechte des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren (z. B. unterlassene Belehrung)

  • Unzulässige Beweismittel (z. B. durch rechtswidrige Durchsuchung oder Telefonüberwachung)

Wer solche Fehler frühzeitig erkennt, kann sie nutzen, um das Verfahren zu kippen oder zumindest erheblichen Druck auf die Staatsanwaltschaft auszuüben.


Vorbereitung auf die Hauptverhandlung

Wenn das Gericht die Anklage zulässt, steht die Hauptverhandlung bevor.
Die Vorbereitung darauf ist ein zentrales Element der Verteidigung.

Was bedeutet „Vorbereitung“ konkret?

  • Durcharbeiten der Ermittlungsakte

  • Entwicklung eines Verteidigungskonzepts

  • Besprechung des Aussageverhaltens des Mandanten

  • Benennung eigener Zeugen

  • Vorbereiten von Beweisanträgen

  • Vorbereitung auf Befragung von Belastungszeugen

Eine gute Hauptverhandlungsstrategie berücksichtigt immer:

  • Was ist realistisch erreichbar?

  • Gibt es Spielräume für ein mildes Urteil?

  • Soll aktiv verteidigt werden?


Aussageverhalten in der Hauptverhandlung

Viele Angeklagte sind unsicher: Soll ich in der Hauptverhandlung aussagen oder lieber schweigen?

Grundsatz im Strafrecht:

  • Sie müssen nicht aussagen.

  • Sie dürfen jederzeit schweigen.

Ob eine Aussage sinnvoll ist, hängt stark vom Einzelfall ab:

  • Gibt es entlastende Erklärungen?

  • Bestehen Lücken in der Anklage?

  • Würde eine Einlassung glaubhaft wirken?

Hier ist professionelle Beratung entscheidend. Unüberlegte Aussagen können großen Schaden anrichten und die Verurteilung wahrscheinlicher machen.


Verteidigung durch Angriffe auf die Beweise

In vielen Fällen ist es möglich, durch geschickte Verteidigungsarbeit Zweifel an den Beweisen zu säen:

  • Widersprüche in Zeugenaussagen aufdecken

  • Belastungszeugen gezielt hinterfragen

  • Gutachten durch eigene Sachverständige angreifen

  • alternative Geschehensabläufe aufzeigen

Im deutschen Strafrecht gilt der Grundsatz:
Im Zweifel für den Angeklagten (in dubio pro reo).

Das bedeutet: Reichen die Beweise nicht für eine sichere Verurteilung, muss das Gericht freisprechen.


Möglichkeiten der Verständigung (Deal im Strafverfahren)

In geeigneten Fällen kann eine Verständigung („Deal“) zwischen Verteidigung, Gericht und Staatsanwaltschaft angestrebt werden.

Das Ziel:

  • Ein milderes Urteil

  • Verzicht auf bestimmte Anklagepunkte

  • Begrenzung der Rechtsfolgen

Solche Absprachen sind in Deutschland zwar gesetzlich geregelt (§ 257c StPO), aber rechtlich anspruchsvoll. Sie erfordern Erfahrung und taktisches Geschick des Verteidigers.


Ablauf der Hauptverhandlung – Schritt für Schritt

Viele Beschuldigte haben große Angst vor der Hauptverhandlung.
Das liegt oft an Unwissenheit: Was genau passiert dort eigentlich?

Hier der typische Ablauf einer Strafverhandlung:

1. Aufruf der Sache

Das Gericht ruft den Fall auf.
Angeklagter, Verteidiger, Staatsanwalt und Zeugen werden in den Sitzungssaal gebeten.

2. Feststellung der Personalien

Zu Beginn überprüft der Vorsitzende Richter die Personalien des Angeklagten:

  • Name

  • Geburtsdatum

  • Beruf

  • Wohnort

Diese Angaben müssen korrekt gemacht werden.

3. Verlesung der Anklageschrift

Die Staatsanwaltschaft verliest die Anklageschrift.
Damit ist der formale Beginn der Hauptverhandlung gesetzt.

4. Frage zum Aussageverhalten

Das Gericht fragt den Angeklagten:

  • Möchten Sie sich zur Sache äußern?

  • Oder möchten Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen?

Hier sollte unbedingt die vorher mit dem Verteidiger abgestimmte Strategie verfolgt werden.


Der Ablauf der Beweisaufnahme

Wenn der Angeklagte nichts sagt oder eine Einlassung abgibt, beginnt danach die Beweisaufnahme:

  • Zeugen werden vernommen

  • Gutachten werden verlesen oder Sachverständige befragt

  • Urkunden werden verlesen

  • Augenscheinsobjekte werden in Augenschein genommen

Wichtig: Der Verteidiger kann:

  • Zeugen befragen

  • Beweisanträge stellen

  • Widersprüche aufdecken

Eine aktive Verteidigung während der Beweisaufnahme ist oft entscheidend für den Verfahrensausgang.


Die Rolle des Verteidigers in der Hauptverhandlung

Ein erfahrener Strafverteidiger tut weit mehr, als "nur anwesend zu sein".
Er sorgt dafür:

  • dass die Rechte des Angeklagten gewahrt bleiben

  • dass unzulässige Fragen an Zeugen unterbunden werden

  • dass entlastende Tatsachen herausgearbeitet werden

  • dass Verfahrensverstöße dokumentiert werden

Oft ist die Qualität der Verteidigung der ausschlaggebende Faktor dafür, ob das Verfahren mit einem Freispruch, einer Verfahrenseinstellung oder zumindest einem milderen Urteil endet.


Verteidigungsstrategien in der Hauptverhandlung

Es gibt verschiedene taktische Ansätze, je nach Aktenlage und Prozessverlauf:

1. Aktive Verteidigung

  • Angriff auf die Beweislage

  • Aufdeckung von Widersprüchen

  • Beantragung eigener Beweise

2. Passive Verteidigung

  • Schweigen

  • Konzentration auf Verfahrensfehler

  • spätere Überraschungsstrategie

3. Verständigung / Deal

Wenn absehbar ist, dass eine Verurteilung wahrscheinlich ist, kann manchmal eine Verständigung sinnvoll sein, um das Strafmaß zu reduzieren.

Welche Strategie am besten ist, hängt vom konkreten Fall ab und muss gemeinsam mit dem Verteidiger entschieden werden.


Plädoyers und Urteil

Am Ende der Beweisaufnahme halten Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung ihre Plädoyers.

  • Die Staatsanwaltschaft beantragt meist eine bestimmte Strafe.

  • Die Verteidigung argumentiert für Freispruch, Einstellung oder ein mildes Urteil.

Danach erhält der Angeklagte das letzte Wort.

Das Gericht zieht sich anschließend zur Beratung zurück und verkündet dann das Urteil.

Mögliche Ergebnisse:

  • Freispruch

  • Verurteilung (Freiheitsstrafe mit oder ohne Bewährung, Geldstrafe)

  • Einstellung des Verfahrens (z. B. bei Prozesshindernissen) 


Nach dem Urteil – Möglichkeiten der Anfechtung

Mit der Urteilsverkündung ist das Verfahren nicht zwangsläufig abgeschlossen.

Der Verteidiger prüft:

  • Rechtsmittel: Berufung oder Revision

  • Erfolgsaussichten: Gibt es formelle oder materielle Fehler?

  • Strategie: Weiterkämpfen oder Strafe akzeptieren?

Eine schnelle und fundierte Entscheidung ist hier notwendig, um die Chancen im weiteren Verfahren zu sichern.


Wichtige Hinweise für Beschuldigte

Hier noch einmal die wichtigsten Punkte für Beschuldigte, die eine Anklageschrift erhalten haben:

  • Keine Panik, aber sofort handeln

  • Verteidiger einschalten, Akteneinsicht beantragen

  • Keine unüberlegten Aussagen gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht

  • Strategie entwickeln gemeinsam mit dem Verteidiger

  • Verteidigung aktiv gestalten – nicht passiv abwarten

  • Fristen wahren, insbesondere für Rechtsmittel

Nur wer aktiv seine Rechte nutzt, kann das bestmögliche Ergebnis erzielen.

Eine Anklageschrift ist ein ernster Einschnitt – aber kein Urteil!
Mit schneller, professioneller und durchdachter Verteidigung können selbst schwere Vorwürfe erfolgreich abgewehrt oder abgemildert werden.

Je früher Sie reagieren, desto mehr Verteidigungschancen bestehen.
Gerade in der Hauptverhandlung entscheidet oft die richtige Strategie über Freispruch, milde Strafe oder Verurteilung.

Vertrauen Sie deshalb auf meine Erfahrung als Strafverteidiger.
Ich kämpfe für Ihre Rechte – von der ersten Beratung bis zum Abschluss des Verfahrens.

Tom Beisel
Rechtsanwalt und Strafverteidiger

  • Erfahren in allen Phasen des Strafverfahrens

  • Individuelle, engagierte Verteidigung

  • Vertrauliche und kompetente Beratung

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