Oft wird insbesondere im Zusammenhang mit Cannabis eine erkennungsdienstliche Behandlung angeordnet.

Was bedeutet das und wie kann man sich als Betroffener dagegen wehren?


  • Unterscheidung zwischen 81b Abs.1 Alt.1 und Alt.2 StPO

Nach § 81b Abs.1 StPO dürfen erkennungsdienstliche Maßnahmen des Beschuldigten vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens (Alt.1) oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes (Alt.2) notwendig ist.

Die erste Alternative stellt eine strafprozessuale, repressive Maßnahme (zur Strafverfolgung) dar, die zweite Alternative eine präventive Maßnahme zur Gefahrenabwehr. Auswirkungen hat diese Unterscheidung auf die Anforderungen und den Rechtsweg.

Beide Alternativen haben gemeinsam, dass jeweils eine Anordnung erforderlich ist. Hierbei muss zur konkreten Notwendigkeit einzelner erkennungsdienstlicher Maßnahmen zwischen den Interessen an einer wirksamen Strafverfolgung und dem Grundrecht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) abgewogen werden.

Sofern keine Anordnung vorliegt, handelt es sich um eine freiwillige Maßnahme! 

Die erkennungsdienstliche Maßnahme nach § 81b Abs.1  Alt.2 StPO darf nur dann angeordnet werden, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Betroffene zukünftig (wieder) straffällig wird (OVG Berlin-Brandenburg StV 2017, 665). Die Norm ist bei Bagatellsachen nicht anwendbar.


  • Was umfasst eine erkennungsdienstliche-Behandlung?

Die erkennungsdienstliche Behandlung dient der Feststellung der körperlichen Beschaffenheit des Betroffenen.

Dem Wortlaut nach klar umfasst ist die Aufnahme von Lichtbildern (Portrait- und Ganzkörperaufnahmen), die Feststellung besonderer Körpermerkmale (z.B. Tätowierungen, Muttermale), die Abnahme von Fingerabdrücken und die Vornahme von Messungen (z.B. Körpergröße). Unzulässig wäre das Verlangen zur Abgabe einer Schriftprobe.

Unklar bleibt, welchen Handlungsspielraum die Norm bezüglich der „ähnlichen Maßnahmen“ eröffnet.

Höchst umstritten ist hierzu das Entsperren von Smartphones mittels Fingerabdrucks oder Face-ID. So vertrat das Landgericht Ravensburg (Beschl. v. 14.02.2023 – 2 Qs 9/23 jug.), dass die Entsperrung eines Smartphones durch Nutzung des Fingerabdrucksensors als eine „ähnliche Maßnahme“ von der Ermächtigungsgrundlage des § 81b StPO gedeckt sei. Dieser Auffassung ist allerdings strikt entgegenzutreten.


  • Wie kann man sich wehren?

Gegen eine Anordnung zur erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Abs.1 Alt.2 StPO ist der Widerspruch statthaft.

Nicht übersehen werden darf, dass regelmäßig die sofortige Vollziehung der Maßnahme angeordnet wird. Das heißt, dass der eingelegte Widerspruch „nicht automatisch“ den Vollzug der Anordnung hemmt. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs muss ausdrücklich beantragt werden.


  • Inwiefern muss das KCanG Berücksichtigung finden?

Das KCanG enthält zahlreiche Strafrahmenverschiebungen. Ohne das Vorliegen eines Wirkstoffgutachtens kann nicht pauschal von dem Vorliegen einer nicht geringen Menge i.S.d. KCanG ausgegangen werden. Prima vista ist in der Regel von einer Normalmenge (meist abzüglich der Freimengen) auszugehen. Die Begründung der Verhältnismäßigkeit der Anordnung begegnet damit höheren Hürden – und Fehlerquellen.


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