Das Cannabisgesetz ist zum 1. April 2024 in Kraft getreten und beendet Jahrzehnte der Prohibition und Kriminalisierung von Konsumenten und Growern. Die zweite Stufe startet am 1. Juli 2024 und lässt die Gründung von Cannabis Social Clubs – das Gesetz spricht von „Anbauvereinigungen“ – zu.


Erlaubnisbeantragung


Personen, die gemeinschaftlich Cannabis anbauen wollen, können eine entsprechende Lizenz ab dem 1. Juli beantragen, beispielsweise in Berlin bei den Berliner Bezirksämtern. Das teilte eine Sprecherin der Gesundheitsverwaltung der Deutschen Presse-Agentur mit. Nach Eingang aller Angaben und Nachweise würden die Anträge innerhalb von drei Monaten bearbeitet. Hierzu sind die Behörden verpflichtet.


§§ 11 ff. CanG regelt die gemeinschaftliche Erzeugung und Abgabe von Cannabis in Anbauvereinigungen. Wer zu diesem Zweck einen Verein oder eine Genossenschaft gründen will – dies sind die einzig zulässigen Rechtsformen einer Anbauvereinigung –, sollte sich juristisch beraten lassen. Obwohl der Gesetzgeber die Genossenschaft als mögliche Rechtsform einer Anbauvereinigung zugelassen hat, erscheint die Gründung eines Vereins als derzeit attraktivere Form. Mit der Gründung einer Genossenschaft sind hohe Gründungs- und laufende Kosten verbunden. Der buchhalterische Aufwand ist ungleich höher. Auch die steuerrechtliche Behandlung des Vereins ist weniger kompliziert.


Der Zweck eines Cannabis Social Clubs darf nicht die Gewinnerzielung sein, jede Form von Gewinnorientierung ist ausgeschlossen. Man spricht hier auch von „Idealvereinen“. Das Cannabisgesetz will durch die Vorgaben des Vereinsrechts verhindern, dass mit Anbau und Weitergabe von Cannabis Geld verdient wird.


Die Gründung einer Anbauvereinigung als Verein erfolgt durch mindestens sieben Mitglieder, die in ihrer Gründungsversammlung eine Vereinssatzung beschließen und dies im Gründungsprotokoll festhalten. Danach kann die Eintragung ins Vereinsregister beantragt werden.


Ein solcher Verein darf höchstens 500 Mitglieder haben. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass jedes Mitglied monatlich bis zu 50 Gramm Cannabis beziehen darf, was bei voller Ausschöpfung der Mitgliederzahl einer zu produzierenden Jahresmenge von 300 Kilogramm Cannabis entspricht.


Das Cannabisgesetz sieht eine Mindestmitgliedschaft von zwei Monaten voraus. Längere Mindestmitgliedschaften sind denkbar, dürfen die Mitglieder aber nicht unangemessen benachteiligen.


Hinsichtlich der Mitgliedsbeiträge gelten für Anbauvereinigungen Sonderregelungen. Alle Überlegungen, beispielsweise einmalige (nicht-rückzahlbare) Aufnahmegebühren, Abgabepreise pro Gramm oder eine Kombination mit monatlichen Grundbeiträgen zu verlangen, sind vom Tisch. § 24 CanG bestimmt, dass Mitgliedsbeiträge nur als Grundbeiträge mit zusätzlichen Pauschalen gestaffelt im Verhältnis zu den an die Mitglieder weitergegebenen Mengen festgelegt werden können. Weitere Entgelte dürfen nicht verlangt werden.


Outdoor-Anbau durch Social Clubs 


Cannabis Social Clubs benötigen Anbauflächen. Diese werden in der Regel in hierfür geeigneten Räumlichkeiten gefunden. Dürfen sie aber auch in Außenbereichen liegen, ist der Anbau auf Ackerflächen zulässig?


Zunächst gilt, dass das Cannabisgesetz keine „Indoor-Pflicht“ vorsieht. Die Aufzucht in Gewächshäusern ist damit ebenso erlaubt wie auf Feldern – dies mit der Einschränkung, dass die zuständige Behörde, die über die Erlaubnis der Anbauvereinigung entscheidet, diese Erlaubnis zu versagen hat, wenn „das befriedete Besitztum der Anbauvereinigung für den gemeinschaftlichen Eigenanbau nicht geeignet ist, weil es nicht nach § 22 Abs.1 CanG gesichert ist oder nicht nach § 23 Abs. 3 gegen eine Einsicht von außen geschützt ist“ (§ 12 Abs. 1 Nr. 6 CanG). Also erstens Sicherung, zweitens Sichtschutz.


§ 22 Abs. 1 CanG verlangt, Cannabis und Vermehrungsmaterial gegen den Zugriff durch unbefugte Dritte zu schützen: „Befriedetes Besitztum, in oder auf dem Cannabis und Vermehrungsmaterial angebaut, gewonnen oder gelagert wird, ist durch Umzäunung, einbruchsichere Türen und Fenster oder andere geeignete Schutzmaßnahmen gegen unbefugtes Betreten und gegen die Wegnahme zu sichern.“


Im Rahmen des behördlichen Verfahrens, in dem über die Erlaubnis einer Anbauvereinigung entschieden wird, muss also geprüft werden, ob eine solche Sicherung vorgesehen ist. Dies ist naturgemäß bei Outdoor-Flächen problematischer als innerhalb geschlossener Räume – aber auch nicht unmöglich. Inwieweit die zuständigen Behörden Sicherungskonzepte verlangen, die möglicherweise sogar einen durchgehenden Wachschutz vorsehen, bleibt abzuwarten. Eine einbruchsichere Umzäunung sollte aber als Mindeststandard angesehen werden.


Das Geschäftskonzept, große, zusammenhängende Ackerflächen zu parzellieren und an mehrere Anbauvereinigungen zu verpachten und damit groß dimensionierte Cannabisfelder zu schaffen, wird von einigen Bundesländern, vor allem Mecklenburg-Vorpommern, dagegen kritisch gesehen. Hier wird es möglicherweise noch zu Nachbesserungen oder Verschärfungen des Gesetzes kommen („Lex Schwesig“). Geplant ist nach Zeitungsberichten folgende Änderung: „Die zuständige Behörde kann die Erlaubnis versagen, wenn Anbauflächen oder Gewächshäuser der Anbauvereinigung sich in einem baulichen Verbund mit oder in unmittelbarer räumlicher Nähe zu Anbauflächen oder Gewächshäusern anderer Anbauvereinigungen befinden.“ Weshalb dies geplant und wo eigentlich das Problem ist, bleibt unklar.


Anbau in Kleingärten?


Wer einen Klein- oder Schrebergarten gepachtet hat, hat möglicherweise den perfekten Ort für den privaten Eigenanbau von drei weiblichen Pflanzen gefunden – gestattet ist es aber leider nicht. § 9 Abs. 1 CanG erlaubt den Eigenanbau „an ihrem Wohnsitz oder an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt“. In der Begründung des Kabinettsentwurfes findet sich dazu folgende Passage:


Privater Eigenanbau ist der Eigenanbau von Cannabis im Bereich der privaten Wohnung. Der Begriff der Wohnung im Sinne dieses Gesetzes umfasst alle privaten Wohnzwecken gewidmeten Räumlichkeiten einschließlich Gärten, Kleingärten, Wochenendhäuser, Ferienwohnungen o.ä. Der Wohnungsinhaber muss nicht der Eigentümer sein.“


Der Anbau in Kleingärten ist also lediglich unter der Voraussetzung gestattet, dass der Kleingarten privaten Wohnzwecken gewidmet ist. Das ist in der Regel nicht der Fall. Denn hier das kommt das Bundeskleingartengesetz ins Spiel: Dort ist geregelt, dass eine Laube in einem Kleingarten nicht zum dauernden Wohnen geeignet ist. Der Gesetzgeber hat den Ausbau von Gartenlauben zu kleinen Eigenheimen ausdrücklich abgelehnt. Ausnahmen gelten nur im Rahmen eines Bestandsschutzes, wenn der Besitzer einer Gartenlaube schon dort wohnte, bevor das Bundeskleingartengesetz im Jahr 1983 in Kraft trat. Damit ist der Kleingarten weder „Wohnung“ noch „gewöhnlicher Aufenthalt“ und zum Anbau nicht geeignet.


Das Cannabisgesetz ist juristisches Neuland. Die Berliner Kanzlei Dr. Späth & Partner ist seit über 20 Jahren im Bereich Verbraucherschutz tätig und vertritt seit 2017 gewerbliche Mandanten aus dem Bereich „Medizinisches Cannabis und CBD“, insbesondere in Fragen der arzneimittelrechtlichen Zulassung, regulatorischen Anforderungen und Eintritt in den deutschen Markt. Sie hat den Gesetzgebungsvorgang von Beginn an intensiv beobachtet und hilft mit ihrer Expertise bei Antragstellung und Beratung.