Der sogenannte „gelbe Schein“, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB), gilt zwar regelmäßig als ausreichender Nachweis des Arbeitnehmers für eine Arbeitsunfähigkeit. Unter bestimmten Umständen und einer detaillierten Prüfung der Einzelfall-Situation kann diese Bescheinigung vom Arbeitgeber jedoch erfolgreich angefochten werden. Der Arbeitnehmer muss sodann selbst nachweisen, dass er tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt war.
Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht in der Praxis weitreichende Konsequenzen. Der Arbeitgeber ist nicht mehr verpflichtet, die Lohnfortzahlung nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz zu leisten, wenn die AUB angezweifelt wird. In vielen Fällen kann dem Arbeitnehmer sogar eine fristlose Kündigung drohen – insbesondere, wenn der Verdacht auf Betrug im Raum steht. Das „Krankfeiern“ wird somit nicht nur deutlich erschwert, sondern kann auch gravierende Folgen für den Arbeitnehmer nach sich ziehen.
Wann eine AUB angreifbar wird
Ein Arbeitgeber muss keine umfassenden Beweise liefern, um eine AUB zu hinterfragen. Arbeitgeber sollten jedoch dabei stets die datenschutzrechtlichen Vorgaben beachten. Oft reichen schon konkrete Indizien. So kann ein deutliches Indiz sein, wenn die Dauer der Krankheit mit der Kündigungsfrist zusammenfällt – etwa nach einer Eigenkündigung oder einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Auch eine Krankmeldung unmittelbar nach einem schwierigen Personalgespräch oder einer Abmahnung kann ein Hinweis auf unrechtmäßiges Verhalten sein. Besonders auffällig wird es, wenn ein Arbeitnehmer am Vortag der Krankmeldung seinen Schreibtisch räumt und persönliche Sachen mitnimmt. Wiederholte Krankmeldungen an Brückentagen oder am Wochenende können ebenfalls Indizien für ein solches Verhalten sein.
Die Beweislast liegt nun beim Arbeitnehmer
Kann der Arbeitgeber diese Verdachtsmomente aufzeigen, verliert die AUB ihre Beweiskraft. Der Arbeitnehmer ist dann verpflichtet, selbst überzeugend nachzuweisen, dass er tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt war. Dazu gehört, dass er seine Beschwerden und die ärztlichen Maßnahmen nachvollziehbar erklärt – und das regelmäßig unter Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht.
Gelingt diesem Nachweis nicht, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Zudem kann ein Betrugsverdacht nach § 263 StGB aufkommen, der in vielen Fällen sogar eine fristlose Kündigung nach sich ziehen kann.
Fazit
Arbeitgeber sind somit nicht machtlos, wenn es um Arbeitnehmer geht, die möglicherweise „krankfeiern“. Eine AUB stellt auch keinen unantastbaren Beweis einer Arbeitsunfähigkeit dar. Die rechtliche Möglichkeit einer Anzweifelung, hilft dem Arbeitgeber, gegen Missbrauch vorzugehen. Doch auch sie müssen dabei auf die richtige Handhabung achten und die gesetzlichen Vorgaben einhalten.