Jüngst kam es zu Diskussionen um Hausbesuche von Arbeitgeberseite bei krankheitsbedingter Abwesenheit von Mitarbeitenden. Wie ist dies zu beurteilen?
Darf der Arbeitgeber Hausbesuche im Falle krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit tätigen?
Hier sollte zunächst der Hintergrund des Hausbesuches beleuchtet werden. Es gibt durchaus Konstellationen, in denen der Arbeitgeber beispielsweise von den Umständen des Arbeitsausfalls Kenntnis hat, wie bei einem Arbeitsunfall. In solchen Konstellationen kann es durchaus der Fürsorge von Arbeitgeberseite entsprechen, wenn ein (Kranken-) Besuch erfolgt.
Muss man immer mit solchen Hausbesuchen rechnen?
Nein, das muss man sicherlich nicht. Es ist grundsätzlich auch nicht generell üblich, dass Mitarbeitende im Rahmen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit von ihrem Arbeitgeber aufgesucht werden. Auch wird die Arbeitgeberseite in der Regel das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit nicht beurteilen können.
Besteht die Möglichkeit einer Überwachung durch eine Detektei?
Grundsätzlich greift eine solche Maßnahme in das Persönlichkeitsrecht auf Mitarbeiterseite ein. Eine Ausnahme kann gegeben sein, wenn ein besonders dringender Verdacht zu einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit vorliegt und die Arbeitgeberseite keine andere und einfachere Möglichkeit zur Aufklärung einer solchen möglichen Täuschung von Arbeitnehmerseite hat.
Was wäre denn eine andere Möglichkeit zur Aufklärung?
Sofern konkrete Verdachtsmomente in Betracht kommen, beispielsweise wenn nach einem betriebsinternen Streit die Arbeitnehmerseite unmittelbar im Anschluss eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit anzeigt oder aber eine solche bei Ablehnung des Urlaubsantrages für den identischen Zeitraum erfolgt, kann von Arbeitgeberseite auf dieser Grundlage der Medizinische Dienst der Krankenkassen zur Prüfung eingeschaltet werden.
Was wäre denn die Folge, wenn die Krankheit vorgetäuscht wäre?
Sofern die Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit tatsächlich nicht vorliegen, würde sich von Arbeitnehmerseite rechtswidrig der Arbeitspflicht entzogen werden. Daneben würden Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geltend gemacht werden, ohne dass die tatsächlichen Voraussetzungen für diesen Anspruch vorliegen. Damit wäre eine rechtswidrige Täuschung gegeben. Auf dieser Grundlage würde die Arbeitgeberseite irrtumsbedingt Zahlungen als Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten. Diese Vermögensverfügung, die damit aufgrund der arbeitnehmerseitigen Täuschungshandlung erfolgt, stellt strafrechtlich gesehen einen Betrug dar. Neben der strafrechtlichen Relevanz wäre ein solches Verhalten auch geeignet, eine fristlose Kündigung zu begründen.
Ist der Arbeitgeber bei einem Hausbesuch reinzulassen?
Nein. Es besteht von Arbeitnehmerseite keine Verpflichtung den Arbeitgeber in die Wohnung hinein zu bitten oder betreten zu lassen. Die Abnehmerseite als Wohnungsrechtsinhaber entscheidet insoweit allein, ob sie den Arbeitgeber in die Wohnung hinein lässt oder nicht. Die Pflicht von Arbeitnehmerseite besteht allein darin sich nicht genesungswidrig zu verhalten, also möglichst wieder schnell gesund zu werden. Weitergehende Pflichten, insbesondere Hausbesuche von Arbeitgeber zuzulassen, bestehen nicht.
Welche Pflichten bestehen noch?
Von Arbeitnehmerseite besteht nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz die Pflicht gegenüber der Arbeitgeberseite die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Damit sollte ein krankheitsbedingter Ausfall möglichst unverzüglich, beispielsweise per Telefon mitgeteilt werden. Grund hierfür ist, dass die Arbeitgeberseite frühzeitig über den Ausfall Kenntnis erlangt und dadurch auch frühzeitig eine etwaige Einsatzplanung organisieren kann.
Daneben besteht die Pflicht für eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Sorge zu tragen. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Änderungen besteht nunmehr die arbeitnehmerseitige Pflicht zur ärztlichen Konsultation, sodass von Arbeitgeberseite die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abgerufen werden kann. Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz besteht diese Pflicht nach Ablauf des dritten Tages. Hierbei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass abweichend davon die Arbeitgeberseite einen solchen Nachweis auch ab dem ersten Tag der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit fordern darf. Bei Bestehen eines Betriebsrates ist dieser im Rahmen der Mitbestimmung zu beteiligen.
S. Rasehorn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht