Arbeitsplatzabbau in wirtschaftlich unsicheren Zeiten
In vielen Branchen herrscht derzeit erheblicher wirtschaftlicher Druck. Unternehmen stehen unter dem Zwang, ihre Personalkosten zu senken. In der Folge werden zahlreiche Stellen gestrichen. Betroffenen Arbeitnehmern wird oftmals statt einer Kündigung eine Aufhebungsvereinbarung angeboten, die eine Abfindung vorsieht. Mit der Einschätzung eines solches Angebots sind Arbeitnehmer nicht selten überfordert.
Warum der Arbeitgeber lieber eine Aufhebungsvereinbarung will
Für den Arbeitgeber birgt die Aufhebungsvereinbarung Vorteile: Sie schafft rasch klare Verhältnisse, reduziert das Risiko einer Kündigungsschutzklage und vermeidet das sogenannte Annahmeverzugslohnrisiko. Wird ein Arbeitnehmer nämlich gekündigt und klagt erfolgreich auf Weiterbeschäftigung, muss der Arbeitgeber unter Umständen rückwirkend das gesamte Gehalt nachzahlen – obwohl keine Arbeitsleistung erbracht wurde. Das kann teuer werden. Mit einer einvernehmlichen Regelung kann dieses Risiko umgangen werden. Hinzu kommt: Eine Kündigung erfordert oft eine aufwendige Begründung, z. B. bei sozial gerechtfertigten Kündigungen. Ob diese Begründung einer gerichtlichen Überprüfung standhält, ist dabei zunächst offen und muss im Zweifel erst im Rahmen eines langwierigen Prozesses geklärt werden. All dies entfällt bei einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Wie hoch ist die Abfindung?
Die Höhe der Abfindung ist grundsätzlich Verhandlungssache. Eine häufig genannte Faustformel lautet: ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Diese Regel ist jedoch nicht gesetzlich festgelegt. Entscheidend sind die Verhandlungsposition, die Erfolgsaussichten einer möglichen Kündigungsschutzklage und die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers. Ein erfahrener Rechtsanwalt kann helfen, den Verhandlungsspielraum auszuloten, gerade wenn eine Kündigung rechtlich angreifbar wäre.
Vorsicht: Sperrzeit beim Arbeitslosengeld
Wer sich auf eine Aufhebungsvereinbarung einlässt, sollte darauf achten, eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu vermeiden. Wer schuldhaft die Arbeitslosigkeit selbst herbeiführt, gegen den kann die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit von bis zu zwölf Wochen verhängen. Kritisch ist es insbesondere, wenn die Aufhebungsvereinbarung das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist beendet. Arbeitnehmer sollten daher unbedingt darauf achten, dass das Beendigungsdatum der Vereinbarung der regulären Kündigungsfrist entspricht – oder sich vor Unterzeichnung rechtlich beraten lassen.
Die Besteuerung der Abfindung
Abfindungen sind grundsätzlich steuerpflichtig, unterliegen aber nicht der Sozialversicherungspflicht. Um die Steuerlast zu mildern, kann unter bestimmten Voraussetzungen die sogenannte Fünftelregelung (§ 34 EStG) zur Anwendung kommen. Dadurch wird die Abfindung rechnerisch auf fünf Jahre verteilt, was zu einem günstigeren Steuersatz führen kann. Ob diese Regelung greift, hängt von der konkreten Ausgestaltung des Falls ab.
Wie läuft ein Kündigungsschutzprozess ab?
Wenn keine Einigung über eine Aufhebungsvereinbarung zustande kommt und der Arbeitnehmer eine Kündigung erhält, kann er dagegen vor dem Arbeitsgericht klagen. Die Kündigungsschutzklage muss grundsätzlich binnen drei Wochen nach Erhalt der schriftlichen Kündigung erhoben werden.
In der ersten Instanz tragen beide Seiten – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – ihre eigenen Anwaltskosten selbst, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Arbeitnehmer, die nicht rechtsschutzversichert sind, sollten daher genau abwägen, ob sich die Beauftragung eines Rechtsanwalts lohnt.
Im Falle des Prozessverlusts riskiert der Arbeitgeber Annahmeverzugslohn zahlen zu müssen – also das Gehalt ab dem Ende der Kündigungsfrist bis zum Urteil, selbst wenn der Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht gearbeitet hat. Daher wird im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses in der Regel erneut über eine Abfindung verhandelt.
Fazit: Die Aufhebungsvereinbarung kann ein sinnvoller Weg sein, ein Arbeitsverhältnis zu beenden – aber nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Abfindungshöhe, Sperrzeitrisiko und steuerliche Auswirkungen sollte der Arbeitnehmer dabei im Blick haben.
Dragisa Andjelkovic
Rechtsanwalt