Die Erbengemeinschaft ist vermutlich die komplizierteste und konfliktträchtigste Gemeinschaft, in die man im Laufe seines Lebens geraten kann. In der Erbengemeinschaft gehört der gesamte Nachlass allen Erben gemeinsam (gesamthänderisch). Einzelne Erben können nicht über einzelne Nachlassgegenstände verfügen und die gemeinschaftliche Verwaltung des Nachlasses durch die Miterben ist konfliktträchtig. Die Erbengemeinschaft ist auf „Auseinandersetzung“, also die Verteilung der Vermögenswerte im Nachlass gerichtet. Fehlt eine testamentarische Teilungsanordnung des Erblassers und gelingt keine einvernehmliche Aufteilung, bleibt nur die zwangsweise Auseinandersetzung (z.B. durch Teilungsversteigerung von Immobilien). In vielen Fällen ist auch dieser Weg so erschwert, dass die Zwangsgemeinschaft der Miterben dauerhaft bestehen bleibt.

Was gehört zum Nachlass der Erbengemeinschaft? Die Auskunftsansprüche unter Miterben

Konflikte unter Miterben haben oft die Ursache, dass einige Miterben besser über den Nachlass informiert sind als andere. Insbesondere solche Erben, die in den letzten Jahren kaum Kontakt zum Erblasser hatten, können sich nur schwer ein Bild über den Nachlass machen. Sie müssen sich Informationen beschaffen, um ihre Rechte in der Erbengemeinschaft überhaupt wirksam wahrnehmen zu können. Anders als z.B. der Pflichtteilsberechtigte hat der Miterbe jedoch keinen allgemeinen Auskunftsanspruch gegen andere Erben. Diese herrschende Rechtsansicht stützt sich auf das Argument, dass jeder Erbe die gleiche Rechtsstellung hat und sich selbst Informationen beschaffen kann. Kommt auch kein Auskunftsanspruch nach den Grundsätzen von „Treu und Glauben“ in Betracht, bleiben ihm nur wenige gesetzliche Anspruchsgrundlagen.

Auskunft durch Erbschaftsbesitzer und Hausgenossen

Auskunft müssen solche Miterben erteilen, die Erbschaftsbesitzer sind. Erbschaftsbesitzer ist jemand, der aufgrund eines ihm nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat. Er muss den Erben (bzw. anderen Miterben) Auskunft erteilen über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände. Erbschaftsbesitzer sind z.B. solche Personen, die sich für Alleinerben halten und den gesamten Nachlass in ihren Besitz nehmen, obwohl sie tatsächlich nur Miterben einer Erbengemeinschaft sind. Nicht auskunftspflichtig sind aber solche Miterben, die bereits vor dem Tod die Nachlassgegenstände in ihrem Besitz hatten. In der Praxis wird der Auskunftsanspruch des Erbschaftsbesitzers häufig – auch von Rechtsanwälten – übersehen oder falsch geltend gemacht.

Eine weitere Möglichkeit, von einem Miterben Informationen über den Nachlass zu erhalten, ist der Auskunftsanspruch gegen den sogenannten Hausgenossen. Lebte ein Miterbe zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in einer häuslichen Gemeinschaft zusammen, muss er den anderen Erben Auskunft darüber erteilen, welche erbschaftlichen Geschäfte er geführt hat und was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist. Entscheidend für die Auskunftspflicht ist die persönlich-räumliche Beziehung, ein Verwandtschafts- oder Eheverhältnis ist nicht erforderlich.

Wenn der Miterbe Bevollmächtigter war: Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch

Immer häufiger kommt es vor, dass ein Miterbe vor dem Tod des Erblassers dessen Bevollmächtigter war, z.B. aufgrund einer Vorsorge- bzw. Generalvollmacht. In diesen Fällen haben die anderen Miterben gegen ihn einen Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft. Scheitern kann ein solcher Auskunftsanspruch jedoch dann, wenn zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten rechtlich kein Auftragsverhältnis vorlag. So wird z.B. bei Vollmachten unter Eheleuten normalerweise von einem bloßen Gefälligkeitsverhältnis ohne Rechtsbindungswillen auszugehen sein.

Gerichtliche Durchsetzung von Auskunftsansprüchen in der Erbengemeinschaft

Auskunftsansprüche können grundsätzlich von jedem einzelnen Erben geltend gemacht werden. Verlangt werden kann jedoch nur die Auskunft an alle Erben der Erbengemeinschaft.
Auskunftsansprüche von Erben sind auf die Herausgabe von Nachlasswerten gerichtet. Aus diesem Grund verjähren sie – ebenso wie Herausgabeansprüche – erst nach 30 Jahren. Sie werden nicht vor dem Nachlassgericht sondern vor den Zivilgerichten (Amtsgericht, Landgericht) geltend gemacht. Ansprüche gegen einen bevollmächtigten Miterben verjähren dagegen bereits nach drei Jahren, wobei die Verjährungsfrist jedoch erst mit dem Auskunftsverlangen in Gang gesetzt wird.