Ein Wegzug aus Deutschland kann teuer werden – wenn steuerliche Fallstricke übersehen werden. In dieser 5-teiligen Serie erfahren Sie, worauf Sie vor einer Auswanderung unbedingt achten müssen.

Wer Deutschland verlässt, muss mehr beachten als nur das neue Domizil. Denn das deutsche Steuerrecht kennt zahlreiche Regeln, die auch nach dem Wegzug weiterwirken – Stichwort Wegzugsbesteuerung oder erweiterte beschränkte Steuerpflicht. In Teil 1 meiner Serie zeige ich, worauf Sie achten sollten, wenn Sie Ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen – und wie Sie sich rechtzeitig vor bösen Überraschungen schützen können.

Wegzug aus Deutschland – steuerlich eine Herausforderung

Viele träumen vom Leben im Ausland – ob in Portugal, Dubai, den USA oder Zypern. Doch wer seinen Wohnsitz aus Deutschland verlegt, verlässt nicht automatisch auch das deutsche Steuersystem. Im Gegenteil: Das deutsche Steuerrecht sieht in vielen Fällen nachträgliche Besteuerung, Meldepflichten und Kontrollmechanismen vor, um Steuerflucht oder Steuervermeidung zu verhindern.

Wer hier unvorbereitet handelt, riskiert hohe Nachzahlungen oder Steuerfallen, die oft erst Jahre später auffallen – dann aber umso härter zuschlagen.

Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG)

Ein zentrales Thema für Unternehmer und Gesellschafter: Wer zu mindestens 1 % an einer Kapitalgesellschaft (übrigens sowohl im In- als auch im Ausland) beteiligt ist und seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, wird nach deutschem Steuerrecht so behandelt, als hätte er seine Anteile verkauft – selbst wenn kein Verkauf stattgefunden hat und obwohl kein Gewinn erzielt wurde. Das bedeutet: Es fällt eine fiktive Veräußerungsgewinnsteuer an – je nach Wert der Beteiligung kann das zu sechsstelligen Nachzahlungen führen.

Erweiterte beschränkte Steuerpflicht (§ 2 AStG)

Nach dem Wegzug kann Deutschland trotzdem weiter besteuern – z. B. wenn Sie:

  • wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland behalten,

  • in ein Niedrigsteuerland ziehen oder

  • in ein Land mit Vorzugsbesteuerung (z. B. Remittance Basis in UK, Pauschalbesteuerung).

Diese Regelung greift besonders häufig bei Immobilienbesitz, stillen Beteiligungen oder deutschen Einkünften, die nach dem Wegzug weiterlaufen. Und sie kann bis zu 10 Jahre nach dem Wegzug gelten!

Doppelbesteuerung vermeiden 

Nicht selten kommt es zu Überschneidungen zwischen dem deutschen Fiskus und dem des neuen Wohnsitzlandes. Hier hilft ein Blick ins Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und dem Zielland. Doch Vorsicht: Die Auslegung dieser Abkommen ist komplex – und nicht jedes DBA schützt zuverlässig vor einer doppelten Besteuerung.

Weitere Fallstricke für Auswanderer

  • 183-Tage-Regelung: Wer länger als 183 Tage pro Jahr in einem Land ist, wird dort in der Regel steuerlich ansässig – aber das allein löscht die deutsche Steuerpflicht nicht automatisch.

  • Sozialversicherung: Bei freiwilliger Versicherung oder Rentenansprüchen können Beiträge und Meldungen weiterlaufen.

  • Wegzugsmeldung beim Finanzamt: Ohne saubere Abmeldung drohen Rückfragen oder sogar fiktive Schätzungen.

Fazit: Der Wegzug muss steuerlich geplant werden

Ein steuerlich sauberer Wegzug erfordert individuelle Beratung, rechtzeitige Planung und lückenlose Dokumentation. Insbesondere Unternehmer, Beteiligte an Kapitalgesellschaften und Personen mit Immobilien- oder Auslandsvermögen sollten frühzeitig handeln, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.

Lesen Sie in meiner Serie „Auswandern & Steuern“ auch:

Teil 2: Gründung einer ausländischen Firma: Vorteile, Fallstricke und steuerliche Folgen (am Beispiel der US-LLC)

Teil 3: Perpetual Traveler, Digitale Nomaden & Steuerpflicht: Zwischen Freiheit und Finanzamt

Teil 4: Vermögensabschöpfung: So schützen Sie ihr Eigentum vor staatlichem Zugriff

Teil 5: Wie Sie ihr Vermögen rechtssicher strukturieren

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