👩⚖️ Der Fall – Ein typisches Szenario im Kündigungsschutzprozess
In einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 12.02.2025 (Az. 5 AZR 127/24) stand ein langjähriger Arbeitnehmer im Mittelpunkt, der seit November 2019 als Senior Consultant beschäftigt war und ein monatliches Bruttogehalt von 6.440 € bezog. 📆
Nachdem der Arbeitgeber am 29.03.2023 eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hatte, wurde das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2023 beendet. Bereits ab dem 03.04.2023 erfolgte die unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers – unter Anrechnung des Resturlaubs. 🏖️
Während des Laufs der Kündigungsfrist sandte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter insgesamt 43 potenzielle Stellenangebote per E-Mail 📩 – Angebote, die als Alternativen hätten genutzt werden können. Doch der Arbeitnehmer reagierte zögerlich und begann erst am 28.06.2023, also einen Tag vor Ablauf der Kündigungsfrist, aktiv Bewerbungen zu verschicken. Aufgrund dieses späten Engagements machte der Arbeitgeber geltend, der Arbeitnehmer habe „böswillig“ anderweitigen Verdienst unterlassen, weshalb er gemäß § 615 Satz 2 BGB die Gehaltszahlung für Juni 2023 einbehalten dürfe. 💰🚫
Dieser Fall zeigt, wie schnell sich bei Freistellung während der Kündigungsfrist Konflikte zuspitzen können – gerade wenn der Arbeitgeber versucht, durch vorzeitige Forderungen den Arbeitnehmer zur schnellen Neuorientierung zu drängen. 🤔🔥
📚⚖️ Die rechtlichen Leitplanken – Grundlagen und Begriffserklärungen
Um die Problematik zu verstehen, sind einige zentrale arbeitsrechtliche Aspekte zu beachten:
Freistellung & Annahmeverzug:
Wird ein Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist freigestellt, obwohl er grundsätzlich einen Anspruch auf Beschäftigung hat, gerät der Arbeitgeber in den sogenannten Annahmeverzug. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber trotz fehlender Arbeitsleistung den vereinbarten Lohn für den gesamten Freistellungszeitraum zahlen muss. 🛑💶Böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes:
Nach § 615 Satz 2 BGB kann unter bestimmten Umständen der Lohn um fiktive Verdienste gekürzt werden, wenn der Arbeitnehmer trotz zumutbarer Möglichkeiten absichtlich darauf verzichtet, sich anderweitig zu bemühen. Diese Regelung ist als Billigkeitsnorm zu verstehen – sie soll verhindern, dass Arbeitnehmer ihre Einkommenssituation vorsätzlich verschlechtern, um den Arbeitgeber zu entlasten. ⚖️🚫Treu und Glauben (§ 242 BGB):
Ein entscheidendes Kriterium ist, ob der Arbeitnehmer in einer Gesamtabwägung seiner Pflichten und Rechte wider Treu und Glauben gehandelt hat. Nur wenn eindeutig nachgewiesen werden kann, dass der Arbeitnehmer unredlich und wider Erwarten untätig blieb, kann eine Anrechnung fremder Einnahmen erfolgen. 🤝🔍
Diese Grundlagen sorgen dafür, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber ihre Rechte und Pflichten im Freistellungsfall kennen und nachvollziehen können – und zwar in einem ausgewogenen Verhältnis. 😊📜
💡 Lösung durch das BAG – Klare Ansage
Das BAG stellte in seinem Urteil klar:
Annahmeverzug des Arbeitgebers:
Da der Arbeitnehmer trotz bestehendem Beschäftigungsanspruch freigestellt wurde, befand sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug. Dies verpflichtet den Arbeitgeber, den vollen Lohn für die gesamte Kündigungsfrist zu zahlen – unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer in dieser Zeit anderweitig tätig wird. 📆💶Keine Pflicht zur vorzeitigen Arbeitsaufnahme:
Das Gericht entschied, dass der Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, schon vor Ablauf der Kündigungsfrist eine neue Beschäftigung anzunehmen. Insbesondere, wenn er erst gegen Ende der Frist aktiv wird, um Klarheit über den Ausgang eines möglicherweise laufenden Kündigungsschutzverfahrens zu erhalten. So muss der Arbeitnehmer nicht aus finanziellen Gründen voreilig handeln, um dem Arbeitgeber einen Vorteil zu verschaffen. ⏳💡Billigkeitsaspekt und Gesamtabwägung:
Entscheidend ist, dass eine Anrechnung eines fiktiven, nicht erzielten Verdienstes nur dann erfolgen darf, wenn eindeutig erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer wider Treu und Glauben untätig blieb. Im vorliegenden Fall konnte der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass es dem Arbeitnehmer zumutbar gewesen wäre, bereits vor Fristende ein neues Arbeitsverhältnis aufzunehmen. Dadurch entfällt der Abzug, und der volle Lohnanspruch bleibt bestehen. 🤗✅
Dieses Urteil betont, dass die Verpflichtung zu anderweitigen Bewerbungsbemühungen nicht losgelöst von den Umständen der Freistellung und des laufenden Kündigungsschutzprozesses bewertet werden darf. 🔄⚖️
🔍 Einordnung in der Praxis – Was bedeutet das für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
Das BAG-Urteil hat weitreichende Konsequenzen:
Für Arbeitnehmer:
- Schutz des Lohnanspruchs: Auch wenn sie während der Kündigungsfrist freigestellt sind, bleibt ihr Anspruch auf das vertraglich vereinbarte Gehalt bestehen. Sie müssen nicht sofort in ein neues Arbeitsverhältnis wechseln, um finanzielle Nachteile zu vermeiden. 🛡️💼
- Vermeidung von Fehlanreizen: Die Entscheidung schützt Arbeitnehmer davor, sich unter Druck zu bewerben, wenn noch unklare Rechtsfragen (z. B. im Kündigungsschutzverfahren) bestehen. Dies ermöglicht eine wohlüberlegte berufliche Neuorientierung ohne unnötigen Stress. 😌📈
Für Arbeitgeber:
- Prüfung der Freistellungsmodalitäten: Unternehmen sollten vor der einseitigen Freistellung genau abwägen, ob und in welchem Umfang dies gerechtfertigt ist. Ein voreiliges Freistellen kann zu einem Annahmeverzug führen und die volle Lohnzahlungspflicht auslösen – auch wenn der Arbeitnehmer nicht aktiv wird. 📊⚠️
- Risikomanagement: Versuche, den Lohn durch die Anrechnung fiktiver Verdienste zu kürzen, sind nur in engen Ausnahmefällen zulässig. Arbeitgeber müssen daher ihre internen Regelungen und Kommunikationsstrategien überprüfen, um spätere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. 🔒📝
Für beide Seiten:
- Transparenz und offene Kommunikation: Eine klare und frühzeitige Abstimmung, etwa über den Stand des Kündigungsschutzverfahrens und mögliche Weiterbeschäftigungsoptionen, kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden und eine faire Lösung zu finden. 🤝📞
- Ausgewogene Interessenabwägung: Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit, beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – in ihrer Gesamtsituation zu berücksichtigen. Nur so wird ein faires Gleichgewicht erreicht und der Rechtsfrieden gewahrt. ⚖️💙
💬 Abschließende Gedanken:
Das BAG-Urteil schafft wichtige Rechtssicherheit in einem komplexen Spannungsfeld. Es zeigt, dass Arbeitnehmer auch bei Freistellung während der Kündigungsfrist ihren Lohnanspruch schützen können, ohne sich vorschnell auf eine neue Stelle einlassen zu müssen. Gleichzeitig müssen Arbeitgeber ihre Freistellungsstrategien sorgfältig planen und die Interessen beider Seiten berücksichtigen. So entsteht ein ausgewogenes Verhältnis, das vor unnötigen finanziellen und rechtlichen Risiken schützt. 🌟🔍
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