Behandlungsfehler ohne Folgen? Trotz Fehlbehandlung keine Haftung

Medizinische Behandlungsfehler sind ein sensibles Thema, das für betroffene Patienten und ihre Familien oft erhebliche Auswirkungen haben kann. Doch nicht jeder Fehler führt zwangsläufig zu einer Haftung der behandelnden Ärzte oder Kliniken. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Darmstadt zeigt, dass trotz nachgewiesener Fehlbehandlung nicht immer Schadensersatzansprüche bestehen. Im Folgenden wird das Urteil und seine Hintergründe ausführlich erläutert.

Kanzlei für Medizin- und Versicherungsrecht Jürgen Wahl: Fallbeispiel einer komplizierten Fraktur

In dem hier besprochenen Fall handelte es sich um einen jungen Kläger, der nach einem Sturz vom Trampolin eine dislozierte Unterarmfraktur, einen sogenannten Grünholzbruch, erlitt. Die Erstversorgung und die operative Behandlung fanden im Sana Klinikum Offenbach statt, wo der Kläger am gleichen Tag operiert und am Folgetag entlassen wurde. Die weitere Nachbehandlung übernahm der Beklagte zu 1), ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, in seiner Praxis, in der auch der Beklagte zu 2) tätig ist.

Bereits bei der ersten Nachkontrolle stellte sich heraus, dass keine Röntgenbilder vorlagen. Zwei Wochen später, am 28. Mai 2020, erfolgte die nächste Kontrolle, und am 18. Juni 2020 wurde der Gips entfernt. Eine anschließende Röntgenkontrolle zeigte eine Fehlstellung des gebrochenen Arms, woraufhin der Kläger in die BGU Frankfurt verwiesen wurde. Dort diagnostizierte man eine "in Fehlstellung konsolidierte UA-Schaftfraktur" und empfahl eine konservative Therapie sowie den Verzicht auf bestimmte Sportarten.

Fehlende Röntgenkontrolle: Ein schwerwiegender Fehler ohne Konsequenzen?

Der Kläger machte in der Folge Schadensersatzansprüche geltend. Er argumentierte, dass die Nachkontrollen nicht dem Facharztstandard entsprochen hätten und engmaschigere Kontrollen sowie weitergehende Diagnostik, insbesondere eine Röntgenkontrolle, erforderlich gewesen wären. Zudem sei die Beweglichkeit des Armes durch die Fehlstellung erheblich beeinträchtigt.

Die Beklagten verteidigten sich damit, dass sie sich an die Behandlungsempfehlungen des Entlassberichts gehalten hätten. Für eine zusätzliche Röntgenkontrolle habe es aus ihrer Sicht keine Anhaltspunkte gegeben. Auch hätten weder prä- noch postoperative Röntgenbilder vorgelegen. Eine instabile Fraktur sei ihnen nicht bekannt gewesen.

Das Gericht beauftragte einen Sachverständigen, um die Vorwürfe zu prüfen. Dieser bestätigte, dass die fehlende Röntgenkontrolle 7-10 Tage nach der Operation einen schwerwiegenden Verstoß gegen den Facharztstandard darstellte. Eine solche Kontrolle sei zwingend erforderlich gewesen, um eine Fehlstellung rechtzeitig zu erkennen und zu korrigieren.

Keine Haftung trotz Fehlbehandlung: Die Begründung des Gerichts

Trotz des nachgewiesenen Fehlers entschied das Gericht zugunsten der Beklagten. Ausschlaggebend war die Feststellung des Sachverständigen, dass dem Kläger durch das Unterlassen der Röntgenkontrolle kein Schaden im rechtlichen Sinne entstanden sei. Der Sachverständige erläuterte, dass der Arm des Klägers trotz des Fehlers folgenlos ausgeheilt sei und keine dauerhaften Beschwerden oder Einschränkungen verblieben seien.

Das Gericht stellte klar, dass ein Schadensersatzanspruch nur dann besteht, wenn die Pflichtverletzung des Arztes zu einem konkreten Schaden führt. In diesem Fall konnte der Sachverständige überzeugend darlegen, dass der Behandlungsfehler keinen negativen Einfluss auf den Heilungsverlauf und das Endergebnis hatte. Auch im hypothetischen Fall einer korrekt durchgeführten Röntgenkontrolle hätte sich am Verlauf der Behandlung nichts geändert. Eine erneute Operation wäre zwar möglich gewesen, hätte jedoch keinen besseren Heilungsverlauf garantiert.

Das Urteil zeigt, dass bei der Beurteilung von Schadensersatzansprüchen nicht nur die Pflichtverletzung selbst, sondern auch deren konkrete Folgen für den Patienten maßgeblich sind. Ein Behandlungsfehler allein reicht nicht aus, um eine Haftung zu begründen, wenn keine nachweisbaren Schäden daraus resultieren.

Fazit

Dieses Urteil verdeutlicht die Komplexität von Schadensersatzansprüchen im medizinischen Bereich. Selbst wenn ein schwerwiegender Behandlungsfehler nachgewiesen wird, ist für eine erfolgreiche Klage der Nachweis eines konkreten Schadens unerlässlich. Für Patienten und ihre Vertreter ist es daher wichtig, bei der Geltendmachung von Ansprüchen nicht nur den Fehler selbst, sondern auch dessen Auswirkungen sorgfältig zu dokumentieren.

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