Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist ein existentieller Bestandteil der finanziellen Absicherung gegen drohende Einbußen, die infolge nicht nur vorübergehender Arbeitsunfähigkeit entstehen können. Nach gängiger Definition liegt vollständige Berufsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person aus gesundheitlichen Gründen ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer, jedenfalls länger als ununterbrochen 6 Monate nicht zu mindestens 50% ausüben kann. Die konkreten Voraussetzungen sind in den jeweiligen Versicherungsbedingungen aufgeführt und unterscheiden sich von Gesellschaft zu Gesellschaft geringfügig.
Die Gründe, die zu einer BU führen können, sind äußerst vielfältig. Neben speziellen Belastungsfaktoren eines jeden Berufes ( z.B. physisch anstrengende Berufe wie Bauarbeiter und Handwerker und Pflegekräfte sowie psychisch belastende Berufe wie Lehrer, Ärzte, Berater und Manager) kommen individuelle gesundheitliche Vorgaben des Versicherten in Betracht. Alle Berufe sind nach vorhandenem abstrakten Risiko in bestimmte Berufsklassen eingeteilt (BK 1 bis BK 5, sodann noch BK 6 als nicht versicherbare Berufe mit sehr hohem oder nicht einschätzbarem Risiko wie z.B. Stuntman).
Um das Risiko einer Eintrittspflicht einschätzen zu können, sind die Versicherer auf eine wahrheitsgemäße Beantwortung der Gesundheitsfragen bei Abschluss des Versicherungsvertrages angewiesen. Zur Vorbereitung dieser zunächst eine abstrakten Gesundheitsprüfung „nach Aktenlage“ l legt der Versicherer deshalb einen umfangreichen Fragebogen vor. Nach § 19 Abs. 1 VVG müsse vom Antragsteller alle Gefahrumstände, nach denen der Versicherer in Textform fragt, angegeben werden,
Verstöße wegen einer Falschbeantwortung von Gesundheitsfragen bei Antragstellung werden deshalb mit je nach Verschuldensgrad teils drakonischen Folgen abgestraft (§ 19 VVG, also Kündigung, Rücktritt, Vertragsanpassung bzw. Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach allgemeinen BGB-Vorschriften).
Hierzu muss der Versicherer allerdings explizit schriftlich hinweisen, sodass sich für den Versicherten durchaus Verteidigungsmöglichkeiten auf Formfehlen oder fehlerhafter Einordnung des Verschuldensgrades ergeben.
Zur Überprüfung eines Leistungsantrags lässt sich der Versicherer deshalb regelmäßig entsprechende Schweigepflichtenentbindungen erteilen und kontaktiert die im Fragebogen zum Leistungsantrag benannten Ärzte bzw. Krankenkassen. Sofern sich keine Verdachtsmomente im obigen Sinne ergeben, wird er bei eindeutiger Sachlage dem Leistungsantrag entsprechen und seine Eintrittspflicht erklären, andernfalls eigene Fachgutachter/innen zur Abklärung medizinischer Fragestellungen beauftragen. Zur Höhe der beruflichen Einschränkung wird er neben den nachgewiesenen medizinischen Unterlagen regelmäßig auch die Angaben es Antragstellers zu seiner Berufsausübung heranziehen. Es empfiehlt sich deshalb, die ausgeübte Tätigkeit und deren Belastungen möglichst präzise zu beschreiben und bei der täglichen Dauer eben nicht pauschal die arbeitsvertraglich festgesetzten Zeiten zu übernehmen, sondern die tatsächlich verrichteten, also insbesondere die geleisteten Überstunden einzubeziehen. Hintergrund: BU liegt bedingungsgemäß nur vor, soweit die in gesunden Tagen gelieferte Arbeitsleistung nicht mehr zu mindestens 50% erbracht werden kann. Es macht deshalb einen gewaltigen Unterschied, ob diese 50% aus einer 8-Stunden-Tätigkeit oder aber aus einer 10- oder 11-stündigen Tätigkeit gutachterlich bestimmt wird !
Deren Antwort ist für den Versicherer zwar nicht bindend, der jeweilige Sachbearbeite wird diese aber in der Regel zur Grundlage seiner Entscheidung machen. Aus Anwaltssicht ist das Ergebnis zu überprüfen. Es ist davon auszugehen, dass der Versicherer als Auftraggeber regelmäßig eine gewisse Erwartungshaltung an dem Ergebnis haben wird, aber auch der Gutachter künftige lukrative Auftragsvergaben nicht grundlos gefährden möchte .
Aus dem vorgenannten Regulierungsablauf ergeben sich folgende praktischen Konsequenzen:
1. Bereits bei der Antragstellung zum Versicherungsvertrag ist darauf zu achten, dass jede der gestellten Gesundheitsfragen akribisch genau beantwortet wird. Jede Unsicherheit geht zu Lasten des Antragstellers. Besondere Beachtung verdient die Fragestellung nach Arztbesuchen in den vergangenen 5 Jahren, nach generalisierten gesundheitlichen Beeinträchtigungen usw. Im Zweifel sollten vorab schriftliche Auskünfte der angegebenen Ärzte bzw. Aufzeichnungen/Bestätigungen der Krankenkasse beigefügt werden, auch um dem Vorwurf zumindest fahrlässiger Falschbeantwortung zu entgehen.
2. Im Leistungsantrag bzw. dem zugehörigen Fragebogen sollte die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Berufstätigkeit genau beschrieben werden sowie die gesundheitlichen Einschränkungen. Dies gilt ebenso für regelmäßig in gesunden Tagen geleistete Überstunden, selbst wenn diese nachfolgend durch Freizeitausgleich in der Summe kompensiert wurden.
3. Aus der umfangreichen Darstellung zu Art und dem Umfang der gesundheitlichen Einschränkung sollte sich ergeben, dass die Berufstätigkeit auf Dauer nur noch deutlich unter 50% ausgeübt werden kann. Ausführliche ärztliche Bestätigungen hierzu sind nicht nur sinnvoll, sondern erschweren dem Versicherer auch die Möglichkeit, mittels eigener Gutachter zu einem abweichenden Ergebnis zu gelangen.
4. Das Vorhandensein einer eintrittsfreudigen Rechtsschutzversicherung ist wegen der regelmäßig mit der Prozessführung verbundenen hohen Kosten und dem verbleibenden Kostenrisiko äußerst sinnvoll. Es sollte stets bedacht werden dass der Kläger nach außergerichtlicher Ablehnung seiner BU-Ansprüche nicht nur das Risiko trägt, mit den Kosten des eigenen sowie des gegnerischen Anwalts sowie der Gerichtskosten, sondern ebenso mit den regelmäßig hohen Gutachterkosten belegt zu werden.
5. Mit der Prozessführung sollte im eigenen Interesse des Versicherungsnehmers bevorzugt ein auf dem Gebiet des privaten Berufsunfähigkeitsversicherungsrechts prozesserfahrener Fachanwalt für Versicherungsrecht bzw. eine entsprechende Fachanwältin betraut werden.
Für sämtlich Fragen zu Ihren Ansprüchen aus Ihrem Berufsunfähigkeits –Versicherungvertrag mit bundesweiter Prozessführung steht Ihnen zur Verfügung:
Rechtsanwalt Dieter W. Schmidt
Kanzlei Am Klostergarten
Ihre Fachkanzlei für Arbeits- und Versicherungsrecht
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