1. Einführung
Wenn Gesellschafter einer GmbH im Unternehmen tätig sind, ohne als Geschäftsführer zu fungieren, stellt sich die Frage, welches rechtliche Verhältnis ihrer Tätigkeit zugrunde liegt. Während ein Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner Organstellung nicht als Arbeitnehmer gilt, kann ein mitarbeitender Gesellschafter ohne Geschäftsführerposition unter bestimmten Voraussetzungen als Arbeitnehmer eingestuft werden. Liegt ein Arbeitsverhältnis vor, müssen weitere Fragen geklärt werden: Hat die Gesellschafterstellung Auswirkungen auf den Kündigungsschutz? Und welcher Rechtsweg ist im Streitfall einschlägig?
2. Status des mitarbeitenden Gesellschafters
a. Vereinbarkeit von Gesellschafter- und Arbeitnehmereigenschaft
Gesellschafter, die zugleich Geschäftsführer sind, gelten aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive als Teil des „Arbeitgeberlagers“ und werden nicht als Arbeitnehmer betrachtet. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, der Vertretungsorgane juristischer Personen von der Arbeitnehmerstellung ausschließt. Zudem unterliegen sie gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG nicht dem allgemeinen Kündigungsschutz.
Anders verhält es sich bei Gesellschaftern, die ohne Organstellung für ihre GmbH tätig sind, beispielsweise als Prokuristen. In solchen Fällen ist das Ausschlusskriterium der gesetzlichen Vertretung nicht erfüllt, sodass trotz der Gesellschafterstellung ein Arbeitsverhältnis bestehen kann.
b. Abgrenzungskriterien für Arbeitnehmer-Gesellschafter
Eine entscheidende Frage ist, ob der Gesellschafter durch seine Beteiligung an der GmbH so viel Einfluss auf die Unternehmensführung hat, dass er letztlich die Leitungsmacht besitzt. Ein wesentliches Merkmal eines Arbeitsverhältnisses ist die persönliche Abhängigkeit, insbesondere das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Wenn ein Gesellschafter aufgrund seiner Beteiligung selbst Weisungen verhindern kann, ist er nicht als Arbeitnehmer zu betrachten.
Die Stimmrechtsverhältnisse spielen dabei eine zentrale Rolle:
- Ein Gesellschafter mit mehr als 50 % der Stimmrechte kann nicht gleichzeitig Arbeitnehmer der Gesellschaft sein, auch wenn er nicht Geschäftsführer ist.
- Gesellschafter mit einer Sperrminorität sind ebenfalls nicht als Arbeitnehmer einzustufen.
- Liegt keine Sperrminorität vor und ermöglicht die Gesellschafterstellung nicht die Einflussnahme auf Weisungen, kann der Gesellschafter als Arbeitnehmer gelten.
Auch sozialversicherungsrechtlich wird eine ähnliche Unterscheidung vorgenommen: Das Bundessozialgericht (BSG) sieht Gesellschafter nur dann als abhängig Beschäftigte an, wenn sie nicht in der Lage sind, Unternehmensentscheidungen maßgeblich zu beeinflussen.
3. Kündigungsschutz für Arbeitnehmer-Gesellschafter
a. Auswirkungen der Gesellschafterstellung auf den Kündigungsschutz
Ein Arbeitnehmer-Gesellschafter ist ein regulärer Arbeitnehmer und unterfällt daher dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Zusätzlich kann ihm seine Stellung als Gesellschafter besonderen Bestandsschutz gewähren. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist eine Kündigung durch die Geschäftsführung unwirksam, wenn sie nach dem Gesellschaftsvertrag der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf und diese nicht vorliegt.
Falls der Gesellschaftsvertrag die Kündigung eines Gesellschafter-Arbeitnehmers als zustimmungspflichtiges Geschäft einordnet, kann der Betroffene dies im Kündigungsschutzprozess geltend machen. Das BAG hat Fälle anerkannt, in denen eine Kündigung unwirksam war, weil ein erforderlicher Gesellschafterbeschluss fehlte oder weil das Arbeitsverhältnis für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung war und die Kündigung daher als ungewöhnliches Geschäft galt.
b. Voraussetzungen für einen gesellschaftsrechtlichen Sonderkündigungsschutz
Die unbeschränkte Vertretungsmacht der Geschäftsführer gemäß § 37 Abs. 2 GmbHG hebt diesen Schutz nicht auf, da sie nur gegenüber Dritten gilt. Innerhalb der Gesellschaft darf sich die GmbH nicht auf eine von der Satzung abweichende Kündigung berufen. Dies würde gegen das Prinzip von Treu und Glauben verstoßen.
Arbeitnehmer-Gesellschaftern wird daher empfohlen, den Gesellschaftsvertrag, die Geschäftsordnung und Geschäftsführerverträge zu prüfen, um festzustellen, ob ihre Kündigung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf. Entscheidend ist nicht, ob die Satzung die Kündigung ausdrücklich unter Zustimmungsvorbehalt stellt, sondern ob die Kündigung als „ungewöhnliches Geschäft“ gilt, das eine Zustimmung erfordert.
4. Fazit
Bei rechtlichen Auseinandersetzungen eines Gesellschafter-Mitarbeiters ist zunächst zu klären, ob dieser als Arbeitnehmer einzustufen ist. Dies ist nur der Fall, wenn seine Gesellschafterstellung ihm keine Weisungsfreiheit verschafft. Falls er als Arbeitnehmer gilt, kann er Kündigungsschutz genießen, insbesondere wenn die Gesellschaftssatzung besondere Schutzmechanismen vorsieht.