I. Bedeutung
Der amtierende Betriebsrat bestellt den Wahlvorstand für die nächste regelmäßige Wahl.
Der einschlägige § 16 Abs. 1 BetrVG regelt hierzu: „Spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit bestellt der Betriebsrat einen aus drei Wahlberechtigten bestehenden Wahlvorstand und einen von ihnen als Vorsitzenden“.
Zu rechnen ist folglich rückwärts, ausgehend vom Ende der Amtszeit. Aber nicht nur für die Bestellung des Wahlvorstands, auch für andere wichtige Ereignisse spielt das Ende der regelmäßigen Amtszeit des BR eine wichtige Rolle, so für den Wahltag (eine Woche vor Ablauf der Amtszeit, § 3 Abs. 1 WahlO) und somit indirekt für den Aushang des Wahlausschreibens (spätestens 6 Wochen vor dem Wahltag).
Ferner endet mit Ablauf der Amtszeit der BR als Gremium, und es enden alle Funktionen und Ämter. Und gem. § 29 Abs. 1 BetrVG muss der Wahlvorstand vor Ablauf einer Woche nach dem Wahltag die konstituierende Sitzung durchführen, auf der Vorsitz und Stellvertretung gewählt werden.
Schließlich bestimmt das Ende der Amtszeit den Beginn und das Ende des nachwirkenden Kündigungsschutzes nicht wiedergewählter Kandidaten.
Doch in der Praxis zeigt sich immer wieder, dass nur die allerwenigsten Betriebsräte erklären können, wie man Beginn und Ende der Amtszeit ermittelt und dementsprechend wissen, an welchem Datum die Amtszeit ihres eigenen Gremiums enden und die des zu wählenden neuen Gremiums beginnen wird.
Nur wer weiß, worauf es ankommt, kann die entscheidenden Daten (korrekt) festhalten und wird dafür sorgen, dass die entsprechenden Unterlagen sorgfältig verwahrt werden und nicht im Laufe der Zeit verschwinden, so dass auch die nachfolgenden Gremien und Wahlvorstände das Datum immer präsent haben und damit arbeiten können.
Einmal schulte ich einen ganzen Vormittag lang den Betriebsrat einer größeren Bank, um die Wahlen vorzubereiten und den Wahlvorstand optimal einzusetzen. Ich fragte auch hier nach dem Ende der Amtszeit. Alle blickten ratlos im Raum herum. Ein Mitglied meinte dann aber, das könne man problemlos anhand der alten Unterlagen herausfinden; die befänden sich in einem Verschlag in der Tiefgarage. Er stand auf, um die Unterlagen zu holen, kehrte aber seltsamerweise bis zum Schluss des Seminares nicht zurück. Was aus ihm wurde, weiß ich nicht. Leider enden viele Recherchen zum Ende der Amtszeit so ähnlich, nämlich ohne Ergebnis.
Doch wann beginnt und endet sie nun? Viele Betriebsräte gehen davon aus, die Amtszeit beginne mit der konstituierenden Sitzung, was falsch ist. Andere gehen davon aus, es sei die Bekanntgabe des Wahlergebnisses, was nur manchmal richtig ist, wiederum andere meinen, es sei der 31.05., was durchaus sein kann, aber auch nur in bestimmten Fällen richtig und meist auch ziemlich unwahrscheinlich ist.
Es soll deshalb an dieser Stelle geklärt werden, wann die Amtszeit des BR abläuft.
Ende des Gremiums und aller Funktionen
Endet die Amtszeit des Betriebsrats treten verschiedene Folgen ein. Es endet der BR als gesamtes Gremium. Die ihm zustehenden Rechte, Pflichten und Befugnisse können nach Ablauf der Amtszeit nicht mehr ausgeübt werden.
Eine Fortführung der Geschäfte durch den bisherigen BR ist nicht zulässig. Es ist daher für alle Beteiligten von größter Bedeutung, welches Gremium bis bzw. ab wann denn nun zur Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte berufen ist.
Mit Ablauf der Amtszeit endet grundsätzlich die Mitgliedschaft der einzelnen BR-Mitglieder im alten BR, ferner enden alle Ämter (Freistellungen, Entsendungen in Ausschüsse, GBR usw).
Mit Beginn der neuen Amtszeit sind auch der/die Vorsitzende und Stellvertretende neu zu wählen; das auch dann, wenn – was durchaus häufig geschieht – der neue BR sich aus denselben Personen zusammensetzt wie der alte.
Die Geschäftsordnung des BR endet, und sie muss neu beschlossen werden, auch wenn es dieselbe sein soll, wie in der Amtsperiode davor.
Es enden die Ausschüsse, sie müssen ebenfalls erneut errichtet werden, ein Personalausschuss usw. muss neu errichtet werden.
Und – wichtig! – es enden auch die Freistellungen nach § 38 BetrVG. Ich habe es schon erlebt, dass es einem BR (33 Mitglieder) nach einer Neuwahl nicht gelang, sich innerhalb angemessener Zeit zu konstituieren; er wählte deshalb auch keine neuen Personen rechtzeitig in die Freistellung. Und als der 31. Mai verstrichen war, wusste auch der Arbeitgeber, dass spätestens jetzt die Amtszeit des BR abgelaufen sein musste. Die bislang Freigestellten waren alle wiedergewählt worden und gingen wie selbstverständlich davon aus, sie seien auch weiterhin freigestellt; sie erschienen weder zur Arbeit noch meldeten sie sich gem. § 37 BetrVG zur BR-Arbeit ab. Alle bekamen eine Abmahnung.
Beginn des nachwirkenden Kündigungsschutzes
Mit dem Ende der Amtszeit läuft der nachwirkende Kündigungsschutz an für diejenigen BR-Mitglieder, die nicht wiedergewählt wurden.
Die Schutzfrist beträgt genau ein Jahr. Hier liegt das Risiko beim Arbeitgeber, dass er eventuell zu früh kündigt. Jedoch muss das ehemalige BR-Mitglied, welches sich auf den nachwirkenden Kündigungsschutz beruft beweisen, dass es diesen bei Zugang der Kündigung noch innehatte.
Erledigung oder Fortsetzung von Beschlussverfahren?
Schließlich enden Beschlussverfahren auf Auflösung des BR oder auf Ausschluss einzelner Mitglieder aus dem BR. Die Verfahren haben sich durch das Ende der Amtszeit schlicht erledigt.
Das Verfahren auf Ausschluss eines Mitglieds wird auch dann nicht fortgesetzt, wenn das Mitglied, das ausgeschlossen werden sollte, wieder gewählt wird. Vielmehr bedeutet das, die Wähler fanden es nicht so schlimm, was der Kollege getan hat und sprechen ihm durch Wiederwahl das Vertrauen aus. Ein antragstellender Arbeitgeber muss nun auf neue Verfehlungen des Kollegen warten.
Es enden jedoch nicht die inhaltlichen Beschlussverfahren, zB. Unterlassungsverfahren, Zustimmungsersetzungsverfahren, Einsetzen einer Einigungsstelle usw. Sie werden grds. vom neuen BR fortgeführt; natürlich kann das neue Gremium beschließen, die Verfahren einzustellen, weil man nun andere Ziele verfolgen möchte.
Auch die vom alten Gremium geschlossenen Betriebsvereinbarungen enden nicht mit Ende seiner Amtszeit. Sie bestehen fort, bis sie gekündigt werden oder auf andere Weise enden.
Nun aber zur Bestimmung von Beginn und Ende der Amtszeit:
II. Regelmäßige Amtszeit
Die regelmäßige Amtszeit des Betriebsrats beträgt 4 Jahre, dies allerdings erst seit 1990, davor betrug die Amtszeit 3 Jahre.
Eine „regelmäßige Amtszeit“ haben nur diejenigen Betriebsräte, die im regelmäßigen Turnus gewählt worden sind.
Betriebsräte, die außerhalb dieser regelmäßigen Wahlen gewählt wurden, haben meist eine kürzere und manchmal sogar eine längere Amtszeit als 4 Jahre (dazu gleich).
Die regelmäßigen BR-Wahlen finden in allen Betrieben in der Bundesrepublik für alle Betriebsräte immer zur selben Zeit, d. h. im selben Jahr in der Zeit vom 01.03. bis 31.05. statt, und zwar in den Jahren 2022, 2026, 2030, 2034 usw. (Jahre der Fußball-WM).
Außerordentliche Wahlen
Außerhalb dieses Zeitraums finden BR-Wahlen nur ausnahmsweise statt. Geregelt sind die Ausnahmen in § 13 Abs. 2 BetrVG. Außerhalb dieser Zeit ist der Betriebsrat zu wählen, wenn
1. mit Ablauf von 24 Monaten, vom Tage der Wahl an gerechnet, die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, mindestens aber um fünfzig, gestiegen oder gesunken ist,
2. die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken ist,
3. der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder seinen Rücktritt beschlossen hat,
4. die Betriebsratswahl mit Erfolg angefochten worden ist,
5. der Betriebsrat durch eine gerichtliche Entscheidung aufgelöst ist oder
6. im Betrieb ein Betriebsrat nicht besteht.
Hat nun ausnahmsweise außerhalb des regelmäßigen Wahlzeitraums eine Betriebsratswahl stattgefunden, ist der Betriebsrat in dem auf die Wahl folgenden nächsten Zeitraum der regelmäßigen Betriebsratswahlen neu zu wählen, auch wenn er noch keine vier Jahre im Amt ist.
Der BR ist also bei den nächsten regelmäßigen BR-Wahlen (Jahre der Fußball-WM) neu zu wählen; man muss immer in diesen Turnus der regelmäßigen Wahlen hineinkommen.
Eine Ausnahme hiervon besteht, wenn die Amtszeit dieses Betriebsrats zu Beginn (dh. am 01.03.) des für die regelmäßigen Betriebsratswahlen festgelegten Zeitraums noch kein Jahr betragen hat; dann ist der Betriebsrat in dem übernächsten Zeitraum der regelmäßigen Betriebsratswahlen neu zu wählen:
- außerordentliche Wahl/Beginn der Amtszeit am 12.12.2023 – Neuwahl in 2026
- außerordentliche Wahl/Beginn der Amtszeit am 06.03.2025 – Neuwahl in 2030
Beginn und Ende der Amtszeit
Entscheidend für die Berechnung des Amtszeitendes des derzeit amtierenden BR ist somit grds. der Zeitpunkt der Bekanntgabe des endgültigen Wahlergebnisses der ersten Wahl innerhalb des regelmäßigen Wahlzeitraums.
Beginn der Frist
Das klingt recht abstrakt. Am besten kann man dies an einem Beispiel erläutern:
Wir nehmen an, in einem Betrieb existiert noch kein BR, und es wird jetzt zum allerersten Mal ein BR gewählt.
Dass die Wahl des ersten BR zufällig in die Zeit der regelmäßigen Wahlen fällt mag vorkommen, ist aber eher selten. Gehen wir also einmal davon aus, dass dieser erste Betriebsrat außerhalb dieses regelmäßigen Zeitraums im Jahr 2019 gewählt wird. Tag der Stimmabgabe ist Mittwoch, der 18.09.2019. An diesem Tag schließt das Wahllokal um 16.00 Uhr, und alle Stimmen werden ausgezählt.
Es existiert nun ein vorläufiges Wahlergebnis. Anschließend, am 18.09.2019 um 17:23 Uhr teilt der Wahlvorstand allen gewählten Kandidaten per Haus-Email mit, dass sie in den BR gewählt worden sind und bittet um Mitteilung, ob sie die Wahl annehmen.
Einige Kandidaten sind bei der Auszählung anwesend und nehmen die Wahl schon vor Ort mündlich an, was der Schriftführer ins Protokoll aufnimmt (vgl. Däubler, § 17 WahlO, Rdn. 1; es bedarf dann keiner weiteren schriftlichen Benachrichtigung). Weitere Kandidaten melden sich am nächsten Tag, Donnerstag, den 19.09.2019 per Mail zurück und nehmen die Wahl an, nur ein Kandidat meldet sich nicht, warum auch immer.
Jede/r Kandidat/in hat drei Arbeitstage (nicht Kalendertage, nicht Werktage) Zeit, die Wahl abzulehnen, § 17 Abs. 1 WahlO. Arbeitstage sind die Tage, an denen im Betrieb üblicherweise gearbeitet wird. Wer sich nicht meldet, nimmt also automatisch nach Ablauf von drei Arbeitstagen die Wahl an. Hier wäre das am Dienstag, den 24.09.2019, 24:00 Uhr. In diesem Moment steht das endgültige Wahlergebnis fest.
Dieses muss jetzt bekannt gemacht werden, § 18 WahlO.
Bekanntgegeben ist das endgültige Wahlergebnis in dem Zeitpunkt, in dem es vom Wahlvorstand in der Form bekannt gemacht wird, die der Bekanntmachung des Wahlausschreibens entspricht (also zB. ausgehängt bzw. in ein virtuelles schwarzes Brett eingestellt wird). Nicht maßgebend ist also der Tag der öffentlichen Stimmauszählung oder der Tag der Fertigung der Wahlniederschrift oder die schriftliche Benachrichtigung der Gewählten.
Nun hängt unser Wahlvorstand im Beispiel Zettel mit den gewählten Kandidaten aus. Gewählte Kandidaten sind die ordentlichen Mitglieder des neuen BR; die Namen der Ersatzmitglieder und ggf. ihre Stimmenzahl gehören nicht dazu, sie sind nicht bekannt zu machen. Diese Zettel hängt er an allen Stellen aus, an denen er zuvor ein Wahlausschreiben ausgehängt hatte. Damit soll er im Beispiel am 25.09.2019 um 13:47 Uhr fertig sein.
§ 21 S. 2 1, Halbsatz BetrVG bestimmt: Die Amtszeit beginnt mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses, so dass im Beispiel die Amtszeit am 25.09.2019 um 13:47 Uhr beginnt.
Ende der Frist
Wann läuft nun die Amtszeit dieses ersten Betriebsrats ab? In § 21 S. 1 BetrVG heißt es: „Die regelmäßige Amtszeit des Betriebsrats beträgt vier Jahre“, sie müsste also am 25.09.2023 um 13:47 Uhr ablaufen, oder?
Eben nicht. § 21 S. 1 BetrVG bezieht sich nur auf die „regelmäßige Amtszeit“, dh. auf die Amtszeit der Betriebsräte, die im regelmäßigen Zeitraum (01.03. – 31.05. in Jahren der Fußball-WM) gewählt worden sind. Im Beispiel handelte es sich aber um eine außerordentliche Wahl außerhalb dieses Zeitraums. Die Amtszeit beträgt daher nicht vier Jahre.
Unser Beispiels-Betrieb muss seine BR-Wahlen nun an diesen regelmäßigen Rhythmus anpassen. Er wählt daher das nächste Mal im Jahre 2022, weil er am 01.03.2022 über ein Jahr im Amt sein wird.
Doch wann genau endet jetzt die Amtszeit dieses allerersten Betriebsrats?
Angenommen, der BR bestellt keinen neuen Wahlvorstand, warum auch immer. Hier kommt nun der 31.05. zum Tragen, vgl. § 21 S. 3 BetrVG: Die Amtszeit läuft schlicht aus und endet „spätestens“ am 31.05.2022 um 24:00 Uhr.
Wenn der BR aber nun doch einen Wahlvorstand bestellt und es weiterhin einen BR geben soll, was geschieht dann? Wann genau muss gewählt werden? Am 31.05.2022? Nein.
Der Wahlvorstand, der die Wahl dieses ersten „regelmäßigen“ Betriebsrats leitet, ist bei der Auswahl des Datums für den Wahltag völlig frei; der Wahltag muss nur in der Zeit vom 01.03. bis 31.05.2022 liegen. Doch sollte der WV bei der Bestimmung des Wahltages ein bisschen aufpassen.
Er sollte ihn nicht zu weit nach vorne legen, also nicht schon in den ersten 2 Wochen im März 2022, da der Wahlvorstand, der 2026 die Wahlen leiten wird, sonst Schwierigkeiten bekommt: Die Kandidaten haben nach Ermittlung des vorläufigen Wahlergebnisses 3 Tage Zeit, um die Wahl abzulehnen, das gleiche gilt für den ersatzweise bestimmten Kandidat usw. Der neue BR muss sich konstituieren, dh. seinen Vorsitzenden und Stellvertreter wählen usw. Es bedarf also immer eines gewissen zeitlichen Vorlaufs von mindestens zwei, besser jedoch drei oder vier Wochen vor Ende der Amtszeit, um einen nahtlosen Übergang zu ermöglichen. Und da eine Wahl vor dem 01.03.2026 unzulässig ist, sollte daher besser keine Wahl vor dem 21.03.2022 stattfinden.
Der WV sollte den Wahltag aber auch nicht zu spät legen, zB. am Montag, den 30.05.2022. Wenn die Stimmen ausgezählt wurden und sich Gewählte mit ihrer Antwort 3 Arbeitstage, dh. bis zum 02.06.2022, Zeit lassen, ob sie die Wahl annehmen, endet die Amtszeit des ersten BR am Dienstag, den 31.05.2018, und für zwei Tage besteht eine betriebsratsfreie Zeit. Das gleiche kann passieren, wenn bspw. aufgrund eines Fehlers im Wahlausschreiben der Wahltermin verschoben werden und die Wahl neu eingeleitet werden muss. Auch dann besteht die Gefahr einer betriebsratslosen Zeit.
Daher sollte der Wahlvorstand den Termin am besten in Richtung der Mitte platzieren. Unglücklicherweise sind um die Zeit oft Osterferien (2022: 11. – 22.04.; 2026: 30.03. – 11.04.) und wahrscheinlich einige Mitarbeiter in Urlaub. Man muss also vorher in den Kalender schauen. Wer viele Briefwahlstimmen fürchtet, verlegt die Wahl außerhalb der Ferien. Gute Termine sind beispielsweise Ende April, Anfang Mai.
Nun kommt das Entscheidende: Angenommen, es wird am Dienstag, den 03.05.2022 gewählt, das vorläufige Wahlergebnis steht am Mittwoch, den 04.05.2022 um 19:25 Uhr fest, das endgültige Wahlergebnis zwei Tage später, nachdem alle Gewählten die Wahl angenommen haben. Sodann hängt der Wahlvorstand am Montag, den 09.05.2022 um 09:12 Uhr das endgültige Wahlergebnis im Sinne von § 18 WO aus.
Es greift wiederum § 21 S. 2 BetrVG, diesmal schauen wir uns noch den 2. Halbsatz dazu an: „Die Amtszeit beginnt mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses oder, wenn zu diesem Zeitpunkt noch ein Betriebsrat besteht, mit Ablauf von dessen Amtszeit“.
Der 2. Halbsatz irritiert hier leider. Gemeint ist wiederum die „regelmäßige Amtszeit“. Da dieser erste Betriebsrat keine regelmäßige Amtszeit besitzt, fallen hier Beginn der Amtszeit des neuen BR und das Ende der Amtszeit des alten BR zusammen. Am 09.05.2022 um 09:12 Uhr beginnt die Amtszeit des neuen BR und zugleich endet die Amtszeit des ersten BR in diesem Betrieb.
Aber: da der zweite BR in der Zeit der regelmäßigen Wahlen gewählt wurde, beginnt nun erstmals eine „regelmäßige Amtszeit“, und diese beträgt exakt vier Jahre.
Wie wird sie berechnet? Hier greift § 187 BGB (Fristbeginn) ein. Dieser bestimmt in seinem Abs. 1, dass der Tag, an dem ein Ereignis stattgefunden hat, bei der Berechnung einer Frist nicht mitgezählt wird – und da hier die Vier-Jahres-Frist in Gang gesetzt wird, zählt der 09.05.2022 nicht mit. Auf Deutsch: „Es zählt ab dem nächsten Tag“. Gerechnet wird die Amtszeit dieses zweiten, bzw. ersten regelmäßig gewählten, BRs also ab Dienstag, den 10.05.2022 um 00:00 Uhr.
Die Amtszeit dieses Betriebsrats beträgt ab da volle 4 Jahre, keine Sekunde mehr, aber auch keine weniger. Naja, nicht ganz, sie begann ja tatsächlich am 09.05.2022, 09:12 Uhr, aber rechnerisch begann sie eben am 10.05.2022 um 00:00 Uhr, die Zeit davor wird zur Berechnung nicht mitgezählt. Die Amtszeit dieses zweiten BR endet daher am 09.05.2026 um Punkt 24:00 Uhr, und zwar völlig gleichgültig, um welchen Wochentag es sich handelt (Samstag) und auch völlig gleichgültig, wann im Jahr 2026 in diesem Betrieb die BR-Wahlen stattfinden werden.
Kommt es bspw. zu einer Verzögerung und finden die Wahlen erst am Montag, den 18.05.2026 statt, endet die Amtszeit des BR und damit alle Mitgliedschaften und Funktionen dennoch am 09.05.2026, 24:00 Uhr.
Die Amtszeit des BR endet also unabhängig davon, ob im Zeitpunkt ihres Ablaufes bereits ein neuer BR gewählt ist oder nicht; das gilt selbst dann, wenn ein WV bestellt ist und die Wahl vorbereitet.
Es ist zugleich ein weit verbreitetes Missverständnis unter den BR-Mitgliedern und Wahlvorständen, dass sich bei einer früheren Neuwahl die Amtszeit nach vorne verschiebt und dadurch verkürzt (weil die Amtszeit ja angeblich immer am Wahltag endet oder in der konstituierenden Sitzung). Nein, nein, so ist es nicht! Die regelmäßige Amtszeit beträgt immer genau 4 Jahre.
Finden die Wahlen also vorher, zB. am Donnerstag, den 23.04.2026 statt und wird das endgültige Wahlergebnis am Dienstag, den 28.04.2026, 17:58 Uhr bekannt gemacht, so muss dieser neu gewählte BR noch bis zum 10.05.2026, 0:00 Uhr warten; erst dann darf er seine Geschäfte aufnehmen.
Für den neu gewählten BR ergibt sich folglich bis zum Amtsantritt ein Zwischenstadium, in dem er zwar schon gewählt, aber noch nicht im Amt ist. In diesem Zeitraum stehen die dem BR zugewiesenen Rechte, Pflichten und Befugnisse weiterhin und ausschließlich dem bisherigen BR zu. Etwaige Beschlüsse des neuen BR in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten sind unwirksam.
Der neue BR kann sich während dieses Zwischenstadiums immerhin schon wirksam konstituieren (also Vorsitzende/n, Stellvertretende/n wählen); ob er auch weitergehende organisatorische Dinge beschließen kann, wie z. B. eine Geschäftsordnung, Ausschussmitglieder, oder ob gar die Wahl der Freigestellten gem. § 38 BetrVG durchführen kann, ist hingegen umstritten (dazu später).
Wir sehen: Der Beginn der Amtszeit des ersten „regelmäßigen“ BRs ist nun maßgeblich für Beginn und Ende der regelmäßigen Amtszeiten aller weiteren Betriebsräte in der Zukunft.
Das ist ein wirklich wichtiges Datum! Es ist gewissenhaft zu notieren und sorgfältig aufzubewahren (im BR-Büro ein DIN-A3 Blatt mit dem Datum an die Wand kleben, nicht in die Tiefgarage bringen), so dass es auch 24 Jahre später noch bei den Wahlen berücksichtigt werden kann.
Entsprechend ist dieses Datum bei der Planung und Terminierung der Wahlen aller jeweils folgenden Betriebsräte zu berücksichtigen.
Die Wahlen sind so zu planen und durchzuführen, dass eine betriebsratslose Zeit nicht eintritt. Vergleiche nochmals § 3 Abs. 1 WahlO: der erste Tag der Stimmabgabe soll spätestens eine Woche vor dem Tag liegen, an dem die Amtszeit des Betriebsrats abläuft.
Diese Bestimmung in § 3 Abs. 1 WO ist eine Sollvorschrift. Die Wahl kann auch später stattfinden; dies führt nicht zu einer Anfechtbarkeit der Wahl (aber evtl. zu einer betriebsratslosen Zeit). Sie kann aber auch noch früher terminiert werden, also zB. auch schon im April oder sogar März stattfinden. Es handelt sich um eine Mindestfrist.
Aufgabe des WV ist also, die Wahl des jeweils nächsten BR so frühzeitig anzusetzen, dass der bisherige BR über den Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses hinaus noch im Amt ist. In diesem Fall wird der Beginn der Amtszeit des neu gewählten BR bis zum Ablauf der Amtszeit des bisherigen BR hinausgeschoben. Dadurch schließt sich die Amtszeit des neuen BR lückenlos an die des bisherigen BR an.
III. Erneute außerordentliche Wahl
Muss in diesem Beispielsbetrieb später aus irgendeinem Grund eine Wahl außerhalb des regelmäßigen Zeitraums durchgeführt werden (Fälle des § 13 Abs. 2 Nr. 1 – 3 BetrVG, zB. Absinken der Mitgliederzahl unter die gesetzliche Anzahl zB. durch Kündigungen oder Amtsniederlegungen oder Rücktritt des Gremiums), gilt:
Hier endet die Amtszeit des alten BR gem. § 18 WO sofort mit Bekanntmachung des Wahlergebnisses. Dies findet sich ausdrücklich in § 21 S. 5 BetrVG. Wird zB. am 08.08.2025 gewählt, weil nach Einrücken aller Ersatzmitglieder die Zahl der BR-Mitglieder unter die gesetzliche Mindestzahl gerutscht war und wird am 10.08.2025 um 16:09 Uhr das endgültige Wahlergebnis ausgehängt, endet die Amtszeit des alten BR, und gleichzeitig beginnt die Amtszeit des neuen BR.
§ 13 Abs. 2 Nr. 3 (Rücktritt) findet sich zwar nicht ausdrücklich in S. 5 erwähnt; aber auch hier ist ein vom Gesetz abweichender Wahlzeitpunkt festzusetzen, so dass die Amtszeit des neuen BR auch hier direkt mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses beginnt.
IV. Das Datum bleibt verschwunden
Doch was macht man, wenn man einfach nicht mehr weiß, wann damals die Amtszeit begann und wann die des jetzigen Gremiums endet, und es lässt beim besten Willen nicht herausfinden? Dann hat man in der Tat ein Problem.
Man kann im Grunde nur „so um den Dreh“ wählen, also zu der Zeit, wo auch die letzten Wahlen stattfanden und hoffen, dass es niemand merkt und – wie es viele Betriebsräte zu tun scheinen – in der konstituierenden Sitzung einfach die Geschäfte übergeben (richtig ist das nicht – die Arbeitgeber kümmert es aber offenbar auch nicht so wirklich). Oder alle strengen ihr Erinnerungsvermögen einfach nochmal so richtig an und – siehe da – … und dann notiert man dieses Datum einfach und hält sich in der Zukunft dran.
Zusammenfassung:
I. Allgemeine Bedeutung und Zuständigkeiten
- Der amtierende Betriebsrat bestellt den Wahlvorstand für die nächste Wahl.
- Grundlage: § 16 Abs. 1 BetrVG (spätestens 10 Wochen vor Ablauf der Amtszeit).
- Weitere Schlüsselfristen leiten sich ebenfalls vom Ende der Amtszeit ab.
II. Wichtige Zeitpunkte und Fristen
Ereignis | Frist / Zeitpunkt | Rechtsgrundlage |
Bestellung Wahlvorstand | Spätestens 10 Wochen vor Amtszeitende | § 16 Abs. 1 BetrVG |
Wahlausschreiben aushängen | Spätestens 6 Wochen vor Wahltag | § 3 Abs. 1 WO |
Wahltag | Soll eine Woche vor Amtszeitende liegen | § 3 Abs. 1 WO (Sollvorschrift) |
Konstituierende Sitzung | Spätestens 1 Woche nach dem Wahltag | § 29 Abs. 1 BetrVG |
Bekanntgabe Wahlergebnis | Unmittelbar nach Ablauf der Frist zur Wahlannahme | § 18 WO |
Beginn der neuen Amtszeit | Mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses oder mit Ablauf der alten Amtszeit | § 21 S. 2 BetrVG |
III. Beginn und Ende der Amtszeit
1. Erste Wahl
- Beginn: Mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses.
- Ende: Nächste Wahl im regulären Zeitraum (01.03. - 31.05.)
- Ausnahme: Wenn Amtszeit am 01.03. < 1 Jahr, dann erst übernächster Wahlzeitraum.
2. Regelmäßige Wahl
- Beginn: Mit Bekanntgabe oder Ablauf der alten Amtszeit, je nachdem, was später ist.
- Dauer: Exakt 4 Jahre ab dem Folgetag der Bekanntgabe (gemäß § 187 Abs. 1 BGB).
3. Außerordentliche Wahl
- Anlass: § 13 Abs. 2 BetrVG (z. B. Rücktritt, Zahl der Mitglieder zu gering etc.)
- Beginn: Mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses
- Ende: Spätestens zum nächsten (oder übernächsten) regulären Wahlzeitraum.
IV. Rechtsfolgen des Amtszeitendes
- Ende des Gremiums und aller Funktionen:
- BR existiert nicht mehr als Organ.
- Alle Ämter enden (Freistellungen, Ausschüsse, Vorsitz etc.).
- Konstituierung des neuen Gremiums:
- Innerhalb 1 Woche nach Wahl.
- Wahl von Vorsitz und Stellvertretung.
- Nachwirkender Kündigungsschutz:
- Für nicht wiedergewählte Mitglieder: 1 Jahr ab Amtszeitende.
- Beschlussverfahren:
- Ausschlussverfahren erledigen sich mit Amtszeitende.
- Inhaltliche Verfahren (z. B. Einigungsstelle) werden vom neuen BR fortgeführt.
- Betriebsvereinbarungen:
- Bestehen fort, enden nicht automatisch mit der Amtszeit.
V. Empfehlungen für die Wahlplanung
- Wahltag nicht zu früh im März, um 4 Jahre voll auszuschöpfen.
- Wahltag nicht zu spät im Mai, um betriebsratsfreie Zeiten zu vermeiden.
- Idealer Zeitraum: Mitte April bis Anfang Mai.
- Aushangdatum Wahlausschreiben gut dokumentieren.
- Datum der ersten regelmäßigen Amtszeit (Beginn/Ende) gut aufbewahren für Folgejahre.
VI. Wahlvorstand: Praktische Hinweise
- Wahlvorstand sollte Wahl so terminieren, dass der bisherige BR noch im Amt ist, wenn das Wahlergebnis bekannt gegeben wird → nahtloser Übergang.
- Die Wahl kann auch schon im April oder sogar im März stattfinden, solange sie im Wahlzeitraum liegt.