Einleitung

Die Betriebsratswahl ist ein elementarer Prozess für die Plan- und Handlungsfähigkeit eines Betriebsrats. Als Verbindung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern muss der Betriebsrat ein funktionierender Bestandteil in einem Unternehmen sein. Bei in Deutschland ansässigen Unternehmen kommen des Öfteren Probleme auf, welche zeitnah gelöst werden können. Große juristische und organisatorische Fragen wirft hingegen die Betriebsratswahl bei Fluggesellschaften aus dem Ausland auf. Ungeklärt ist oft die Frage nach der Festlegung der betriebsratsfähigen Organisationseinheit. 

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in seinem Beschluss vom 15.10.2024 - 11 TaBV 295/24 eine wichtige Entscheidung getroffen. Welche das genau ist, schauen wir uns nun gemeinsam an. 

  

Informationen zur Fluggesellschaft 

In diesem Fall ging es um eine Fluggesellschaft, welche ihren Sitz in Malta und die Konzernzentrale in Irland hatte. Mit ihrer maltesischen Fluglizenz führe sie Flüge in ganz Europa durch. An dem Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) unterhielt die antragsstellende Fluggesellschaft einen Stationierungsort. Die Cockpit- und Kabinenbeschäftigten wurden an diesem Flughafen ihrer sogenannten “homebases” zugewiesen. Eine Base Captain und eine Base Supervisorin waren dort für die Beschäftigten tätig. 

Bisher existierte am Stationierungsort weder ein Betriebsrat noch eine durch Tarifvertrag gebildete Personalvertretung. Was es jedoch gab, war eine sogenannte “Airport Office/ Flughafenbüro” Räumlichkeit, welche für administrative Aufgaben zur Verfügung stand. Diese verfügte über eine PC-Ausstattung, Tische, Stühle und einem schwarzen Brett, mit Informationen zu technischen, betrieblichen und sicherheitsrelevanten Themen. In diesem Raum fanden auch die Materialausgabe und Materialabgabe für Mitarbeiter der Fluglinie statt. 

  

Versuch der Betriebsratswahl

Im März 2023 und Februar 2024 sollte es zur Wahl eines Wahlvorstandes kommen. Die Fluggesellschaft war der Ansicht, dass es bei dem Stationierungsort am BER um keine betriebsratsfähige Organisationseinheit nach dem Betriebsverfassungsgesetz handelte. Dies begehrte die Fluggesellschaft in ihrer Antragsschrift. Ebenso begehrte sie die Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl der Ersatzmitglieder und des Wahlvorstandes. Die Fluggesellschaft ist davon ausgegangen, dass am BER durch die europaweite Einsatzplanung keine Personen mit Leistungsbefugnissen in personellen und sozialen Angelegenheiten tätig seien. Aus diesem Grund fehle es dem BER an der betriebsratsfähigen Organisationseinheit mit einem Mindestmaß an organisatorische Selbstständigkeit. 

Außerdem scheitere es daran, dass kein im Inland, also im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes, liegender Hauptbetrieb gegeben sei. Hinzu komme noch, dass die Wahl mehrerer Mitglieder und ihrer Ersatzmitglieder des Wahlvorstandes unwirksam seien. 

  

Ansicht der Gewerkschaft und des Wahlvorstandes

Neben der Fluggesellschaft waren an diesem Verfahren auch die Gewerkschaft und der Wahlvorstand beteiligt. Beide sind davon ausgegangen, dass ein Betriebsrat ohne Erfordernis eines inländischen Hauptbetriebes gewählt werden könne. Mit der Base Captain und der Base Supervisorin sei das Mindestmaß an organisatorischer Selbstständigkeit bereits gewahrt. 

  

Instanzenzug

In der ersten Instanz hat das Arbeitsgericht Cottbus die Anträge der Fluggesellschaft auf Unwirksamkeit der Betriebsratswahl zurückgewiesen. Sie ist von der Betriebsratsfähigkeit des Stationierungsorts BER und der Wirksamkeit der Wahlen ausgegangen. Die Fluggesellschaft hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. 

  

Beschluss des LAG für Fluggesellschaft

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg sah in dem Stationierungsort BER tatsächlich eine betriebsratsfähige Organisation. Diese habe damit auch die Möglichkeit der Wahl eines gemeinsamen Betriebsrates. Stattgegeben wurde ebenso der Beschwerde gegen die Wirksamkeit der Wahl mehrerer Mitglieder und Ersatzmitglieder. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der maßgeblichen Rechtsfragen hat das Landesarbeitsgericht die Revision zum Bundesarbeitsgericht für die Fluggesellschaft und den Wahlvorstand zugelassen. 

  

Entscheidungsgründe

Der betroffene Stationierungsort BER wird von dem LAG als Betriebsteil im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes angesehen. Eine räumliche Entfernung zum Hauptbetrieb im Ausland ist gegeben. Die Tätigkeit des Base Captain und der Base Supervision sichern ein Mindestmaß an organisatorischer Selbstständigkeit. Durch das Erteilen von Weisungen zur Pünktlichkeit oder der Einhaltung von Kleidungsvorschriften, handeln diese gerade im Sinne einer Betriebsführung. Somit liegt gerade ein qualifizierter Betriebsteil nach dem Betriebsverfassungsgesetz vor und ein Betriebsrat darf gewählt werden. Es komme nicht darauf an, dass auch wirklich ein im Inland gelegener Hauptbetrieb vorliegt. 

Anzuwenden sind damit die Regelung zur Betriebsratsfähigkeit von Betriebsteilen bei Fluggesellschaften mit Sitz und Hauptbetrieb im Ausland. Dies resultiert aus der gesetzlichen Entscheidung von 2018, welche es Fluggesellschaften ermöglicht, Betriebsräte zu wählen, falls kein Tarifvertrag zur Bindung von Personalvertretungen abgeschlossen wird. 

  

Weitere Entscheidungsgründe

Die Beschwerde gegen die Angriffe der Fluggesellschaft auf die Gültigkeit der Wahl mehrerer Mitglieder und Ersatzmitglieder des Wahlvorstands wurde ebenso stattgegeben. Bei der Wahl im März 2023 wurde von einigen Gewählten die erforderliche Stimmenmehrheit nicht erreicht. Die Wahl im Februar 2024 ist ungültig, da der Wahlort, der etwa 25 km vom BER entfernt in den Räumen der Gewerkschaft lag, nicht zulässig war. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Wahlberechtigte aufgrund der Entfernung von der Teilnahme an der Wahl abgehalten wurden. Beide Wahlen sind zwar nicht nichtig, jedoch anfechtbar und somit ungültig. 

  

Fazit zur Betriebswahl für Fluggesellschaft

Fakt ist nun, dass es sich bei einem inländischen Stationierungsort einer Fluggesellschaft mit Sitz im europäischen Ausland um eine betriebsratsfähige Organisationseinheit handelt. Damit dürfen die Beschäftigten vor Ort einen Betriebsrat nach den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes wählen.

Wenn Ihnen der Beitrag gefallen hat, dann schauen Sie auch gerne bei uns auf der Website für weitere Blogbeiträge vorbei. Dort informieren wir Sie jede Woche über arbeitsrechtliche Neuerungen. Für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsräte ist immer etwas dabei - hereinschauen lohnt sich!

Haben Sie ein arbeitsrechtliches Problem? Dann zögern Sie nicht und kontaktieren Sie uns gerne! Über unsere Online-Terminvereinbarung kommen Sie bequem und einfach an einen Expertentermin mit uns.

Melden Sie sich – wir kümmern uns!