Einführung

„Besoffen Autofahren“. Dieses Verhalten wird u.a. durch § 315c StGB unter Strafe gestellt. 

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die maßgeblichen Tatbestandsmerkmale, die für eine Strafbarkeit vorliegen müssen, die rechtlichen Konsequenzen sowie mögliche Verteidigungsansätze bei einem Verfahren wegen Gefährdung des Straßenverkehrs. Außerdem zeigt er Ihnen auf, wie sie sich am Tatort am besten verhalten können und welche Rechte Ihnen zustehen. 


Tatbestandsvoraussetzungen für die Verwirklichung Straßenverkehrsgefährdung nach § 315c StGB

Damit es zu einer Strafbarkeit nach § 315c StGB im Zusammenhang mit Trunkenheit oder Drogen am Steuer (Fahren in einem fahruntüchtigen Zustand) kommt, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen: 

  1. Fahren in fahruntüchtigem Zustand oder rücksichtslose Verkehrsverstöße 
  2. Konkrete Gefährdung 
  3. Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Täters 

Wann liegt ein Fahren im fahruntüchtigen Zustand vor?

Der Täter muss ein 

  1. Fahrzeug 
  2. im Straßenverkehr 
  3. im fahruntüchtigen Zustand 
  4. führen.


1. Was ist ein Fahrzeug?

Der Begriff Fahrzeug meint nicht nur Autos, sondern alle Fortbewegungsmittel, die auf der Straße bewegt werden können. Dazu gehören auch E-Scooter und Fahrräder.  


2. Was bedeutet Straßenverkehr?

Die Tat muss im öffentlichen Straßenverkehr begangen werden, um strafbar zu sein. Der „Straßenverkehr“ ist weit auszulegen und umfasst den gesamten fließenden und ruhenden Verkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen. Dazu gehören auch: 

  1. Öffentliche Straßen, Wege und Plätze
  2. Autobahnen und Bundesstraßen
  3. Land- und Kreisstraßen
  4. Ortsstraßen, Fußgängerzonen, wenn sie für Fahrzeuge freigegeben sind 
  5. Parkplätze, wenn sie öffentlich zugänglich sind

Das entscheidende Kriterium ist die Öffentlichkeit des Verkehrsraums. Maßgeblich ist, ob das jeweilige Gelände für jedermann zugänglich ist. So gilt ein Supermarktparkplatz ohne Schranken als öffentlich, während ein Firmengelände mit Zugangskontrollen als nicht-öffentlich einzustufen ist. 


3. Wann liegt ein Fahruntüchtiger Zustand vor? 

Der häufigste Fall der Fahruntüchtigkeit ist der Rauschzustand durch Alkohol oder andere berauschende Mittel

Beim Alkoholkonsum muss die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit überschritten werden, die beim Autofahren bei 1,1 Promille liegt. Beim Fahrradfahren tritt absolute Fahruntüchtigkeit ab 1,6 Promille ein. Wenn diese Schwellenwerte überschritten werden, kann die Fahruntüchtigkeit nicht widerlegt werden, unabhängig von der tatsächlichen Wirkung auf den Täter. 

Bei einem Blutalkoholwert zwischen 0,3 und 1,09 Promille liegt relative Fahruntüchtigkeit vor. Um innerhalb dieser Promillespanne eine Fahruntüchtigkeit anzunehmen, müssen konkrete, alkoholbedingte Ausfallerscheinungen dazu treten. Dies sind beispielsweise Fahrfehler, wie das Nichteinhalten der Fahrbahnbegrenzung, das Fahren von Schlangenlinien oder extreme Geschwindigkeitsüberschreitungen. Aber auch Wahrnehmungs- und Reaktionsstörungen, wie Orientierungslosigkeit und verlangsamte Reaktionen können solche Ausfallerscheinungen sein. Ausschlaggebend kann auch auffälliges Verhalten gegenüber dritten Personen oder der Polizei, wie lallende Aussprache und ein schwankender Gang sein. 

Aber auch geistige oder körperliche Mängel können zu einem fahruntüchtigen Zustand führen, wie beispielsweise schwere Erkrankungen, Übermüdung, Epilepsie oder starke Sehschwäche. 


4. Was bedeutet „Führen des Fahrzeugs“? 

Ein Fahrzeug wird geführt, wenn es in Bewegung gesetzt wird. Fahrzeugführer ist derjenige, der die Lenkung übernimmt und die Steuergewalt über das Fahrzeug hat. 

Bei E-Scootern muss dieser auch in Betrieb genommen werden. Das Schieben eines E-Scooters ist für § 315c StGB nicht ausreichend.  Dabei ergibt sich insbesondere ein Problem, wenn zwei Personen gemeinsam auf dem E-Scooter stehen. Entscheidend ist, ob die hintere Person aktiv den Lenker festhält und dadurch in die Steuerung eingreift. Ist dies der Fall, kann sie ebenfalls strafrechtlich belangt werden. Ansonsten macht sich nur die vordere, fahrende Person unmittelbar nach § 315c StGB strafbar. Die zweite Person kann jedoch wegen Anstiftung oder Beihilfe belangt werden. Zudem stellt das Fahren zu zweit eine Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 StVO dar.

Das Schieben eines Fahrrads im fahruntüchtigen Zustand erfüllt nicht die Voraussetzungen des „Führen eines Fahrzeuges“. 


Was sind rücksichtslose Verkehrsverstöße? 

Diese Verhaltensweisen sind in § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB aufgezählt. Strafbar ist grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten. Diese Verhaltensweisen werden auch gerne als die „7 Todsünden des Straßenverkehrs“ bezeichnet und liegen vor, wenn der Täter:

  • die Vorfahrt nicht beachtet,
  • falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängenfalsch fährt,
  • an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
  • an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
  • an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
  • auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
  • haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,

Es handelt sich um grobe Verkehrsverstöße, die typischerweise zu Unfällen führen können. Verstöße, die nicht aufgezählt sind, können keine Strafbarkeit nach § 315c StGB begründen. Rücksichtslos handelt der Täter, wenn er bewusst oder aus Gleichgültigkeit gegen Verkehrsregeln verstößt.


Wann liegt eine „konkrete Gefährdung“ vor?  

Unabhängig davon, ob rücksichtslose Verkehrsverstöße begangen werden oder ein Fahren im fahruntüchtigen Zustand vorliegt, muss immer eine konkrete Gefährdung für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für eine wertvolle Sache bestehen.

Eine bloße allgemeine Gefahr reicht nicht aus. Es muss tatsächlich eine kritische Situation eintreten, bei der es nur knapp nicht zu einem Unfall kommt. Ob eine Person oder eine Sache verletzt wird, hängt dann allein vom Zufall ab.


Was sind die subjektiven Anforderungen bei § 315c StGB? 

Der Täter muss wissen, dass er durch seine Handlung eine gefährliche Situation herbeiführt und diese Gefahr in Kauf nehmen. Bei Vorliegen eines fahruntüchtigen Zustandes genügt bereits Fahrlässigkeit, also die Möglichkeit, die Gefahr zu erkennen und somit zu vermeiden. 


Was unterscheidet § 315c StGB von § 316 StGB? 

Bei § 316 StGB geht es ausschließlich um Trunkenheit im Verkehr, also die Teilnahme am Straßenverkehr im alkoholisierten Zustand oder unter Einfluss von Drogen. Dabei ist die Strafbarkeit unabhängig davon, ob eine „konkrete Gefährdung“ vorliegt. Es muss nicht zu einem „Beinahe-Unfall“ kommen, wie bei § 315c StGB, sondern es reicht bereits das Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss aus. § 315c StGB sanktioniert also die konkrete Gefahr, während durch § 316 StGB das Fahren in einem fahruntüchtigen Zustand bestraft werden soll. Die Grenzen der absoluten und relativen Fahruntüchtigkeit sind dieselben. Im Falle der relativen Fahruntüchtigkeit müssen ebenfalls Ausfallerscheinungen vorliegen. 

Bei § 316 StGB droht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. § 315c StGB sieht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Außerdem kommt es häufig in beiden Fällen zu einem Entzug der Fahrerlaubnis. 


Wie sollte ich mich am Tatort verhalten? 

Wenn Sie wegen „besoffenem Fahren“ oder einem anderen Verstoß gegen § 315c StGB angehalten werden, ist es wichtig auf einige Dinge zu achten.

  • Sie sollten sich ruhig verhalten und von Ihrem Schweigerecht bzw. Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen und sich nicht zur Sache äußern. Dadurch verhindern Sie vorschnelle Aussagen, die sich später negativ auswirken könnten. Es gibt keine Verpflichtung zur Selbstbelastung. Es genügt, wenn Sie ihre Personalien, also Name, Adresse und Geburtsdatum angeben. Bedenken Sie: je weniger Sie gegenüber den Behörden sagen, umso mehr Spielraum hat Ihr Verteidiger, um im Rahmen seiner Stellungnahme für sie "kreativ" zu werden. Mehr zum Aussageverweigerungsrecht und zum Zeugnisverweigerungsrecht erfahren Sie in diesem Rechtstipp.
  • Außerdem sollten die Namen und Adressen von sämtlichen Zeugen erfasset werden. Generell ist es vorteilhaft so viel wie möglich zu dokumentieren, z.B. auch durch Fotos, um für das weitere Verfahren möglichst viele verwertbare Informationen und Beweise zu haben. Auch Ihr Beifahrer kann ein Zeugnisverweigerungsrecht geltend machen, wenn er in einem persönlichen oder familiären Verhältnis zu Ihnen steht. Nach § 52 Abs. 1 StPO sind folgende Personen zur Aussageverweigerung berechtigt:
  • Ehegatten und eingetragene Lebenspartner
  • Verlobte
  • Verwandte in gerader Linie => Eltern, Kinder, Enkel
  • Geschwister,
  • Verschwägerte in gerader Linie => z. B. Schwiegereltern, Schwiegerkinder

Wenn der Beifahrer nicht in einer solchen Beziehung zum Fahrer steht und sich nicht selbst strafbar gemacht hat, kann er als Zeuge geladen werden und muss aussagen. Bei einer unwahren Aussage macht sich die Person wegen Falschaussage (§ 153 StGB) strafbar


Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis oder Beschlagnahme / Sicherstellung des Führerscheins

Die Polizei darf bei Straftatverdacht das Fahrzeug durchsuchen und den Führerschein beschlagnahmen, wenn ein dringender Verdacht auf eine Gefährdung des Straßenverkehrs aufgrund der Fahruntüchtigkeit besteht, § 111a StPO. Grundsätzlich ist die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Gericht zu entscheiden, kann aber vorläufig im Wege der Sicherstellung durch die Polizei vorgenommen werden, bis eine endgültige gerichtliche Entscheidung getroffen wird. 


Rechtsmittel / Beschwerde gegen vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis

Gegen die durch ein Gericht angeordnete, vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis kann ohne Fristeinhaltung, aber möglichst bald, Beschwerde eingelegt werden. Diese ist insbesondere dann erfolgreich, wenn die Maßnahmen unverhältnismäßig/ungerechtfertigt waren oder sich aus dem Akteneinhalt kein dringender Tatverdacht zu Ungunsten des Beschuldigten ergibt. Dringender Tatverdacht liegt vor, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer eine Straftat begangen hat.


Wie kann die Blutalkoholkonzentration nachgewiesen werden?

Wenn sie dazu aufgefordert werden einen Atemalkoholtest oder einen Drogenschnelltest durchzuführen, sollten Sie dies verweigern. Diese Tests sind ungenau und ergeben eher ungünstige Ergebnisse, da sie durch falsches Pusten, Atemtechnik oder Restalkohol im Mund verfälscht werden können. 

Für Sie ist die Durchführung eines Blutalkoholtests meist vorteilhafter, da dieser oft mit zeitlicher Verzögerung durchgeführt wird. Dann erfolgt eine Rückrechnung zum Tatzeitpunkt, die meist zu Ihren Gunsten ausfällt. 

Erforderlich für einen Blutalkoholtest grundsätzlich eine Anordnung durch einen Richter, § 81a Abs. 2 StPO, außer wenn die Gefahr im Vollzug besteht, also eine richterliche Anordnung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann und dadurch die Untersuchung gefährdet wird. Dann kann auch die Staatsanwaltschaft oder die Polizei die Anordnung übernehmen. Dies wird im laufenden Verfahren überprüft und bei fehlender Gefahr im Vollzug kann die Beweisverwertung problematisch werden. Die Polizei darf also nur bei konkreten Anhaltspunkten eine Blutentnahme anordnen und nicht rein routinemäßig

Die Durchführung der Blutentnahme hat zwingend durch medizinisches Personal zu erfolgen. Währenddessen sollten Sie sich ruhig verhalten und keinen Widerstand leisten, um nicht noch eine zusätzliche Strafbarkeit z.B. wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu bewirken (§ 113 StGB). 

Kontaktieren Sie in diesem Zusammenhang möglichst bald einen Strafverteidiger. Dieser kann  gezielte Verteidigungsstrategien entwickeln und überprüfen, ob die Blutentnahme rechtmäßig erfolgt ist.  

Auch Tests wie das Gehen auf einer Linie oder der Finger-Nase-Test sind freiwillig und sollten nicht durchgeführt werden. Sie führen zu subjektiven Ergebnissen und können sich negativ für Sie auswirken. 


Mit welcher Strafe ist zu rechnen?

Die Strafe ist abhängig von dem konkreten Verstoß. Wie „real“ war die Gefahr? 

Erfahrungsgemäß werden mindestens 60 Tagessätze Geldstrafe verhängt, wobei die konkrete Strafzumessung im Verhältnis zur Schwere der Tat erfolgt. Dabei entspricht ein Tagessatz einem Dreißigstel des monatlichen Nettoverdienstes des Beschuldigten. Das Gericht schätzt die Höhe der Tagessätze, wenn keine genauen Einkommensangaben vorliegen.
Beispiel: Bei einem monatlichen Nettoverdienst von 1.800,00 Euro liegt ein Tagessatz bei 60,00 Euro. Eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen entspricht dann 3.600,00 Euro. Falls das Gericht Ihr Einkommen überschätzt, kann die Geldstrafe zu hoch angesetzt sein.

Die genaue Strafhöhe ist abhängig von den folgenden Kriterien: 

  • Erststäter oder Wiederholungstäter
  • Fahrlässige Tat oder besonders rücksichtsloses Verhalten
  • Keine Personen-/Sachschäden oder Unfall mit Verletzten 
  • Relative oder absolute Fahruntüchtigkeit 

Bei der Frage, ob es sich um einen Ersttäter handelt, werden nur ähnliche oder gleiche Straftaten berücksichtigt oder solche die in einem engen Zusammenhang mit der aktuellen Tat stehen. Sodass sich eine Verurteilung wegen Diebstahl nicht auf die Strafhöhe bei einem Verstoß gegen § 315c StGB auswirken kann. 

Auch Voreintragungen im Fahreignungsregister können berücksichtigt werden, das beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) geführt wird. 

Neben der Geld- oder Freiheitsstrafe können auch Nebenstrafen verhängt werden. Das sind regelmäßig die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), das Festlegen einer Sperrfrist für die Wiedererteilung des Führerscheins und das Erfordernis einer Medizinisch-Psychologischen-Untersuchung (MPU). Statt der Entziehung der Fahrerlaubnis kann auch ein Fahrverbot ausgesprochen werden nach dessen Ende die Fahrerlaubnis nicht erneut beantragt werden muss. Ein Fahrverbot ist also günstiger als die Entziehung der Fahrerlaubnis. Außerdem werden bisweilen Punkte in das Fahreignungsregister eingetragen (§ 4 StVG) => Punkte in Flensburg

Eine MPU wird immer angeordnet, wenn über 1,6 Promille vorlagen. Zwischen 1,1 und 1,6 Promille kann die Fahrerlaubnisbehörde in freiem Ermessen, also nach eigenem empfinden entscheiden, ob sie eine MPU für sinnvoll und notwendig hält. 

In besonders gravierenden Fällen wie illegalen Straßenrennen oder wiederholten Alkoholfahrten kann auch das Fahrzeug eingezogen werden. (§ 74 StGB, § 315f StGB). 


Strafbefehl oder Hauptverhandlung?

Bei der vorsätzlichen oder fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs handelt es sich um ein häufig vorkommendes Delikt. Sofern die Staatsanwaltschaft den sog. "hinreichenden Tatverdacht" nach §§ 170, 203 StPO bejaht, wird sie entweder

  1. Antrag auf Eröffnung des Hauptverfahrens stellen, also Anklage erheben; oder
  2. Antrag auf Erlass eines Strafbefehls stellen.

Ein hinreichender Tatverdacht besteht, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung wahrscheinlicher ist als ein Freispruch. 

Sofern die Staatsanwaltschaft Antrag auf Eröffnung des Hauptverfahrens stellt, erhalten Sie die Anklageschrift per Post zugestellt. Oft räumt das Gericht noch eine Frist von einer Woche ein, um Einwendungen gegen die Zulassung der Anklage zu stellen. Sofern keine solchen erhoben werden oder diese aus Sicht des Gerichts nicht durchgreifen, wird das Gericht den sog. Eröffnungsbeschluss fassen und zur Hauptverhandlung laden.

Alternativ kann die Staatsanwaltschaft den Erlass eines Strafbefehles beantragen. 

Das Strafbefehlsverfahren ist ein vereinfachtes Verfahren, das Gerichten die Möglichkeit gibt, ohne mündliche Hauptverhandlung eine Entscheidung zu treffen. Das Urteil wird in Form eines Strafbefehls schriftlich erlassen und dem Beschuldigten zugestellt. Dieses Verfahren wird oft bei sog. Vergehen, also weniger schwerwiegenden Straftaten angewandt, um Zeit und Kosten zu sparen. Die Mindeststrafandrohung liegt bei diesen Delikten unter einem Jahr.

Ein Nachteil dieses Verfahrens besteht darin, dass der Beschuldigte in der Regel keine Gelegenheit hat, sich unmittelbar gegenüber dem Gericht zu äußern. Das Gericht stützt seine Entscheidung ausschließlich auf den Inhalt der Ermittlungsakte, was zu Fehlurteilen führen kann, wenn wichtige entlastende Aspekte unberücksichtigt bleiben. Gegen den Strafbefehl kann Einspruch erhoben werden. Es wird dann eine Hauptverhandlung durchgeführt.

Mehr zum Strafbefehl können Sie in diesem Rechtstipp erfahren.


Was sind die Unterschiede zwischen fahrlässiger oder vorsätzlicher Begehung im Rahmen von Trunkenheitsfahrten bei Verdacht des Verstoßes gegen § 315c StGB? 

Fahrlässig handelt, derjenige die übliche Sorgfalt nicht beachtet und dadurch einen Verstoß begeht, der nicht bewusst gewollt war oder vom Täter angestrebt wurde. Dabei wird zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit differenziert. Leichte Fahrlässigkeit erfordert nur einen geringfügigen Verstoß gegen die erforderliche Sorgfalt – z.B.: wenn lediglich ein Glas Wein getrunken wird und der Fahrer sich für voll fahrtüchtig hält. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen schweren Verstoß gegen die erforderliche Sorgfalt voraus, der einem aufmerksamen Menschen nicht passiert wäre. Der Fahrer glaubt, dass er trotz mehrerer „Bierchen“ noch sicher im Straßenverkehr verhalten kann, aber ist tatsächlich erheblich in seiner Reaktionsfähigkeit eingeschränkt. 

Vorsätzlich handelt derjenige, der mit Wissen und Wollen die Tat begeht – sich also bewusst ist, dass durch die alkoholisierte Autofahrt eine erhebliche Gefahr für Personen und Sachen besteht, da er nicht mehr sicher fahren kann und sich trotzdem dafür entscheidet. 

Wird die Tat fahrlässig begangen, dann zahlt grundsätzlich die Haftpflichtversicherung für unfallbedingte Schäden. Leicht fahrlässig begangene Handlungen werden immer übernommen. Bei grober Fahrlässigkeit kann es zu Leistungskürzungen seitens der Versicherung kommen. 

Bei vorsätzlicher Tatbegehung zahlt zwar die Haftpflichtversicherung, nimmt aber im Anschluss den Täter in Regress – sie fordert die gezahlte Summe wieder zurück. 

Gleiches gilt regelmäßig bei der Rechtsschutzversicherung, die in der Regelung nur bei Verurteilungen wegen Fahrlässigkeit zahlt. 

Ob die Tat vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde, ist ebenfalls sehr entscheidend bei der Strafzumessung und ist maßgeblich für die Strafhöhe und Strafart. 

Ziel der Verteidigung ist – sofern eine Verurteilung unumgänglich ist – stets die Fahrlässigkeit nachzuweisen, um eine mildere Strafe zu bewirken und einen Versicherungsschutz zu garantieren. 



Verteidigungsstrategien

Die Verteidigung gegen den Vorwurf der fahrlässigen oder vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung nach § 315c StGB ist stets sehr individuell. Hintergrund ist, dass sich Situationen im Straßenverkehr nur selten gleichen und stets die Eigenheiten des Falles berücksichtigt werden müssen.

Grundsätzlich sollte - bevor sich zu den Vorwürfen geäußert wird - über Ihren Verteidiger Akteneinsicht genommen werden und der Akteninhalt genau durchgegangen werden. U.U. ergeben sich aus der Akte entlastende Merkmale. So scheidet eine Verurteilung wegen § 315c StGB aus, wenn kein Zusammenhang zwischen der Rauschmittelfahrt und einer irgendwie aufgetretenen Gefährdung besteht. 


Fazit

Eine Strafbarkeit nach § 315c StGB setzt nicht nur ein gefährliches Verhalten voraus, sondern auch eine konkrete Gefährdung von Personen oder bedeutenden Sachwerten. Im Vergleich zu § 316 StGB, der bereits das Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss unabhängig von einer Gefährdung ahndet, sind die Anforderungen an eine Verurteilung nach § 315c StGB höher. 

Wer mit einem entsprechenden Vorwurf konfrontiert wird, sollte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen und frühzeitig rechtlichen Beistand hinzuziehen. Die Verteidigungsmöglichkeiten hängen stark von den konkreten Umständen des Falls ab – insbesondere von der Beweislage und der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen. Ein besonnenes und ruhiges Verhalten am Tatort sowie eine sorgfältige Prüfung der Ermittlungsergebnisse können entscheidend für den Ausgang des Verfahrens sein.


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Gerne beraten wir Sie in allen Fragen rund um das Strafrecht und vertreten Sie in NRW (Bonn, Euskirchen, Sankt Augustin, Sinzig, Koblenz, Hürth etc. und im Raum Köln) sowie bundesweit. Sofern Sie also einen Anhörungsbogen wegen fahrlässiger oder vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB erhalten, kommen Sie unverzüglich auf uns zu.

Kontaktieren Sie uns - gerne über das Kontaktformular bei anwalt.de oder über die Internetpräsenz unserer Kanzlei.


Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel stellt keine vollständige rechtliche Beratung dar und ersetzt nicht das persönliche Gespräch mit einem  Anwalt.