In letzter Zeit kommt es nach unverschuldeten Unfällen vermehrt dazu, dass der gegnerische Haftpflichtversicherer eine Zahlung verweigert mit dem Argument, an dem Fahrzeug sei ein Vorschaden vorhanden, dessen Reparatur nicht nachgewiesen sei.
Nun verhält es sich so, dass ein Versicherer grundsätzlich eine Zahlung verweigern kann, wenn an der gleichen Schadensstelle bereits eine Schaden vorhanden ist und dieser nicht repariert wurde. Schließlich soll der Geschädigte an einem Schaden auch nicht doppelt verdienen. Allerdings verweigern die Versicherer oftmals bei bloßer Kenntnis über einen Vorschaden die Regulierung, ohne dem Geschädigten die Möglichkeit geben sich zu entlasten. Zu dieser Darlegungslast hat der BGH nun entschieden.
In dem vor dem BGH verhandelten Fall, verlangte der Kläger Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall. Es bestand Streit über den Umfang der durch den Unfall verursachten Schäden. Ebenso bestand der Verdacht, dass das Unfallereignis manipuliert worden ist. In einem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten wurde vor dem Landgericht festgestellt, dass die Schäden nur teilweise kompatibel sind, weshalb der Kläger die abgrenzbaren, dem Schadensereignis zuzuordnenden Schäden aus dem Gutachten weiter geltend machte.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen mit der Begründung, es sei keine genaue Abgrenzung erfolgt. Dem ist der BGH entgegengetreten. Laut dem BGH ist keine weitere Darlegung zur Abgrenzung der Beschädigungen zwischen Altschäden und neu eingetretenen Schäden notwendig, da der vom Gericht beauftragte Sachverständige bereits Ausführungen dazu getätigt hat. Es genügt also, wenn der Kläger sich auf dieses Gutachten bezieht. Darauf aufbauend hätte eine Kalkulation der unfallbedingten Schäden erfolgen können und müssen. Dies folgt aus § 287 ZPO, der dem Geschädigten nicht nur die Beweisführung, sondern bereits die Darlegung des unfallbedingt entstandenen Schadens erleichtert. Damit kann sich der Geschädigte sich zur Aufklärung seines Schadens eines gerichtlich bestellten Sachverständigen bedienen.
Der BGH setzt damit seine Rechtsprechung zur Vorschadensproblematik fort und erleichtert dem Geschädigten eine Beweisaufnahme. Schon im seinem Urteil vom 15.10.2019, AZ.: VI ZR 377/18 hatte er entschieden, dass dem Geschädigten eine Beweisaufnahme nicht verwehrt werden darf, wenn dieser vorträgt, über einen Vorschaden keine Kenntnis gehabt zu haben und beim Erwerb des Fahrzeuges vom Vorbesitzer über das Vorhandensein eines Vorschadens getäuscht worden zu sein.