In gastronomischen Betrieben ist Bargeld nach wie vor die beliebteste Zahlungsmethode. Bargeldzahlungen sind für viele Gäste von Vorteil, da sie vor kommerzieller Überwachung schützen und ein Mittel der Budgetkontrolle ist. Für den Gastronom stellen Bargeldgeschäfte allerdings ein erhebliches Risiko dar. Gastronomische Betriebe mit hohen Barumsätzen werden von den Finanzbehörden allein aus diesem Grund als generell verdächtig und steuerunehrlich angesehen. Die Finanzämter stufen sie deshalb als Risikobranche ein. Das Risiko und die Häufigkeit einer Betriebsprüfung ist bei Gastronomen deutlich höher als bei Unternehmen ohne hohes Bargeldaufkommen. Die Prüfungswahrscheinlichkeit ist in großen Restaurants wie in Imbissbuden gleichermaßen vorhanden. Alle gastronomischen Betriebe sind gefährdet.
Kassen-Nachschau
Betriebsprüfungen kommen plötzlich und unangemeldet. Die Finanzbehörden sind gem. § 146b AO legitimiert, ohne jeglichen Anfangsverdacht, ohne Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung zu den üblichen Geschäftszeiten sogenannte Kassen-Nachschauen durchzuführen.
Bei der Kassen-Nachschau handelt es sich um ein eigenständiges Kontrollinstrument zur zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Erfassung von Geschäftsvorfällen, insbesondere Kassenaufzeichnungen. Der Kassen-Nachschau unterliegen u. a. elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen, App-Systeme, Waagen mit Registrierkassenfunktion und offene Ladenkassen. Gerade die in kleineren gastronomischen Betrieben immer noch gerne genutzte „offene Ladenkasse“ mit einer summarischen retrograden Ermittlung der Tageseinnahmen ist für Betriebsprüfer oft ein gefundenes Fressen, da sie sehr fehleranfällig ist und oft nicht mit der ausreichenden Sorgfalt geführt wird. Auch die Verwendung veralteter, nicht manipulationssicherer Kassensysteme sind ein Problem, da diese nicht mehr verwendet werden dürfen.
Folgen der Kassen-Nachschau
Sobald bei der Kassen-Nachschau Fehler gefunden werden, kann von der Kassen-Nachschau ohne weitere Prüfungsanordnung zu einer Außenprüfung übergegangen werden.
Bei einer Außenprüfung nehmen die Finanzprüfer das gesamte Unternehmen auseinander. Die geschulten Prüfer wissen genau um die neuralgischen Fehlerquellen im Gastronomiebereich. Sie fokussieren sich deshalb auf folgende Punkte:
- Überprüfung der Kassensysteme mit Augenmerk auf Feststellung von Kassenfehlbeträgen
- Überprüfung der Personalstruktur auf Schwarzarbeit und Mindestlohn
- Plausibilität des Einkaufs im Verhältnis zum Verbrauch
- Verhältnis verkaufte Speisen zu verkauften Getränken i.d.R. 70/30
- Plausibilität des Einkaufs für betriebliche Zwecke
Schätzungsbefugnis der Finanzbehörde
Wenn die Finanzbehörden Mängel in der Buchführung feststellen, sind die Konsequenzen für die Betroffenen meist verheerend. Mitunter reichen sogar formelle Mängel (wie z.B. Fehler bei den Aufzeichnungspflichten) aus, um den Finanzbehörden eine Schätzungsbefugnis zu eröffnen.
Die Konsequenzen können von einer Hinzuschätzung bis zu einer Vollschätzung reichen. Dabei wendet der Betriebsprüfer eine von zahlreichen Schätzungsmethoden an. Ein Standardinstrument zur Berechnung ist der Betriebsvergleich. Dabei wird das steuerliche Ergebnis eines Betriebes mit den Ergebnissen anderer Betriebe der Branche verglichen. Zum Einsatz kommt dabei die sogenannte „amtliche Richtsatzsammlung“, welche jährlich vom Bundesfinanzministerium veröffentlicht wird.
Verteidigung gegen falsche und zu hohe Schätzungen
Hinzuschätzungen können nur dann erschüttert werden, wenn ihnen substantiierte Einwendungen entgegengehalten werden. Die Fehlerhaftigkeit der Berechnung der Finanzbehörde muss dabei so genau wie möglich dargelegt werden. Dies kann zum Beispiel mit einer Gegenkalkulation erfolgen.
Die Erfolgschancen, auf diese Weise die Behauptungen der Finanzbehörden zu erschüttern, sind unserer Erfahrung nach bei frühzeitiger Einschaltung eines auf diesem Gebiet qualifizierten Beraters sehr gut.
Verteidigung gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung
In der Gastronomie treten bei mehr als der Hälfte der Betriebsprüfungen Anhaltspunkte auf, die die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gem. § 370 AO rechtfertigen. Das Besteuerungsverfahren läuft dabei getrennt und parallel zum Steuerstrafverfahren, so dass die Gefahr eines Steuerstrafverfahrens von den Betroffenen erstmal gar nicht erkannt wird, da die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens oft erst im Laufe der Betriebsprüfung erfolgt.
Die Schätzung der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren darf vom Strafgericht nicht ungeprüft übernommen werden. Im Strafprozess muss der Hinterziehungsbetrag nachgewiesen werden. Dies eröffnet erhebliche Verteidigungsansätze bei der Feststellung der Höhe der hinterzogenen Steuern.
Im Strafrecht orientiert sich das Strafgericht bei der festzusetzenden Geld- und/oder Freiheitsstrafe zuallererst an der Höhe der hinterzogenen Steuern. Umso besser es gelingt die Höhe der hinterzogenen Steuern zu reduzieren, desto geringer wird die strafrechtliche Sanktion ausfallen. Dies kann dem Betroffenen unter Umständen einen Gefängnisaufenthalt ersparen.
Verteidigung gegen andere strafrechtliche Vorwürfe
Das Vorgesagte gilt umso mehr, wenn im Rahmen der Außenprüfung noch weitere Vorwürfe auftauchen. Ein oft in diesem Zusammenhang auftretender Tatbestand ist das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB bei Schwarzarbeit oder Mindestlohnunterschreitungen. Die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge berechnen sich nach dem gesetzlichen Mindestlohn und können sich bei mehreren nicht oder falsch (Stichwort Minijobber) angemeldeten Mitarbeitern schnell zu großen nachzuentrichtenden Summen anhäufen. Die Ermittlungen in diesem Bereich werden nicht von den Finanzbehörden allein geführt, sondern zusammen mit den Zollbehörden (Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit).
Die für solche Vorwürfe ausgesprochenen Strafen sind regelmäßig hoch und bewegen sich, vor allem kumuliert mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung, schnell in den Bereich einer Freiheitsstrafe.
Eine frühzeitig eingeschaltete Verteidigung kann helfen die oftmals falschen Berechnungen der Zollbehörden zu korrigieren und mit den Sozialversicherungsträgern einen Ausgleich zu finden.
Vermeidung weiterer Folgen
Im Falle strafrechtlicher Verurteilungen wird automatisch die Aufsichtsbehörde informiert, was eine Überprüfung der gaststättenrechtlichen Zuverlässigkeit nach sich zieht. Diese kann im Falle strafrechtlicher Verurteilungen als beeinträchtigt angesehen werden. Ein versierter Verteidiger wird immer auch die gaststättenrechtlichen Konsequenzen im Blick behalten.