Achtung bei Zustellungen italienischer Bußgeldbescheide
In den letzten Jahren haben zahlreiche italienische Gemeinden begonnen, Verkehrssanktionen verstärkt zu verhängen – nicht selten mit dem Ziel, die Gemeindekassen zu füllen. Viele dieser Bußgeldbescheide werden jedoch fehlerhaft zugestellt und verstoßen damit gegen internationale Vorschriften, insbesondere gegen das Straßburger Übereinkommen von 1977.
🔍 Der rechtliche Rahmen
Bußgelder wegen Verkehrsverstößen stellen verwaltungsrechtliche Geldsanktionen dar. Innerhalb der Europäischen Union gilt das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung solcher Geldsanktionen.
Das bedeutet: Wenn ein deutscher Staatsbürger einen Bußgeldbescheid aus Italien erhält, kann dieser grundsätzlich auch in Deutschland vollstreckt werden – allerdings nur dann, wenn er ordnungsgemäß zugestellt wurde.
❗️Fehlerhafte Zustellung = unwirksam
Gemäß Artikel 2 des Übereinkommens über die Zustellung von Schriftstücken im Ausland (Straßburg 1977) darf ein italienischer Bußgeldbescheid nicht direkt per Post an eine Privatperson mit Wohnsitz in Deutschland zugestellt werden.
Vielmehr ist die Zustellung ausschließlich über die zentrale Behörde des Empfängerstaates vorzunehmen – in Deutschland sind dies die jeweiligen Regierungspräsidien.
Die italienische Rechtsprechung hat bestätigt, dass Zustellungen ohne Mitwirkung dieser Behörden unwirksam sind. So urteilte z. B. der italienische Kassationsgerichtshof mit Urteil Nr. 2866/2021, dass eine derartige Zustellung nichtig ist.
⚠️ Wichtig: Diese Unwirksamkeit muss innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fristen gerichtlich geltend gemacht werden. Erfolgt keine fristgerechte Anfechtung, wird das Bußgeld rechtskräftig und vollstreckbar – auch in Deutschland.
📅 Fristen und Anfechtungsmöglichkeiten
Zustellfristen:
60 Tage bei Zustellung innerhalb Italiens
360 Tage bei Zustellung an Personen mit Wohnsitz im Ausland
Achtung: Maßgeblich ist nicht das Datum der tatsächlichen Zustellung an den Empfänger, sondern der Tag, an dem der Bescheid bei der italienischen Post aufgegeben wurde.
Zwei Möglichkeiten zur Anfechtung:
Einspruch beim Friedensrichter (Giudice di Pace) Frist: 30 Tage ab Zustellung
▸ Es können formelle und materielle Einwendungen vorgebracht werden
▸ Gerichtsverfahren, Möglichkeit der Erstattung von Rechtskosten bei ObsiegenEinspruch bei der Präfektur (Prefetto) Frist: 60 Tage ab Zustellung
▸ Es können nur formelle Mängel des Bescheids geltend gemacht werden
▸ Verwaltungsverfahren, kostenfrei, aber kein Kostenerstattungsanspruch
▸ Bei Ablehnung: automatische Verdopplung des Bußgeldbetrags
🕓 Was passiert bei Untätigkeit der Behörde?
Die Behörde hat 210 Tage (bzw. 180 Tage, wenn der Einspruch über die Polizei eingereicht wird) Zeit, eine Entscheidung zu treffen.
Anschließend gilt eine weitere Frist von 150 Tagen für die Zustellung der Entscheidung an den Betroffenen.
Wenn innerhalb von maximal 360 Tagen ab Eingang des Einspruchs keine Mitteilung erfolgt, gilt der Grundsatz des „stillschweigenden Stattgebens“:
🔄 Der Einspruch wird automatisch als angenommen gewertet, das Bußgeld gilt als aufgehoben.
Unsere Unterstützung für Sie
Die deutsch-italienische Kanzlei Rechtsanwalt Alessandro Tedesco bietet Ihnen umfassende Unterstützung bei der Prüfung und Anfechtung italienischer Bußgeldbescheide:
✅ Prüfung der Zustellungsform auf Rechtswirksamkeit
✅ Fristwahrende Einlegung von Einsprüchen
✅ Vertretung vor italienischen Verwaltungs- und Zivilgerichten
✅ Zweisprachige Kommunikation in Deutsch und Italienisch
Vermeiden Sie eine rechtskräftige, unrechtmäßige Forderung und lassen Sie sich rechtzeitig beraten.
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