Nach der Einführung des KCanG am 1. April 2024 haben sich viele - auch die Bundesregierung - die Frage gestellt, wie sich der Konsum von Cannabis auf die Fahrtüchtigkeit beim Führen von Kraftfahrzeugen auswirkt.

Bislang lag der von der Rechtsprechung etablierte Grenzwert bei 1 Nanogramm je Milliliter THC im Blut. Es war abzusehen, dass dieser Grenzwert nach der Einführung des KCanG nicht zu halten ist. Bereits beim Verkehrsgerichtstag 2022 haben sich die dortigen Experten für eine angemessene Heraufsetzung des Grenzwertes ausgesprochen. Hintergrund war, dass der bislang geltende Grenzwert von 1 ng/ml THC viel zu niedrig sei und, dass eine Minderung der Fahrsicherheit bei vielen Betroffenen nicht mehr vorläge.

So hat der Bundestag am vergangenen Donnerstag (06.06.2024) ein Gesetz beschlossen, wonach der THC-Grenzwert auf 3,5 ng/ml THC im Blut heraufgesetzt wurde. Dieser neue THC-Grenzwert soll mit 0,2 Promille Alkohol vergleichbar sein. Diesen Grenzwert hatte bereits eine im März eingesetzte Expertenkommission des Verkehrsministeriums vorgeschlagen. So verwundert es auch nicht, dass Gerichte sich seitdem an diesem vorgeschlagenen Grenzwert orientieren. Bereits Anfang April hat das AG Dortmund einen Autofahrer mit einer Konzentration von 3,1 ng/ml freigesprochen (Ort. v. 11.04.2024, Az. 729 OWi-251 Js 287/24-27/24).


Ab wann gilt der neue Grenzwert?

Der neue THC-Grenzwert dürfte im Sommer in Kraft treten. Der Bundesrat werde voraussichtlich am 5. Juli über das Gesetz beraten, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums am Freitag.  Das Gesetz tritt dann mit seiner Verkündung in Kraft, ein Termin hierzu ist aber noch nicht bestimmt.


Bußgeld und Fahrverbot bei Verstößen

Wer künftig vorsätzlich oder fahrlässig mit 3,5 ng/ml THC oder mehr hinter dem Steuer sitzt, riskiert in der Regel ein Bußgeld in Höhe von 500,00 EUR und einen Monat Fahrverbot. Eingerechnet ist dabei auch ein Zuschlag für Messfehler.

Bei der Überschreitung von 3,5 ng/ml THC gilt beim Führen von Fahrzeugen ein absolutes Alkoholverbot. Kommt zum Konsum von Cannabis also auch noch Alkohol dazukommt und die Schwelle von 3,5 ng/ml THC wird überschritten, sollte lieber die Finger von Alkohol lassen. Unabhängig vom Promillewert ist der neu eingeführte Tatbestand der Ordnungswidrigkeit dann erfüllt und es droht ein Bußgeld in Höhe von 1.000,00 EUR und ein Monat Fahrverbot.

Für Fahranfänger ändert sich nicht wirklich viel. Wie auch schon bei Alkohol heißt es: In der zweijährigen Führerschein-Probezeit und für unter 21-Jährige gilt ein Cannabis-Verbot - der Grenzwert von 3,5 greift also nicht. Verstößt man gegen diese Regelung, kommt ein Bußgeld von 250 Euro hinzu.


Ermittlung der THC-Konzentration

In der Regel werden Verkehrsteilnehmer von der Polizei angehalten und kontrolliert. Dabei schaut sich die Polizei zunächst das Erscheinungsbild der Autofahrer an. Typische Merkmale für einen. Cannabis-Konsum sind dabei: Gibt es Hinweise für einen Cannabis-Konsum? Gerötete Augen? Erweiterte Pupillen? Oder liegen konkrete Ausfallerscheinungen vor? Verwaschene Sprache, benommen, oder sogar Schlangenlinien gefahren? Im schlimmsten Fall sogar einen Unfall verursacht?


Gibt es Anzeichen dafür, dass zu viel Cannabis konsumiert wurde, kann die Polizei einen Speicheltest durchführen. Im Speichel ist THC mehrere Stunden nachweisbar. Fällt der Speicheltest positiv aus oder gibt es Anzeichen von Ausfallerscheinungen, kann zusätzlich eine Blutprobe genommen werden. Der Speicheltest allein ist jedoch kein taugliches Beweismittel, sondern stellt einen Indikator für einen THC-Konsum dar. Als Beweismittel kann lediglich der Nachweis von THC im Blutserum durch die Analyse in einem Labor herangezogen werden.


Die Nachweisbarkeit von THC im Blut hängt unter anderem davon ab, wer es konsumiert, wie er es konsumiert und wie oft. Wird Cannabis geraucht oder inhaliert, gelangt THC nahezu unmittelbar ins Blut und erreicht innerhalb weniger Minuten seine Höchstkonzentration. Danach fällt diese stark ab und halbiert sich teilweise innerhalb von 45 bis 60 Minuten. Wichtig ist doch zu beachten, dass der Abbau von THC im Blut abhängig ist von der Regelmäßigkeit des Konsums. Wer nur gelegentlich Cannabis konsumiert, wird im Blut rund sechs Stunden lang Konzentrationen von mehr als 1 ng/ml THC haben. Bei regelmäßigem Konsum wird THC im Gewebe gespeichert, und durch eine langsame Rückverteilung ins Blut kann es Tage dauern, bis dieser Wert unterschritten wird.


Was gilt für Fahrradfahrer und die Benutzung von E-Scootern?

Stellt die Polizei bei einer Kontrolle fest, dass der Angehaltene unter Cannabiseinfluss steht, hat das zunächst keine Konsequenzen. Denn bislang gibt es keinen Grenzwert, der das Fahrradfahren oder Führen von E-Scootern unter Einfluss der legalen Droge verbietet oder gar strafbar macht.


Ludmilla Melcher LL.M. 

Rechtsanwältin | Strafverteidigerin