Nach der Gründung von Anbauvereinen findet sich auf Platz 2 der beliebtesten Rechtsfragen der mögliche Handel mit Samen und Stecklingen. Der private Eigenanbau und Anbau in Cannabis Social Clubs führt zu einer großen Nachfrage nach so genanntem „Vermehrungsmaterial“, also Samen und Stecklingen. Hierin liegt ein Geschäft, dass man ungern ausländischen Anbietern wie SensiSeeds oder Royal Queen Seeds überlassen will. Ist der gewerbliche Handel mit Samen und Stecklingen in Deutschland also erlaubt?


Was sagt das Cannabisgesetz?


Das Cannabisgesetz regelt diese Frage nur unzureichend. Es gilt der Grundsatz, dass alles erlaubt ist, was nicht verboten ist. Verbietet also das Cannabisgesetz den Verkauf von Vermehrungsmaterial? § 4 CanG bestimmt zunächst, dass der Umgang mit Cannabissamen erlaubt ist, sofern diese nicht zum unerlaubten Anbau bestimmt sind. Anbauvereinigungen (Cannabis Social Clubs) ist die Abgabe von Vermehrungsmaterial an Mitglieder und volljährige Nichtmitglieder in Grenzen gestattet: höchstens sieben Samen oder fünf Stecklinge pro Monat.


Weitergehende Regelungen enthält das Cannabisgesetz nicht, so dass man feststellen darf: Gegen den gewerblichen Handel mit Samen und Stecklingen bestehen keine rechtlichen Einwände. Das Risiko, zu einem unerlaubten Anbau beizutragen, kann der zukünftige Händler mit einfachen Disclaimern ausschließen: Kein Verkauf an Jugendliche, Verkauf nur für den privaten Eigenanbau von maximal drei weiblichen Pflanzen pro volljähriger Person oder für den Anbau in Vereinigungen, die hierfür eine entsprechende Erlaubnis nach §§ 11 ff. CanG besitzen. Das Cannabisgesetz eröffnet damit einen völlig neuen und möglicherweise sehr lukrativen Geschäftszweig.


Was sagt das Bundesgesundheitsministerium?


Das Bundesgesundheitsministerium betont zwar seine Auffassung, dass der Handel mit Stecklingen nicht erlaubt sei. Der Verfasser dieses Artikels vertritt dagegen die Auffassung, dass ein solches Verbot politisches Wunschdenken ist, aus dem Cannabisgesetz gerade nicht hervorgeht und keine rechtliche Grundlage hat. Zwar ist das Handeltreiben mit Cannabis verboten (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 CanG), und unter „Cannabis“ fallen auch Pflanzen (§ 1 Nr. 8 CanG), jedoch ist Vermehrungsmaterial ausdrücklich ausgeschlossen von der Begriffsbestimmung (§ 1 Nr. 8 c) CanG). Stecklinge sind somit kein „Cannabis“ im Sinne des Gesetzes und fallen damit auch nicht unter das Verbot des Handeltreibens.


Das Cannabisgesetz ist juristisches Neuland. Die Berliner Kanzlei Dr. Späth & Partner ist seit über 20 Jahren im Bereich Verbraucherschutz tätig und vertritt seit 2017 gewerbliche Mandanten aus dem Bereich „Medizinisches Cannabis und CBD“, insbesondere in Fragen der arzneimittelrechtlichen Zulassung, regulatorischen Anforderungen und Eintritt in den deutschen Markt. Sie hat den Gesetzgebungsvorgang von Beginn an intensiv beobachtet und hilft mit ihrer Expertise bei Antragstellung und Beratung.