Die Ausgangslage:
Geduldete Ausländer, die sich am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet oder gestattet in Deutschland aufgehalten haben, steht seit 2023 die Möglichkeit offen, eine einmalige, befristete Aufenthaltserlaubnis zu erlangen, die dann aber – wenn man die Chance nutzt – zu einer längerfristigen Aufenthaltserlaubnis wegen nachhaltiger Integration führen kann.
Das Problem:
Leider wurde wohl in vielen Fällen diese Chance nicht genutzt, insbesondere, weil die Antragsteller den Chancenaufenthalt – oft ohne anwaltliche Hilfe und Beratung – beantragten, ohne sich über die Voraussetzungen, die Möglichkeiten und die Folgen genauer zu informieren.
Der Chancen-Aufenthalt wird nur vorübergehend gewährt, um die Voraussetzungen für eine weitere Aufenthaltserlaubnis wegen nachhaltiger Integration erst zu ermöglichen und die fehlenden Dokumente zu besorgen. Auch bietet der Chancen-Aufenthalt für Menschen, die über ihre Identität getäuscht haben, in sehr engen Grenzen die Möglichkeit, sich von dieser Lebenslüge zu befreien. Allerdings ist hier mit besonderer Vorsicht und Sorgfalt vorzugehen. Insbesondere darf die Identitätstäuschung nicht wiederholt erfolgen. So hätten man z.B. als pakistanischer Geduldeter vielleicht versuchen können, die Chance zu nutzen, wenn man jahrelang aus Verzweiflung angegeben hatte, Rohingya aus Myanmar zu sein.
Auch muss die Zeit des Chancen-Aufenthalt dafür genutzt werden, fehlende Voraussetzungen für einen weiteren Aufenthalt (wegen nachhaltiger Integration) zu besorgen und der Ausländerbehörde nachzuweisen. Viele haben sich hierüber keine Gedanken gemacht und die Zeit ungenutzt verstreichen lassen.
Der Rechtstipp 1.)
Der Bayerischer Verwaltungsgerichtshof hat in einer neuen Entscheidung nochmals eine Tür geöffnet, um über den Weg der Ermessensduldung einige der fehlenden Voraussetzungen doch noch nachzuweisen (vgl. VGH München, Beschluss v. 06.03.2025 – 19 CE 24.1915), wenn die Ausländerbehörde selbst nur fehlerhaft über die Folgen des Chancen-Aufenthalt aufgeklärt hat. So kann in Einzelfällen die vergebene Chance des Chancen-Aufenthalt vielleicht noch einmal gerettet werden.
Der Rechtstipp 2.)
Wer zum ersten Mal den Chancen-Aufenthalt beantragt, sollte sich überlegen und beraten lassen, ob nun der Zeitpunkt gekommen ist, hier eine Chance zu nutzen, wenn er bislang über seine Identität getäuscht hat.