1. Einleitung: Sanktionen und ihre Auswirkungen auf Russland-Deutschland-Transaktionen
Am 24. Februar 2022 begann Russland unter der Führung von Machthaber Putin einen verheerenden Angriffskrieg gegen die Ukraine, was zu einer entschlossenen Reaktion der Europäischen Union führte. Insbesondere Deutschland spielte eine maßgebliche Rolle bei der Verhängung von Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen Russland. Diese Sanktionen haben weitreichende Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und betreffen nicht nur Unternehmen und Einzelpersonen, die direkt mit Russland verbunden sind, sondern auch solche, die in der Vergangenheit geschäftliche oder private Verbindungen zu Russland hatten oder dort Vermögen besitzen. Auch Menschen, die Putins Krieg ablehnen oder sich nicht unter dem russischen Regime aufhalten möchten, haben es schwer, ihr Vermögen abzuziehen. Seit Beginn des Krieges sind direkte Überweisungen von russischen Konten auf europäische Konten erheblich erschwert, wenn nicht gar unmöglich geworden.
Doch bedeutet das, dass sämtliche Transaktionen zwischen Russland und Deutschland aufgrund der Sanktionen verboten sind? Und gibt es Ausnahmen oder legale Wege, um Transaktionen und Geldtransfers zwischen Russland und Deutschland sicher durchzuführen?
2. Aktuelle Rechtslage: Was ist erlaubt und was ist verboten?
2.1. Was ist grundsätzlich verboten?
Verstöße gegen die EU-Sanktionen stellen schwerwiegende Straftaten dar, die in Deutschland vor allem durch das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) sowie durch das Strafgesetzbuch (StGB) in Bezug auf Geldwäsche geregelt sind. Insbesondere § 18 und § 19 des Außenwirtschaftsgesetzes sowie § 82 der Außenwirtschaftsverordnung sind in diesem Zusammenhang relevant. Darüber hinaus ist der § 261 StGB über Geldwäsche von Bedeutung, da seit der Gesetzesänderung im Jahr 2021 jede rechtswidrige Tat als Vortat für Geldwäsche gilt („All-Crimes-Ansatz“) – dies umfasst auch Verstöße gegen die EU-Sanktionen, die als Grundlage für eine strafbare Handlung dienen können.
Es ist allerdings wichtig klarzustellen, dass der Zahlungsverkehr zwischen Russland und Deutschland nicht grundsätzlich verboten ist. Es gibt kein allgemeines Totalembargo, sondern gezielte Sanktionen, die nur bestimmte Personen und Institutionen betreffen. Ziel der EU-Sanktionen ist es, den wirtschaftlichen Druck auf das russische Regime zu erhöhen, ohne die gesamte europäische Wirtschaft zu destabilisieren. Somit sind nicht alle Geschäftsbeziehungen mit Russland untersagt, sondern nur jene, die mit sanktionierten Personen oder Unternehmen in Verbindung stehen.
2.2. Welche Transaktionen sind betroffen?
Die Sanktionsverordnungen der EU, die in Deutschland unmittelbare Wirkung entfalten, beinhalten verschiedene Beschränkungen, insbesondere Transaktionsverbote von und an natürliche oder juristische Personen, die auf den EU-Sanktionslisten stehen. Dies betrifft vor allem russische Banken, die vom internationalen SWIFT-System ausgeschlossen wurden, und Unternehmen in Sektoren wie der Öl- und Gasindustrie, Luxusgütern, Hochtechnologien, und andere Güter, die zur Stärkung der industriellen Kapazitäten Russlands genutzt werden können.
Daher ist es für Unternehmen und Privatpersonen, die Gelder von und nach Russland überweisen möchten, entscheidend, genau zu prüfen, ob ihre Transaktionen auf einer Sanktionsliste stehende Personen oder Güter betreffen. Dabei müssen insbesondere die Ein- und Ausfuhrverbote für bestimmte Güter wie Elektronik, Luxusartikel oder Hochtechnologie beachtet werden.
2.3. Anforderungen an Transaktionen im Detail
Trotz der Sanktionen sind Zahlungen zwischen nicht sanktionierten Personen unter bestimmten Bedingungen grundsätzlich weiterhin möglich. Insbesondere müssen Transaktionen über russische Banken abgewickelt werden, die nicht vom SWIFT-System ausgeschlossen sind. Außerdem müssen die Zahlungen einem rechtlich legitimen, nicht sanktionierten Zweck dienen. Dies bedeutet, dass bei kommerziellen Zahlungen immer auch die Einhaltung von Ein- und Ausfuhrverboten für bestimmte Waren und Technologien beachtet werden muss.
Ein wichtiger Punkt ist auch, dass viele Finanzinstitute Obergrenzen für Überweisungsbeträge festgelegt haben, die je nach Bank und Land unterschiedlich ausfallen können. Diese Obergrenzen dienen dazu, die Kontrolle und Compliance zu gewährleisten und die Risiken im internationalen Zahlungsverkehr zu minimieren.
2.4. Banken, die nicht vom SWIFT-System ausgeschlossen sind
Die EU hat mehrere russische Banken vom SWIFT-System ausgeschlossen, was ihre Fähigkeit, internationale Transaktionen durchzuführen, erheblich einschränkt. Allerdings sind nicht alle russischen Banken betroffen. Besonders ausländische Banken, die auch Niederlassungen in Russland betreiben, sind nach wie vor in der Lage, Transaktionen zwischen Russland und Deutschland durchzuführen. Hierzu gehören beispielsweise Filialen der OTP Bank, der Raiffeisenbank und der Unicredit Group, die weiterhin Zugang zum SWIFT-System haben und für grenzüberschreitende Zahlungen genutzt werden können.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass sich die Situation durch neue Sanktionen oder Gegenmaßnahmen jederzeit ändern kann. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, vor jeder Transaktion die aktuellen Vorschriften und Bestimmungen zu prüfen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, um Compliance-Risiken zu vermeiden.
3. Praktische Probleme beim Geldtransfer
Obwohl es theoretisch möglich ist, Geldtransfers von Russland nach Deutschland unter den gegebenen gesetzlichen Vorgaben durchzuführen, zeigen sich in der Praxis erhebliche Probleme:
a) Russische Banken: Viele russische Banken haben aufgrund der Maßnahmen der russischen Regierung keine Berechtigung mehr, Transaktionen mit westlichen Banken durchzuführen. Dies führt dazu, dass Gelder, die nach Deutschland transferiert werden sollen, teilweise eingefroren oder blockiert werden.
b) Deutsche Banken: Auch deutsche Banken meiden oft Transaktionen mit Russland, da die bestehenden Compliance-Anforderungen und die Unsicherheit bezüglich der Rechtslage einen hohen Aufwand bedeuten. Viele Banken haben aus diesem Grund den Zahlungsverkehr mit Russland eingestellt oder blockieren verdächtige Zahlungen von vornherein, um mögliche Verstöße gegen die EU-Sanktionen zu vermeiden.
4. Legale Alternativen für den Geldtransfer
Es gibt jedoch Möglichkeiten, den schwierigen direkten Geldtransfer zu umgehen und trotzdem innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen zu bleiben:
a) Transfers über Drittstaaten: Eine der am häufigsten genutzten Alternativen ist der Transfer über ein Drittland. Länder wie die Türkei bieten eine neutrale Plattform für Geldtransfers, die sowohl mit russischen als auch mit deutschen Banken zusammenarbeiten. Solche Transaktionen haben sich als praktikable Lösung erwiesen, da sie nicht direkt in den EU-Sanktionen involviert sind. Allerdings können auch hier neue rechtliche Entwicklungen die Lage schnell ändern.
b) Kryptowährungen: Kryptowährungen bieten eine weitere Option für den internationalen Geldtransfer. Diese Zahlungsmethode ist jedoch nicht risikofrei. Beim Umtausch von Kryptowährungen können erhebliche finanzielle Verluste entstehen, und auch in Bezug auf die EU-Verordnungen gibt es weiterhin rechtliche Unsicherheiten. Wer diesen Weg in Betracht zieht, sollte sich unbedingt vorher ausführlich beraten lassen, um mögliche Risiken zu minimieren.
5. Fazit: Was ist bei Transaktionen von Russland nach Deutschland zu beachten?
5.1. Rechtslage und Verbote
Zahlungen und Geldtransfers von und nach Russland sind nicht grundsätzlich verboten, aber Transaktionen, die mit sanktionierten Personen oder Institutionen zu tun haben, sind untersagt. Auch Transaktionen, die Einfuhr- und Ausfuhrverbote für bestimmte Waren betreffen, sind nicht zulässig.
5.2. Anforderungen an Transaktionen
Transaktionen zwischen nicht sanktionierten Personen sind grundsätzlich möglich, jedoch nur unter strengen Auflagen: Die Zahlungen müssen über Banken erfolgen, die nicht vom SWIFT-System ausgeschlossen sind, und sie müssen einen rechtlichen, nicht sanktionierten Zweck verfolgen.
5.3. Probleme in der Praxis
In der Praxis bestehen erhebliche Hindernisse: Viele russische Banken haben den Zahlungsverkehr mit westlichen Ländern eingestellt, und auch deutsche Banken verweigern oft die Durchführung von Zahlungen aufgrund der strengen Compliance-Vorgaben und rechtlichen Unsicherheiten.
5.4. Legale Alternativen
Es gibt legale Alternativen, wie den Transfer über Drittstaaten (z. B. Türkei) oder die Nutzung von Kryptowährungen. Beide Optionen bergen jedoch rechtliche und finanzielle Risiken, die vorab sorgfältig geprüft werden sollten.
5.5. Beratung durch Experten
Um Compliance-Risiken zu vermeiden und rechtliche Fallstricke zu umgehen, ist es ratsam, sich rechtzeitig von Experten beraten zu lassen. BIEBINGER - Wirtschaftskanzlei bietet umfassende Beratung auf Russisch, Englisch und Deutsch und hilft Ihnen, Ihre Transaktionen rechtssicher durchzuführen.
Daniil Shalumov
Rechtsanwalt für Wirtschaftsstrafrecht
BIEBINGER - Wirtschaftskanzlei