Mit dem Inkrafttreten des Bürokratieentlastungsgesetzes IV (BEG IV) am 1. Januar 2025 markiert der Gesetzgeber eine signifikante Zäsur in der Gestaltung arbeitsrechtlicher Rahmenbedingungen. Ziel dieser Reform ist die Reduktion bürokratischer Barrieren sowie die Harmonisierung arbeitsrechtlicher Vorgaben mit den Erfordernissen der digitalen und flexiblen Arbeitswelt. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer profitieren von einer Erleichterung administrativer Prozesse, die gleichzeitig den Anforderungen einer dynamischen Arbeitsrealität gerecht werden. Diese Reform umfasst insbesondere Modifikationen im Nachweisgesetz (NachwG), im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), im Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) sowie in der Gewerbeordnung (GewO). Nachfolgend werden die maßgeblichen Änderungen detailliert erörtert.

1. Nachweisgesetz: Die Einführung der Textform als Effizienzsteigerung

Die wohl markanteste Neuerung betrifft das Nachweisgesetz, das durch die Einführung der Textform eine erhebliche Flexibilisierung erfährt. Während bislang die eigenhändige Unterzeichnung (§ 126 BGB) und die Übergabe in Papierform obligatorisch waren, genügt fortan gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG in der neuen Fassung die Textform (§ 126b BGB). Dies umfasst sämtliche lesbaren Erklärungen auf dauerhaften Datenträgern, wie etwa E-Mails, sofern sie den Erklärenden eindeutig identifizieren. Essentiell bleibt jedoch, dass die Übermittlung der wesentlichen Arbeitsbedingungen individuell an den jeweiligen Arbeitnehmer erfolgt. Allgemeine Bekanntmachungen erfüllen diese Anforderung nicht. Zudem ist der Zugang des Dokuments sicherzustellen, indem der Arbeitgeber verpflichtet wird, einen Empfangsnachweis des Arbeitnehmers einzuholen.

Diese Regelung reduziert den bürokratischen Aufwand erheblich und eröffnet Arbeitgebern die Möglichkeit einer effizienteren Vertragsabwicklung, ohne dabei die Rechtssicherheit der Vertragsparteien zu gefährden. Ausnahmen bleiben jedoch bestehen: Für befristete Arbeitsverträge (§ 14 Abs. 4 TzBfG) und in Branchen, die dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz unterliegen, bleibt die Schriftform erforderlich.

2. Arbeitnehmerüberlassungsgesetz: Die Textform als rechtliche Legitimation

Im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung wird durch § 12 Abs. 1 Satz 1 AÜG n.F. ebenfalls die Textform eingeführt. Der Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher kann fortan in elektronischer Form geschlossen werden, vorausgesetzt, alle gesetzlichen Voraussetzungen – insbesondere die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung – werden erfüllt.

Diese Neuerung tangiert jedoch nicht das Leiharbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer, auf das weiterhin die Bestimmungen des Nachweisgesetzes anwendbar sind. Es bleibt dabei, dass die Vertragsinhalte gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 AÜG zusätzliche Angaben enthalten müssen.


3. Sozialgesetzbuch VI: Altersgrenzenregelung und die Etablierung der Textform

Die automatische Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des Renteneintrittsalters gemäß § 21 TzBfG wird durch die Reform des § 41 Abs. 2 SGB VI flexibilisiert. Künftig genügt zur wirksamen Vereinbarung einer Regelrentenaltersbefristung die Textform. Für andere Befristungsarten, die außerhalb dieser speziellen Regelung liegen, bleibt jedoch weiterhin die Schrift- oder elektronische Form erforderlich.


4. Gewerbeordnung: Elektronische Arbeitszeugnisse als Zukunftsmodell

Ein weiterer Meilenstein der Reform betrifft die Ausstellung von Arbeitszeugnissen. Während bislang die Schriftform zwingend vorgeschrieben war, erlaubt § 109 Abs. 3 GewO n.F. ab sofort die Erteilung elektronischer Arbeitszeugnisse mittels qualifizierter elektronischer Signatur (§ 126a BGB). Einschränkungen bestehen lediglich in Fällen, in denen die Signatur potenziell nachteilige Rückschlüsse auf den Arbeitnehmer zulassen könnte, etwa durch Rückdatierungen im Kontext von Zeugnisberichtigungen.

Fazit: Bürokratieabbau und Digitalisierung als Synergieeffekt

Das Bürokratieentlastungsgesetz IV stellt einen paradigmatischen Schritt dar, der den Weg in eine digitalisierte und flexible Arbeitswelt ebnet. Durch die Vereinfachung administrativer Prozesse, insbesondere die Reduktion formeller Anforderungen, wird nicht nur die Effizienz gesteigert, sondern auch die Rechtsgestaltung an die Bedürfnisse moderner Arbeitsverhältnisse angepasst.

Für Unternehmen bedeutet dies eine bedeutsame Erleichterung, da interne Prozesse optimiert und digitale Lösungen verstärkt integriert werden können. Arbeitnehmer profitieren gleichermaßen von transparenteren und zugänglicheren Regelungen.

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Julia Ehmer

Rechtsanwältin 

Kanzlei Ehmer