Heute besprechen wir einen BGH Beschluss vom 13.11.2024, Az.: IV ZR 212/24.
Es ging wieder einmal um die Frage, ob ein Gebäudeversicherer bei einem Leitungswasserschaden seine Leistung verweigern darf, wenn Schwammbefall aufgetreten ist.
Schwammklausel wieder auf dem Prüfstand
Die sog. Schwammklausel in den Versicherungsbedingungen der Gebäudeversicherung beschert manchem Versicherungsnehmer schlaflose Nächte.
Die Versicherer verwenden hierzu unterschiedliche Fassungen. Gemeinsam ist diesen Klauseln aber, dass das Leistungsversprechen des Versicherers - nämlich finanzielle Entschädigung zu leisten - bei einem Leitungswasserschaden wieder zurückgenommen wird.
Dies führt in der Praxis zu dem Ergebnis, dass Leitungswasserschäden gar nicht reguliert werden, so als wenn Leitungswasserschäden von vornherein in den Versicherungsbedingungen ausgeschlossen wären.
Konkrete Schwammklausel
In dem Verfahren vor dem BGH wurde folgende Klausel verwendet:
3.4. Nicht versicherte Schäden.
a) Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden durch (…)
cc) Schwamm, (…)“
Mittlerweile wurde die Schwammklausel in den Musterbedingungen der Versicherungswirtschaft überarbeitet und sieht nun den Leistungsausschluss für „Schwamm sowie alle Arten von Hausfäulepilzen“ vor.
Dies ändert aber nichts an der hier besprochenen Problematik.
Problem: Schwamm typische Folge von Wasseraustritt
Nun ist allgemein bekannt, dass der Schwamm (ein Pilz) Wasser zum Gedeihen benötigt. Ohne Feuchtigkeit findet kein Wachstum statt.
Dies bedeutet, dass bei jedem unkontrollierten Wasseraustritt über kurz oder lang auch eine Schwammbildung erfolgen kann.
Dies hatte auch der Kläger in dem Verfahren vor dem BGH behauptet: Er trug vor, dass der Schwammschaden typische Folge eines Austritts von Leitungswasser ist. Hierfür hat der Kläger ein Sachverständigengutachten als Beweis angeboten.
Berufungsgericht geht der Behauptung nicht nach
Der Rechtsstreit vor dem BGH ging über drei Instanzen. Die zweite Instanz, das OLG Köln, ging dem Beweisangebot in Form des Sachverständigengutachtens nicht nach.
BGH weist den Fall zur Neuentscheidung zurück
Dies missfiel dem BGH. Er sieht darin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Denn es sei nicht ausgeschlossen, dass der Schwammbefall regelmäßige Folge von Leistungswasserschäden sei.
Das OLG Köln muss sich nun erneut mit dem Fall befassen. Dazu zeigt der BGH dem Berufungsgericht drei unterschiedliche Lösungswege auf:
1. Sachverständigenbeweis
Das Berufungsgericht kann nun Beweis durch ein Sachverständigengutachten erheben. Ergibt dies, dass Schwammbefall regelmäßig bei Leistungswasseraustritt auftritt, dürfte die Schwammklausel unwirksam sein.
2. Unzureichende Beratung
Auch ohne Sachverständigenbeweis könnte der Kläger allerdings zu seinem Recht kommen. Hier geht es um den Anspruch aus der sog. "Quasi-Deckung". Diese setzt voraus, dass Versicherungsschutz ohne Schwammklausel am Markt erhältlich ist.
Dann könnte der Kläger einwenden, er sei falsch vom Versicherer beraten worden, vgl. § 6 Abs.1 VVG, und hätte bei ordnungsgemäßer Beratung einen Versicherungsvertrag ohne Schwammklausel abgeschlossen.
3. Berufen auf Ausschlussklausel rechtsmissbräuchlich
Schließlich könnte das Berufen auf die Schwammklausel rechtsmissbräuchlich gemäß § 242 BGB sein.
Schlussbemerkung
Die Schwammklausel wird in der Praxis häufig von Versicherern angewendet und ist für Eigentümer sehr ärgerlich. Für Versicherer ist die Schwammklausel dagegen attraktiv, denn so kann die Regulierung von meist erheblichen Schäden zunächst einmal abgelehnt werden.
Der hier besprochene Fall zeigt jedoch, dass es sich lohnt, hartnäckig zu bleiben. Die Schwammklausel ist rechtlich gesehen höchst problematisch und daher angreifbar.
Robert Nebel, M.A.
Rechtsanwalt
Licenciado en Derecho