Der nachgeholte Betriebsratsbeschluss oder: Funktioniert das eigentlich immer?
Ein Betriebsrat beschloss aufgrund von Querelen mit dem Arbeitgeber, ein gerichtliches Verfahren einzuleiten und beauftragte eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Durchführung dieses Verfahrens.
Bedauerlicherweise war der Beauftragungsbeschluß des Betriebsrats suboptimal zustande gekommen. Wegen einer Abwesenheit eines Mitglieds des Betriebsrats war es zum Nachrücken eines Ersatzmitglieds gekommen. Allerdings hatte der Betriebsrat die Vorschrift des § 25 Abs. 2 BetrVG über die Reihenfolge der in den Betriebsrat nachrückenden Ersatzmitglieder nicht beachtet – im Ergebnis war das falsche Ersatzmitglied nachgerückt und hatte an der Abstimmung über den Beauftragungsbeschluss teilgenommen.
Der Arbeitgeber hatte aufgepasst und verweigerte die Zahlung der Kosten des vom Betriebsrat beauftragten Rechtsanwalts. Der wiederum war nicht faul und fasste einen weiteren Beschluss unter Wiederholung der Beschlussvorlage und mit der Ergänzung, dass die Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei genehmigt werde – diesmal natürlich in rechtmäßiger Besetzung.
Dem Arbeitgeber gefiel das noch immer nicht und er war der Meinung, dass nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens wie hier erfolgt eine nachträgliche Genehmigung des Betriebsratsbeschlusses nicht mehr möglich sei. Der Betriebsrat klagte daraufhin auf Freistellung von den Kosten des Rechtsanwalts.
Das ganze ging über den Instanzenzug bis hin zum Bundesarbeitsgericht; dieses entschied am 25.9.2024 mit dem Beschluss Az. 7 ABR 37/23.
Das Bundesarbeitsgericht stellte zunächst fest, dass § 25 Abs. 2 BetrVG zu den „wesentlichen und unverzichtbaren Verfahrensbeschlüssen, von deren Beachtung die Wirksamkeit von Betriebsratsbeschlüssen abhängt“, gehört. Der 1. Satz ging somit an den Arbeitgeber.
Das half dem Arbeitgeber aber letztlich nicht weiter, da das Bundesarbeitsgericht der Meinung war, eine rückwirkende Genehmigung eines verfahrensfehlerhaften und deshalb unwirksamen Beschlusses zu einer anwaltlichen Beauftragung sei hier möglich. Die ursprüngliche Beauftragung des Anwalts sei auf Betriebsratsseite als Vertreter ohne Vertretungsmacht erfolgt und deshalb erst mal schwebend unwirksam. Eine nachträgliche Zustimmung sei möglich. Sie wirke gemäß § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts (ursprüngliche Beauftragung) zurück.
Spiel, Satz und Sieg also!: Betriebsrat
So weit so gut: Jetzt wird es etwas unübersichtlicher. Man kann sich nämlich die Frage stellen, ob diese Möglichkeit zu einer nachträglichen Zustimmung für unwirksame Betriebsrats-Beschlüsse immer besteht, zu allen möglichen Themen.
Anwaltliche Erfahrungen zeigen, dass solche Einzelfallentscheidungen von den Rechtsanwendern sehr gerne extrapoliert werden, sprich: Aus “Das geht in diesem Fall so“! wird gefühlt „Das geht immer so!“
Und das ist falsch!
Nach dem Bundesarbeitsgericht gibt es diese-Möglichkeit nämlich nicht für alle Fälle. Bei fristgebundenen Rechtsgeschäften oder wenn die Beschlussfassung erst nach dem für die Beurteilung eines Sachverhalts maßgeblichen Zeitpunkt erfolgt, ist eine uneingeschränkte Rückbeziehung der Genehmigung nicht zulässig. Gleiches gilt in Fällen, in denen sich der Arbeitgeber auf Vertrauensschutz berufen kann.
(Typisches Juristenkauderwelsch! Anders formuliert: Liebe Betriebsräte, lieber Arbeitgeber, wenn ihr sicher gehen wollt, fragt den Fachanwalt, was in eurem Einzelfall gilt! )
Und was nehmen wir mit für die Praxis?
- An die Betriebsräte (m/w/d): Wenn Sie sicher gehen wollen, kümmern Sie sich weiterhin ausnahmslos um formal saubere Betriebsratsbeschlüsse. Das spart Ärger, gerichtliche Auseinandersetzungen, Kostenrisiken und vor allem das Risiko, dass Sie sich zu Unrecht auf eine gefühlt dauerhafte Reparaturmöglichkeit eines unwirksamen Beschlusses verlassen. Und wenn Sie sich doch mal nicht sicher sind, ob der Beschluss hält: Versuchen Sie, so früh wie möglich mit einem formal sauberen Beschluss einen möglichen Mangel zu reparieren! (Aber verlassen sie sich nicht automatisch auf die Wirksamkeit der Reparatur, siehe oben!)
- An die Arbeitgeber ( m/w/d): Wenn Sie der Meinung sind, der Betriebsrat könnte Fehler gemacht haben, die zu einer Unwirksamkeit eines Beschlusses führen, lassen Sie das nachprüfen. Das gilt sowohl dann, wenn Sie sich gegen die Inhalte des Beschlusses des Betriebsrats wehren wollen als auch dann, wenn Sie sicher sein wollen, dass ein für Sie günstiger Beschluss und dessen Ergebnis hält.
Für Fragen wenden Sie sich an Rechtsanwalt Klaus Maier, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Insolvenzrecht
Rechtsanwalt Klaus Maier
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Spezialist für Insolvenzanfechtungsrecht
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