Gesetzliche Grundlage: § 1932 BGB
Der Begriff "Voraus des verbliebenen Ehegatten" beschreibt ein gesetzliches Vorausvermächtnis, das dem überlebenden Ehepartner eine Fortführung des gemeinsamen Haushalts in bisheriger Weise ermöglichen soll. Diese Regelung findet sich in § 1932 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und hat spezifische Voraussetzungen und Regelungen.
§ 1932 BGB regelt den Voraus des überlebenden Ehegatten in folgenden Konstellationen:
1. Neben Verwandten der zweiten Ordnung oder Großeltern
Ist der überlebende Ehepartner neben diesen Personen gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm außer dem Erbteil die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände und Hochzeitsgeschenke als Voraus, sofern sie nicht Zubehör eines Grundstücks sind.
2. Neben Verwandten der ersten Ordnung
Ist der überlebende Ehepartner neben diesen Personen gesetzlicher Erbe, so stehen ihm die genannten Gegenstände zu, soweit er sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt.
Auf den Voraus sind die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften anzuwenden. Der Voraus wird nur in der gesetzlichen Erbfolge (§§ 1924 ff. BGB) relevant, also wenn der verstorbene Ehepartner kein Testament hinterlassen hat. Die gesetzliche Erbfolge bestimmt den Erbanteil des Ehepartners, der vom Güterstand der Eheleute und davon abhängt, ob der verstorbene Partner Kinder hinterlässt.
Im Falle der Zugewinngemeinschaft erbt der überlebende Ehepartner mindestens die Hälfte des Nachlasses.
Sind keine Kinder vorhanden, erhöht sich der Erbanteil um ein Viertel, sodass der überlebende Ehepartner ¾ des Nachlasses erbt. Der Rest geht an die Erben der zweiten Ordnung (Eltern, Geschwister des Erblassers).
In beiden Fällen entsteht eine Erbengemeinschaft, was bedeutet, dass der gesamte Nachlass entsprechend der Erbquote auf die Erben verteilt wird.
Praktische Anwendung des Voraus:
Der Voraus hilft dem überlebenden Ehepartner, bestimmte Haushaltsgegenstände zu behalten, ohne sie mit den Miterben teilen zu müssen. Dies umfasst alle Gegenstände, die im Hinblick auf die gemeinsame Lebensführung genutzt wurden, wie Möbel, Küchengeräte, und Elektrogeräte.
Beispiel:
Der gemeinsam genutzte Pkw zählt als Haushaltsgegenstand, auch wenn er nur auf den verstorbenen Ehepartner zugelassen war.
Der beruflich genutzte Pkw gehört hingegen zur Erbengemeinschaft.
Umfang des Voraus:
Der Umfang des Voraus richtet sich nach § 1932 Abs. 1 BGB:
1. Kinderloser Erblasser: Der überlebende Ehepartner darf alle Haushaltsgegenstände behalten.
2. Erblasser mit Kindern: Der überlebende Ehepartner darf nur die Haushaltsgegenstände behalten, die zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt werden.
Die Angemessenheit wird anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls bewertet. Eine Reduzierung des Haushaltsumfangs kann nötig sein, wenn der Bedarf des überlebenden Ehepartners geringer ist oder eine Ersatzbeschaffung zumutbar erscheint.
Zum Voraus gehören auch Hochzeitsgeschenke, d. h., unentgeltliche Zuwendungen anlässlich der Eheschließung. Auch hier gilt, dass der überlebende Ehepartner diese nur behalten darf, soweit sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt werden, wenn Erben der ersten Ordnung vorhanden sind.
Der Anspruch des überlebenden Ehepartners auf den Voraus richtet sich gegen die Erbengemeinschaft und stellt eine Nachlassverbindlichkeit gemäß § 1967 Abs. 2 BGB dar. Dieser Anspruch entfällt, wenn der überlebende Ehepartner aufgrund eines Testaments enterbt wurde, auf sein Erbrecht verzichtet oder die Erbschaft ausgeschlagen hat.
Auch eingetragene Lebenspartner erhalten einen Voraus nach § 10 Abs. 1 Satz 3 bis 5 LPartG.
Fazit
Der gesetzliche Voraus des überlebenden Ehepartners gemäß § 1932 BGB stellt sicher, dass der überlebende Ehepartner die Haushaltsgegenstände und Hochzeitsgeschenke zur Weiterführung des gemeinsamen Haushalts behalten kann, ohne sie mit den Miterben teilen zu müssen. Die konkrete Anwendung und der Umfang des Voraus hängen von der Erbfolge und den individuellen Umständen ab.