Die aktuelle Rechtslage bei Online-Coachings

Die Frage der Rechtmäßigkeit von Verträgen zu hochpreisigen Online-Coachings und Consultings bleibt aufgrund vielfältiger Kritik ein Fall für die Gerichte. Immer häufiger sind auch Unternehmen von Verträgen betroffen, die nicht halten, was versprochen wurde.

Bisher hat sich die Rechtsprechung in vielen Fällen auf die Seite der Coaching-Kunden gestellt und die Verträge aus verschiedenen Gründen für nichtig erklärt:


- So hatte das Landgericht Stade einen Coaching-Vertrag mangels erkennbarer Leistungen für sittenwidrig erklärt

- Das Oberlandesgericht Celle hat dann in der Folge mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil entschieden, dass auch Unternehmen, die einen Coaching-Vertrag unterzeichnet haben, vom Schutz des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG) profitieren

- Das Landgericht Leipzig, das Landgericht Hamburg, das Landgericht Hannover, das Landgericht Nürnberg-Fürth, das Landgericht Ulm und jüngst das Landgericht Verden haben ebenfalls das Fernunterrichtsschutzgesetz für anwendbar erklärt und gegen die Coachingunternehmen entschieden

- Das Landgericht Landshut hat festgestellt, dass nicht jeder Coaching-Kunde automatisch Unternehmer ist und daher einen Widerruf des Vertrags zugelassen

- Das Landgericht Stuttgart hat mit rechtskräftigem Urteil die Sittenwidrigkeit eines Coaching-Vertrags des Branchenführers festgestellt


Das besonders wegweisende Urteil des Oberlandesgerichts Celle ist von der Coaching-Szene teils heftig kritisiert worden, weil Online-Coaching-Kurse aufgrunddessen eine Zertifizierung benötigen, über welche die allermeisten Coaches nicht verfügen. Häufig führte dies dann zur Nichtigkeit der Coaching-Verträge und Rückzahlungsansprüchen unzufriedener Kunden. Auch einige Gerichte haben die Anwendbarkeit des FernUSG auf Online-Coachings bezweifelt.

Das Oberlandesgericht Celle bleibt jedoch bei seiner Meinung und hat nun erneut darauf hingewiesen, dass das Gesetz auch für Unternehmen Anwendung findet, die Coaching- oder Mentoring-Verträge abgeschlossen haben.


Worum geht es genau?

In erster Instanz hatte bereits das Landgericht Lüneburg entschieden, dass der Coaching-Vertrag wegen fehlender Zulassung nach dem FernUSG nichtig ist (LG Lüneburg, Urteil vom 16.01.2024). Das Coaching-Unternehmen ging in Berufung zum Oberlandesgericht in Celle, welches nun einen Beschluss erlassen hat, wonach es an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalten will (OLG Celle, Beschluss vom 29.05.2024, Az.: 13 U 8/24). Das Oberlandesgericht begründet dies so:


„Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf Verträge zwischen einem Unternehmen als Lehrenden und einem Verbraucher als Lernenden dürfte mit dem Sinn und Zweck der Vorschriften des FernUSG nicht vereinbar sein. Diese sollen vor qualitativ unzureichenden Fernunterrichtsangeboten schützen und dem Umstand Rechnung tragen, dass die Qualität eines Fernunterrichtsangebots und dessen Eignung für die persönlichen Bedürfnisse der Teilnehmer in der Regel schwerer einzuschätzen sind als bei einem Angebot von Direktunterricht.“


Das Oberlandesgericht erkennt hier also noch einmal deutlich an, dass Lehrgänge und Coachings, die aus der Ferne durchgeführt werden, für den Kunden schwerer einzuschätzen sind, als Kurse vor Ort. Dementsprechend besteht ein höherer Schutzbedarf der Kunden. Insbesondere gilt dies eben auch für Unternehmen und nicht nur für Verbraucher.

(Anmerkung: insbesondere unseriöse Coaching-Anbieter versuchen häufig, Kunden zum Unternehmer zu erklären, um solche Verbraucherschutzrechte auszuhebeln, obwohl diese überhaupt keine Gewerbe betreiben und dies auch nicht vorhaben).

Das Oberlandesgericht begründet dies weiter wie folgt:


„Es kann dahingestellt bleiben, ob sich dieses stärkere Schutzbedürfnis von Interessenten eines Fernunterrichtsangebots gegenüber solchen eines Direktunterrichts dadurch verringert hat, dass Fernunterrichtsangebote durch Bewertungsportale im Internet leichter auf ihre Qualität hin überprüft werden könnten […]. Auch danach bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schutzbedürftigkeit eines Lernenden geringer ausfällt, wenn dieser zu einem Zweck an dem Fernunterricht teilnehmen möchte, der seiner gewerblichen oder selbstständig beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. […] Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass Fernunterrichtsangebote häufig, und wie auch im vorliegenden Fall, der beruflichen (Weiter-)Qualifikation dienen.“


Das Oberlandesgericht hebt hier also nochmals hervor, dass der Schutz des Gesetzes nicht entfällt, nur weil der Vertrag (vermeintlich) als Unternehmer geschlossen wurde. Dies ist auch folgerichtig, denn es erschließt sich nicht, warum Unternehmen weniger Schutz genießen sollten, wenn fragwürdige Verträge meist unter erheblichem Drcuk und in einigen Fällen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen über das Internet geschlossen und durchgeführt werden.


Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung?

Die ursprüngliche Entscheidung aus Celle hat seit ihrem Erlass im März 2023 hohe Wellen in der Coaching-Szene geschlagen, was zu zahlreichen Beschwerden von unzufriedenen Kunden bis hin zu Klagen gegen diverse Online-Coachings geführt hat. Unsere Kanzlei vertritt zahlreiche Mandanten in diesem Bereich. Viele Klagen gegen die Anbieter sind auch erfolgreich gewesen. 

Allerdings hat das Urteil aus Celle auch Kritik aus der Coaching-Szene erfahren, die bis dahin im Wesentlichen unbehelligt neue Umsatzrekorde feiern durfte. Dies nicht immer mit seriösen Methoden, wie sich immer mehr zeigt. Insofern ist es für Coaching-Kunden eine mehr als gute Nachricht, dass das Oberlandesgericht mit diesem Beschluss bei seiner Meinung bleibt. Eventuell wird das Gericht eine Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass die erneute Entscheidung aus Celle nicht ohne weiteres verallgemeinert werden kann. Das Urteil bedeutet also nicht automatisch, dass alle Online-Coachings aufgrund des FernUSG nichtig sind oder aus anderen Gründen angefochten werden können. Diese Frage ist grundsätzlich im Einzelfall zu beurteilen, da es immer auf die konkreten Vereinbarungen und Leistungen ankommt. Hierzu sollten sich unzufriedene Coaching-Kunden in jedem Falle rechtlich beraten lassen.


Fazit

Wenn auch Sie einen Coaching-Vertrag abgeschlossen haben und unzufrieden sind, beraten wir Sie mit unserer Erfahrung aus zahlreichen Coachingfällen gern dazu, mit welchen rechtlichen Mitteln Sie vorgehen können und welche Erfolgsaussichten in Ihrem Fall bestehen. Die rechtlichen Angriffspunkte in Coaching-Fällen sind vielfältig und keineswegs nur auf das Fernunterrichtsschutzgesetz beschränkt.

Melden Sie sich hierzu gern für ein unverbindliches Erstgespräch!


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