Die Frage der Rechtmäßigkeit von Coaching-Verträgen rückt zunehmend in den Fokus der Gerichte. Da der Begriff „Coach“ rechtlich nicht geschützt ist, sich also jeder als Coach bezeichnen darf, ohne über eine entsprechende Ausbildung in diesem Bereich zu verfügen, tummeln sich in der Branche zunehmend auch schwarze Schafe.
Das neueste Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 18.12.2024 gibt unzufriedenen Kunden nun weitere Argumente gegen Online-Coaches an die Hand. Bisher hat sich die Rechtsprechung ohnehin in vielen Fällen auf die Seite der Coaching-Kunden gestellt und die Verträge aus verschiedenen Gründen für nichtig erklärt:
- So hatte das Landgericht Stade einen Coaching-Vertrag mangels erkennbarer Leistungen für sittenwidrig erklärt
- Das Oberlandesgericht Celle hat dann in der Folge mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil entschieden, dass auch Unternehmen, die einen Coaching-Vertrag unterzeichnet haben, vom Schutz des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG) profitieren. Diese Auffassung hat das OLG Celle mit einem aktuellen Beschluss nochmals bekräftigt
- Das Landgericht Leipzig, das Landgericht Hamburg, das Landgericht Hannover, das Landgericht Nürnberg-Fürth, das Landgericht Ulm und jüngst das Landgericht Verden haben ebenfalls das Fernunterrichtsschutzgesetz für anwendbar erklärt und gegen die Coachingunternehmen entschieden
- Das Landgericht Landshut hat festgestellt, dass nicht jeder Coaching-Kunde automatisch Unternehmer ist und daher einen Widerruf des Vertrags zugelassen
- Das Landgericht Stuttgart hat sogar die Sittenwidrigkeit eines Coaching-Vertrags festgestellt und den Vertrag für nichtig erklärt, weil die Leistungen nutzlos gewesen sind
- Das Oberlandesgericht in Celle hat später erneut entschieden, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz auch für Unternehmer gilt
- Das Oberlandesgericht Stuttgart hat sich der Entscheidung aus Celle angeschlossen und ebenfalls geurteilt, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz auf Coachings anwendbar ist
Das besonders wegweisende Urteil des Oberlandesgerichts Celle ist von der Coaching-Szene teils heftig kritisiert worden, weil Online-Coaching-Kurse aufgrunddessen eine Zertifizierung benötigen, über welche die allermeisten Coaches nicht verfügen. Häufig führte dies dann zur Nichtigkeit der Coaching-Verträge und Rückzahlungsansprüchen unzufriedener Kunden. Auch einige Gerichte haben die Anwendbarkeit des FernUSG auf Online-Coachings bezweifelt.
Das Oberlandesgericht Oldenburg hat sich aber nun den Entscheidungen aus Celle und Stuttgart angeschlossen ebenfalls festgestellt, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz auf Coaching-Verträge Anwendung findet.
Worum geht es genau?
In erster Instanz hatte bereits das Landgericht Osnabrück festgestellt, dass der Vertrag über ein Online-Coaching, dass der Kunden mit der Helfenstein Consulting GmbH aus Hamburg geschlossen hatte, aufgrund eines Verstoßes gegen das FernUSG nichtig ist.
Der Anbieter ging dann in Berufung zum Oberlandesgericht Oldenburg, welches das Urteil aus der ersten Instanz bestätigt und somit das Coaching-Unternehmen zur Erstattung sämtlicher Kursgebühren und Prozesskosten verurteilt hat (Az. 2 U 123/24). Das Oberlandesgericht begründet dies so:
„Die Berufung der Beklagten gegen das am 04.09.2024 verkündete Urteildes Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.“
Das Oberlandesgericht erkennt hier also noch einmal deutlich an, dass Lehrgänge und Coachings, die aus der Ferne durchgeführt werden, dem Fernunterrichtsschutzgesetz unterfallen:
„Entgegen der Auffassung der Berufung ist im vorliegenden Fall die in § 1 I FernUSG vorausgesetzte entgeltliche „Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten“ gegeben. Laut Vertrag erhält der Teilnehmer Anspruch auf verschiedene Dienstleitungen. Im Vertrag soll nach der „Einführung in das Coaching“ der „Einstieg in das E-Commerce“ erfolgen.“
Und weiter:
„Der Senat schließt sich hier ausdrücklich der Argumentation des OLG Stuttgart an, wonach das Bedürfnis des Gesetzgebers (vgl. Bundestags Drucksache 7/4245, S. 1, 13), die Teilnehmer vor unseriösen Anbietern zu schützen, bei Videokonferenzen deutlich größer ist als bei echten Präsenzveranstaltungen.”
Das Oberlandesgericht erkennt hier also folgerichtig, dass die Teilnehmer von Online-Coachings deutlich mehr Schutz vor mangelhaften Kursen oder gar unseriösen Anbietern bedürfen, als wenn die Veranstaltung in Präsenz stattfinden.
Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung?
Die ursprüngliche Entscheidung aus Celle hat seit ihrem Erlass im März 2023 hohe Wellen in der Coaching-Szene geschlagen, was zu zahlreichen Beschwerden von unzufriedenen Kunden bis hin zu Klagen gegen diverse Anbieter von Online-Coachings geführt hat - darunter auch bekannte Branchengrößen. Unsere Kanzlei vertritt zahlreiche Mandanten in diesem Bereich. Viele Klagen gegen die Anbieter sind auch erfolgreich gewesen.
Insofern ist es für Coaching-Kunden eine mehr als gute Nachricht, dass auch das Oberlandesgericht Oldenburg sich der kundenfreundlichen Ansicht des OLG Celle anschließt. Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung aus Oldenburg nicht ohne weiteres verallgemeinert werden kann. Das Urteil bedeutet also nicht automatisch, dass alle Online-Coachings aufgrund des FernUSG nichtig sind oder aus anderen Gründen angefochten werden können. Diese Frage ist grundsätzlich im Einzelfall zu beurteilen, da es immer auf die konkreten Vereinbarungen und Leistungen ankommt. Hierzu sollten sich unzufriedene Coaching-Kunden in jedem Falle rechtlich beraten lassen.
Hervorzuheben ist zudem, dass auch das Gericht in Oldenburg die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen hat, weil es eine Vielzahl vergleichbarer Fälle gibt. Zu hoffen ist für unzufriedene Coaching-Kunden daher, dass auch der Bundesgerichtshof sich hierzu zeitnah äußert und eine kundenfreundliche Entscheidung fällt.
Fazit
Wenn auch Sie einen Coaching-Vertrag abgeschlossen haben und unzufrieden sind, beraten wir Sie mit unserer Erfahrung aus zahlreichen Coachingfällen gern dazu, mit welchen rechtlichen Mitteln Sie vorgehen können und welche Erfolgsaussichten in Ihrem Fall bestehen. Die rechtlichen Angriffspunkte in Coaching-Fällen sind vielfältig und keineswegs nur auf das Fernunterrichtsschutzgesetz beschränkt.
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