Die Europäische Kommission hat am 22. März 2023 den Vorschlag für eine Richtlinie über umweltbezogene Angaben (sog. Green Claims Directive, COM(2023)166) vorgelegt, den das EU-Parlament im März 2024 beschlossen, hat und der nun in die Trilog-Phase eintritt.

Um umweltbewusste Menschen anzusprechen, kennzeichnen Hersteller ihre Produkte häufig als „nachhaltig“, „recyclebar“ oder „klimaneutral“ und werben mit Aussagen wie „Verpackung aus 50 Prozent recyceltem Kunststoff“ oder „Halbierung der zuvor mit diesem Produkt verbundenen CO2-Emissionen im Vergleich zu 2020.“ Belegen mussten die Unternehmen solche Umweltaussagen bisher nicht, was zum Missbrauch solcher Aussagen führen kann.

Ziel der Directive ist es, dem sogenannten „Greenwashing“ – also der irreführenden Bewerbung von Produkten oder Unternehmen mit vermeintlich umweltfreundlichen Aussagen – einen Riegel vorzuschieben. Die Richtlinie soll sicherstellen, dass freiwillige Umweltaussagen künftig klar, belegt und überprüfbar sind. Der Entwurf gibt deshalb klare Kriterien dafür vor, wie Unternehmen ihre Umweltangaben und -kennzeichnungen nachweisen müssen.

Für Unternehmen in Deutschland wird dies gravierende Auswirkungen auf Marketingstrategien, Produktkennzeichnungen und interne Prüfprozesse haben.

Wesentlicher Inhalt der Green Claims Directive

Der Richtlinienentwurf sieht unter anderem vor:

- Transparenzpflichten: Unternehmen müssen künftig vorab wissenschaftlich belastbare Nachweise für Umweltaussagen bereitstellen. Diese Nachweise sollen auf anerkannten Methoden wie dem Life Cycle Assessment (LCA) beruhen.
 - Externe Verifizierung: Umweltbezogene Angaben müssen vor Veröffentlichung durch unabhängige Stellen überprüft und zertifiziert werden.
 - Verbot vager Begriffe: Allgemeine Formulierungen wie „umweltfreundlich“, „klimaneutral“ oder „nachhaltig“ sind ohne präzise Definition und Nachweis unzulässig.
 - Sanktionen: Bei Verstößen drohen nicht nur Abmahnungen und Bußgelder, sondern auch empfindliche Reputationsverluste.

Die Green Claims Directive wird als Spezialgesetz zu der sogenannten EmpCo-Richtlinie (Empowering consumers for the green transition) anzusehen sein, welche zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen dient. Die EmpCo Richtlinie hat die EU ebenfalls im Rahmen des Green Deals erlassen. Sie ändert die UGP-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken und wurde am 6. März 2024 veröffentlicht. Die Mitgliedsstaaten müssen die erforderlichen Maßnahmen bis um 27. September 2026 umsetzen. In Deutschland werden die neuen Regeln im UWG umgesetzt. Die EmpCo-Richtlinie verbietet bestimmte Umweltwerbung per se. Zum Beispiel dürfen Unternehmen generell nicht mit Klimaneutralität werben, wenn die Klimaneutralität nur auf Kompensationsmaßnahmen basiert.

Auswirkungen auf deutsche Unternehmen

Die Umsetzung der Green Claims Directive wird auf nationaler Ebene voraussichtlich zu neuen gesetzlichen Anforderungen im UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) führen. Dies betrifft insbesondere Unternehmen aus den Branchen Konsumgüter, Einzelhandel, Chemie, Textil, Automobil und Energie. Werbemaßnahmen, Verpackungsgestaltung und Produktkommunikation müssen angepasst werden – andernfalls drohen kostspielige Abmahnverfahren durch Wettbewerber, Verbraucherzentralen oder Umweltverbände.

Die Mitgliedstaaten haben voraussichtlich bis Mitte 2027 Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Deutsche Unternehmen müssen sich daher rechtzeitig auf die neuen Regelungen einstellen.

Auch kleinere Unternehmen sind betroffen. Die Verpflichtung zur Dokumentation und externen Prüfung kann insbesondere für KMU (kleine und mittlere Unternehmen) finanziell und organisatorisch herausfordernd werden. Eine Ausnahme für Kleinstunternehmen sieht der aktuelle Entwurf bislang nur eingeschränkt vor.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

1. Audit bestehender Umweltaussagen: Unternehmen sollten unverzüglich alle Marketingaussagen, Etiketten, Verpackungen und Webseiteninhalte auf ihre Umweltversprechen hin überprüfen. Ungenaue oder unbelegte Aussagen sollten entfernt oder konkretisiert werden.
 2. Aufbau interner Compliance-Strukturen: Es ist ratsam, ein standardisiertes Verfahren zur Prüfung und Dokumentation umweltbezogener Aussagen zu implementieren – idealerweise gestützt auf Umweltmanagementsysteme (z. B. ISO 14001).
 3. Schulung von Marketing- und Produktteams: Die neue Rechtslage erfordert ein Umdenken im Marketing. Schulungen helfen, Rechtsverstöße zu vermeiden.
 4. Einbindung unabhängiger Prüfer: Bereits jetzt kann es zweckmäßig sein, externe Gutachter einzubeziehen, um die Plausibilität und wissenschaftliche Fundierung von Umweltaussagen sicherzustellen.
 5. Rechtliche Beratung in Anspruch nehmen: Die rechtliche Bewertung von Green Claims ist komplex und interdisziplinär. Es geht nicht nur um Wettbewerbsrecht, sondern auch um Umweltrecht, Produktkennzeichnung, Verbraucherrecht und EU-Recht.


Warum Sie einen spezialisierten Rechtsanwalt beauftragen sollten

Angesichts der Komplexität der Green Claims Directive und ihrer Umsetzung im nationalen Recht ist die Einbindung eines fachkundigen Rechtsanwalts unabdingbar. Ein spezialisierter Anwalt kann:

- rechtssichere Green Claims formulieren oder bestehende Aussagen rechtlich bewerten,
 - präventiv Risiken erkennen und rechtssichere Kommunikationsstrategien entwickeln,
 - interne Prozesse mitgestalten (z. B. Leitlinien, Freigabeverfahren),
 - im Ernstfall gegen Abmahnungen oder behördliche Maßnahmen verteidigen.

Ein proaktiver rechtlicher Ansatz hilft nicht nur, Bußgelder und Reputationsschäden zu vermeiden, sondern stärkt auch das Vertrauen von Kund:innen, Investoren und Geschäftspartnern.

Fazit

Die Green Claims Directive wird Unternehmen künftig deutlich stärker in die Pflicht nehmen, wenn sie Umweltversprechen abgeben. Was bislang als freies Feld der Marketingkommunikation galt, wird künftig einem klaren Rechtsrahmen unterworfen. Wer jetzt handelt, sich vorbereitet und rechtliche Expertise einbindet, kann die neue Regulierung nicht nur als Risiko, sondern auch als Chance für transparente, glaubwürdige und zukunftsfähige Kommunikation nutzen.

Bei Fragen zur Green Claims Directive oder zur Überprüfung Ihrer Umweltwerbung stehe ich Ihnen gerne beratend zur Seite.


SO wird es gemacht.


Stephan Stiletto

- Rechtsanwalt -

www.ra-stiletto.de

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