Wer eine Erbschaft antritt, ist grundsätzlich gem. § 30 ErbStG verpflichtet, dies dem zuständigen Finanzamt innerhalb von drei Monaten nach Kenntniserlangung anzuzeigen. Dieses wird den Erben sodann zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung auffordern. Umfasst der Nachlass unter anderem Immobilienvermögen, stellt sich an dieser Stelle die Frage, mit welchem Wert dabei eine Immobilie anzusetzen ist. Dieser Wert wird in der Regel vom Finanzamt berechnet und bestimmt sich folgendermaßen:

Verkehrswert als Grundlage

Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts bildet die Grundlage für die Bewertung einer Immobilie ihr Verkehrswert. Dieser in § 9 I BewG als „gemeiner Wert“ bezeichnete Wert soll durch den Preis bestimmt werden, welcher im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Ausschlaggebend sind hierfür die Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes sowie alle den Preis beeinflussenden Umstände, allerdings ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse, § 9 II BewG. Stichtag für die Bewertung ist stets der Todestag des Erblassers.

Verschiedene Bewertungsverfahren

Da eine gesonderte Betrachtung der Einzelimmobilie in der Regel nicht ausreicht, finden sich in den §§ 176 ff. BewG verschiedene Verfahren, mit denen der Verkehrswert ermittelt werden kann. Das Ziel ist stets eine günstige Festsetzung des Verkehrswerts durch das Finanzamt. Welches Verfahren im Einzelfall angewendet wird, hängt von der Art und der Nutzung des Grundstücks ab. Unterschieden wird zwischen dem Vergleichswertverfahren, dem Ertragswertverfahren und dem Sachwertverfahren.

1. Das Vergleichswertverfahren

Beim Vergleichswertverfahren nach § 183 BewG wird der Wert der Immobilie anhand von Vergleichspreisen, also tatsächlich erzielten Kaufpreisen von vergleichbaren Objekten in der Umgebung ermittelt. Diese Methode ist vorrangig anzuwenden und eignet sich vor allem bei Eigentumswohnungen oder Zweifamilienhäusern.

2. Das Ertragswertverfahren

Beim Ertragswertverfahren ist gem. § 184 BewG der Wert der Gebäude (Gebäudeertragswert) sowie der Bodenwert auf der Grundlage des Ertrags zu ermitteln. Ausschlaggebend sind folglich die künftig mit der Immobilie zu erzielenden Einnahmen. Dabei bestimmt sich der Bodenwert nach einem in § 196 BauGB vorgegebenen Bodenrichtwert, der mit der Fläche des Grundstücks zu  multiplizieren ist. Der Gebäudeertragswert ergibt sich aus dem Rohertrag des Grundstücks, d.h. dem für die Nutzung des bebauten Grundstücks jährlich zu zahlenden Entgelt abzüglich der Bewirtschaftungskosten, etwa für Verwaltung, Betrieb und Instandhaltung der Immobilie. Das Ertragswertverfahren wird vor allem bei vermieteten Objekten relevant.

3. Das Sachwertverfahren

Beim Sachwertverfahren bestimmt sich der Wert des Grundstücks gem. § 189 BewG nach dem Wert der Gebäude (Gebäudesachwert) sowie dem Bodenwert. Letzterer bestimmt sich wie beim Ertragswertverfahren, wohingegen sich der Gebäudesachwert aus den Regelherstellungskosten des Gebäudes, also den durchschnittlichen Herstellungskosten pro Flächeneinheit ergibt. Diese Methode kommt als nachrangiges Bewertungsverfahren vor allem bei selbst genutzten Immobilien zur Anwendung.

Nachweis durch Gutachten

Zusätzlich gibt es gem. § 198 BewG die Möglichkeit, einen niedrigeren Verkehrswert der Immobilie durch ein eigenes Sachverständigengutachten nachzuweisen. Da es sich bei den oben genannten Bewertungsverfahren um typisierte Verfahren handelt, ist das Ergebnis im Einzelfall nicht immer exakt. Wird der Verkehrswert aus diesem Grund zu hoch angesetzt, würde dies auch zu einer höheren Steuerpflicht führen. In dem Fall ist ein zusätzliches Gutachten durch einen Sachverständigen empfehlenswert.

Tatsächlicher Kaufpreis

Auch ein tatsächlich erzielter Kaufpreis kann schließlich für die Immobilienbewertung maßgeblich sein, wenn dieser unterhalb des vom Finanzamt ermittelten Wertes liegt. Dies setzt zudem voraus, dass das Grundstück innerhalb eines Jahres nach dem Anfall der Erbschaft verkauft wurde.

Belastete oder vermietete Immobilien

Wenn das Grundstück etwa mit einem Nießbrauch- oder Wohnrecht belastet ist, so ist dies nach § 14 BewG zu berücksichtigen. Danach ist der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen zu ermitteln, indem ein nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes zu ermittelnder Vervielfältiger mit dem Jahreswert multipliziert wird, welcher sich nach einer orts- und marktüblichen Miete richtet. Dieser Nießbrauchswert kann anschließend vom Verkehrswert der Immobilie abgezogen werden.

Handelt es sich dagegen um eine vermietete Immobilie, so ist diese gem. § 13d I ErbStG pauschal nur mit 90 % ihres Wertes anzusetzen.

Ausnahmen: Freibeträge und Familienheim

Zu beachten ist schließlich, dass nicht jeder Erwerb einer Immobilie im Wege der Erbschaft überhaupt eine Erbschaftsteuerpflicht auslöst. Zum einen existieren bei der Erbschaftsteuer Freibeträge in Höhe von 500.000 € für den Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner, 400.000 € für jedes Kind und 200.000 € für jeden Enkel des Erblassers.

Außerdem fällt für das sog. Familienheim manchmal gar keine Erbschaftsteuer an. Die vom Erblasser zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilie, in welche bestimmte Erben und zwar unter anderem der Ehegatte, eingetragene Lebenspartner oder die Kinder des Erblassers innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall selbst einziehen und mindestens zehn Jahre wohnen bleiben, hat eine Steuerbefreiung nach § 13 I Nr. 4a ErbStG zur Folge. Für Kinder gilt dies jedoch nur bis zu einer Wohnfläche von maximal 200 Quadratmetern.

Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes

Wenn Sie eine Immobilie geerbt haben, ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes ratsam. Insbesondere, wenn die vom Finanzamt vorgenommene Festsetzung des Verkehrswertes falsch ist, sollte umgehend Einspruch eingelegt werden. Herr Rechtsanwalt Fathieh berät Sie kompetent und professionell. 

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