Der Fall 🏢📧

Ein international tätiger Sportartikelhersteller beschäftigt rund 5.400 Mitarbeiter, von denen viele digital über dienstliche E‐Mail-Adressen, interne Netzwerke und Social-Media-Plattformen kommunizieren. 

Die zuständige Gewerkschaft wollte diesen digitalen Kommunikationsmix nutzen, um neue Mitglieder zu werben. Konkret forderte sie:

  • Aushändigung aller dienstlichen E‐Mail-Adressen zur Versendung von bis zu 104 E-Mails pro Jahr 📬
  • Zugang als „internal user“ zu einem internen Netzwerk zur Veröffentlichung werbender Beiträge 💬
  • Einbindung eines Links zur Gewerkschaftswebsite im Intranet der Arbeitgeberin 🔗

Die Gewerkschaft berief sich dabei auf ihre grundrechtlich geschützte Koalitionsbetätigungsfreiheit, die sie im Zuge der Digitalisierung des Arbeitslebens stärken möchte. Doch die Arbeitgeberin und letztlich auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) sahen die Dinge anders. ⚖️


Die rechtlichen Leitplanken ⚖️📜

Koalitionsbetätigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG)

  • Was bedeutet das?
    Dieses Grundrecht sichert den Gewerkschaften das Recht zu, ihre Mitglieder zu informieren, zu organisieren und anzuwerben – also ihre kollektiven Interessen zu vertreten. 🤝
  • Wichtig:
    Diese Freiheit garantiert nicht automatisch, dass der Arbeitgeber aktiv digitale Kommunikationsmittel zur Verfügung stellen muss.

Wirtschaftliche Betätigungsfreiheit (Art. 12 GG)

  • Was bedeutet das?
    Der Arbeitgeber hat das verfassungsrechtlich geschützte Recht, sein Gewerbe frei und eigenverantwortlich zu führen. 💼
  • Wichtig:
    Die Verpflichtung, interne Kommunikationswege für externe Zwecke zu öffnen, könnte dieses Recht erheblich einschränken.

Eigentumsrecht (Art. 14 GG)

  • Was bedeutet das?
    Der Arbeitgeber besitzt und kontrolliert seine betrieblichen Ressourcen – dazu gehören auch digitale Infrastrukturen wie E‐Mail-Systeme und Intranets. 🔒
  • Wichtig:
    Die Herausgabe von Daten oder die gewährte Einbindung in diese Systeme darf das Eigentumsrecht nicht unzumutbar beeinträchtigen.

Lösung durch das BAG 🚫⚖️

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil klargestellt:

  • Keine Pflicht zur Herausgabe von E‐Mail-Adressen:
    Die Arbeitgeberin muss nicht sämtliche dienstliche E‐Mail-Adressen der Mitarbeiter an die Gewerkschaft übermitteln. Eine bloße Übertragung dieser Daten kann die schützenswerten Interessen der Arbeitgeberin (Eigentums- und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit) und der Arbeitnehmer (Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) nicht ausreichend berücksichtigen. 📵

  • Kein genereller Zugang zu internen Netzwerken:
    Auch ein Anspruch auf den Zugang zu Plattformen wie Viva Engage als „internal user“ wurde abgelehnt. Die Eingriffe in die digitale Betriebsinfrastruktur würden die Arbeitgeberin unverhältnismäßig belasten. 💻❌

  • Keine Verlinkung im Intranet:
    Die Arbeitgeberin muss auch keinen Link zur Gewerkschaftswebsite auf ihrer Intranetseite platzieren, da hierfür keine entsprechende gesetzliche Regelung existiert. 🔗🚫

Grundsätzlich wird anerkannt, dass Gewerkschaften ihre koalitionsgemäße Betätigungsfreiheit auch digital ausüben dürfen – allerdings nur unter Nutzung der bestehenden, vom Arbeitgeber bereitgestellten Kommunikationsmittel. Eine aktive Unterstützung durch die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen ist jedoch nicht vorgesehen. ⚖️🤷‍♀️


Einordnung in der Praxis 📊🔍

Für Arbeitgeber:

  • Toleranzpflicht, aber keine Unterstützungspflicht:
    Arbeitgeber müssen betriebsinterne Werbe- und Informationsmaßnahmen der Gewerkschaften dulden, aber nicht aktiv digitale Zugangsrechte einräumen oder interne Systeme für die Gewerkschaft öffnen.
  • Schutz der Unternehmensinteressen:
    Die Entscheidung schützt das unternehmerische Ermessen und das Recht auf freien wirtschaftlichen Betrieb. 🏦🚀

Für Gewerkschaften:

  • Nutzung bestehender Mittel:
    Gewerkschaften dürfen die digitalen Kommunikationswege des Arbeitgebers nutzen – allerdings nur in dem Rahmen, wie sie ohnehin zugänglich sind. Eine alternative Strategie ist beispielsweise, vor Ort direkt nach den dienstlichen E‐Mail-Adressen zu fragen. 📞🤝
  • Künftige Entwicklungen:
    Zwar spricht vieles für die weitere Digitalisierung der Arbeitswelt, doch bleibt es aktuell wichtig, die Rechte des Arbeitgebers und den Datenschutz der Beschäftigten zu wahren. 📲🔄

Fazit:
Das BAG stellt klar: Digitale Koalitionsbetätigungsfreiheit bedeutet nicht, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ihre digitale Infrastruktur aktiv für Gewerkschaftszwecke zur Verfügung zu stellen. Für beide Seiten – Arbeitgeber und Gewerkschaften – gilt es, einen ausgewogenen Kompromiss zu finden, der die berechtigten Interessen und Grundrechte aller Beteiligten schützt. 👍⚖️

Mit diesem Urteil wird einmal mehr deutlich: Die Digitalisierung bringt neue Kommunikationswege, aber auch neue Herausforderungen im Spannungsfeld zwischen Arbeitsrecht, Datenschutz und wirtschaftlicher Freiheit. Bleiben Sie informiert! 📚✨


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