In einem von unserer Kanzlei geführten Rechtsstreit am LG Münster hat das Gericht einen sog. Hinweisbeschluss erlassen. Dabei handelt es sich um eine prozessleitende Maßnahme des Gerichts. Mit dem Beschluss erhalten die Parteien bereits im laufenden Verfahren Informationen zur Auffassung des Gerichts. Leider machen immer weniger Gerichte davon Gebrauch und schränken so die Prozessrechte der Parteien ein. Hier lief das einmal anders:

Worum geht es? Nun, unsere Mandantin klagt auf Rückzahlung einer Maklerprovision. Das Gericht beschäftigt sich aktuell mit der Frage, ob die Maklerin gegenüber meiner Mandantin eine Aufklärungspflicht hatte und wenn ja, ob diese verletzt worden ist? 

Das Gericht führt dazu aus, zwischen Makler und Auftraggeber bestehe ein Treueverhältnis. Daraus ergäben sich Nebenpflichten der Maklerin. Nebenpflicht sei auch eine Aufklärung. Aufgeklärt werden müsse über alle für die Kaufentscheidung des Maklerkunden/Kaufinteressenten wesentliche Umstände. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis: Nach diesen Grundsätzen stellen etwaige tatsächliche, durch Ausdünstungen von Bauteilen (immer wieder neu) entstehende Schadstoffbelastungen des Raumklimas eines Wohnzwecken dienenden Kaufobjekts, die gesundheitsgefährdend sind, einen mitzuteilenden Umstand dar. Entsprechendes gilt auch dann, wenn lediglich der begründete Verdacht solcher Belastungen besteht. Und weiter: Nach derzeitiger Würdigung ist das Gericht der Auffassung, dass etwaige
Schadstoffbelastungen für die Entschließung der Klägerin von Bedeutung waren,
dies für die Mitarbeiterin der Beklagten erkennbar war und die Klägerin hinsichtlich
dieses Umstandes offenbar belehrungsbedürftig ist
. Relevanz für das Gericht haben dabei die Frage der Maklerkundin nach etwaigen Schadstoffen, deren Erfahrung beim Grunderwerb und auf der anderen Seite der Umfang der Kenntnis der Maklerin von Geruch/Schadstoffen. Wird diese von Dritten auf etwaige Gerüche und/oder konkrete Schadstoffe hingewiesen, muss sie dieser Frage nachgehen. Dafür genügt nicht, dass die Maklerin veranlasst, dass ein allgemeines, umfassendes Schadstoffgutachten durch die Verkäufer eingeholt wird. Besteht ein konkreter Verdacht der Maklerin, so muss dieser der Kaufinteressentin so mitgeteilt werden. Das Gericht fordert somit spielgelbildlich das Teilen der vorhandenen Informationen mit der Maklerkundin/Kaufinteressentin. 

Auf dieser Basis steigt das Gericht in Kürze in die Beweisführung um die Mangelhaftigkeit des Einfamilienhauses ein. 

Dieser Prozess läuft bislang vorbildlich. Bestätigt der Sachverständige die Mängel im Haus, steht die Haftung der Maklerin fest. Rückzahlung der Provision und diverser Schadensersatz sind dann unproblematisch.

Haben auch Sie ein mangelhaftes Holzhaus in Fertigbauweise vom Makler erworben, sprechen Sie uns bitte an.

<Update> Wir haben einen Richterwechsel. Die neue Einzelrichterin sieht die Sache anders. Die Maklerin habe zwar gegen ihre Aufklärungspflicht verstoßen; dies sei auch schuldhaft erfolgt. Problematisiert wird aber der Schaden. Geld könne unsere Mandantin nur von den Verkäufern verlangen. Wir schließen rein vorsorglich einen widerrufbaren Vergleich. Während der Widerrufsfrist prüfe ich erneut die Rechtslage. Ergebnis: Der Vergleich wird widerrufen und die Klage zudem um Schadensersatz erweitert. Die Höhe: Differenz zwischen bezahltem und realem Kaufpreis. In 2 Wochen ist Verkündungstermin. Es sieht nach einem Beschluss aus. 

<Update 2> Die neue Richterin konnte von der Auffassung meiner Mandantin überzeugt werden. Nunmehr liegt ein Beweisbeschluss vor. Das Gericht wird also hinsichtlich der Mängel (Gerüche, Schadstoffe und Höhe der Wertminderung) in den Sachverständigenbeweis eintreten. Dabei folgte das Gericht meiner Empfehlung hinsichtlich der Person der Sachverständigen. Das lässt eine hohe Expertise erwarten.

<Update 3> Die Sachverständige hat deutlich erhöhte Werte der Holzschutzmittelverbindungen Lindan, Pentachlorcyclohexen und Tetrachlorphenol festgestellt. Gleiches gilt für Formaldehyd. Zudem wurden deutlich erhöhte Werte der Geruchsstoffe Trichloranisol und Tetrachloranisol gemessen. Das Raumluftgutachten beantwortet alle Beweisfragen im Sinne meiner Mandantin. Eine Haftung dem Grunde nach steht damit außer Zweifel. Das Gericht hat terminiert.