Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19.06.2024 (Az. 5 AZR 249/23) befasst sich mit der Frage, ob einer Arbeitnehmerin, die wegen eines fehlenden COVID-19-Immunitätsnachweises von der Arbeit freigestellt wurde, Annahmeverzugsvergütung zusteht. Die klagende Arbeitnehmerin, eine Krankenpflegerin, war seit dem 20.02.2021 bei dem beklagten Krankenhaus beschäftigt. Sie legte bis zum Stichtag, dem 15.03.2022, keinen Immunitätsnachweis vor, der nach § 20a IfSG (Infektionsschutzgesetz) in Einrichtungen des Gesundheitswesens erforderlich war. Daraufhin stellte die Arbeitgeberin die Arbeitnehmerin mit Wirkung vom 16.03.2022 ohne Gehaltsfortzahlung frei. Ab dem 01.06.2022 wurde sie wieder beschäftigt.


Die Arbeitnehmerin machte daraufhin Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum der Freistellung geltend, da sie sich als leistungsfähig und -willig ansah. Das Arbeitsgericht Braunschweig wies die Klage ab, während das Landesarbeitsgericht Niedersachsen zugunsten der Arbeitnehmerin entschied. Letztlich hob das Bundesarbeitsgericht das Urteil der Vorinstanz auf und entschied zugunsten der Arbeitgeberin.


Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass die Arbeitnehmerin im relevanten Zeitraum nach § 297 BGB nicht in der Lage war, ihre geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, da sie den nach § 20a IfSG geforderten Immunitätsnachweis nicht vorlegen konnte. Zwar hatte das Gesundheitsamt kein offizielles Tätigkeitsverbot ausgesprochen, dennoch war der Arbeitgeber berechtigt, eigenständig zu handeln. Die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes zielten darauf ab, hochvulnerable Gruppen vor einer Infektion zu schützen, und die Freistellung ohne Gehaltszahlung war eine angemessene Maßnahme, um diese Schutzpflicht zu erfüllen.


Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts betonte, dass der Arbeitgeber gemäß § 106 Abs. 1 GewO (Gewerbeordnung) im Rahmen seines Weisungsrechts bestimmen darf, unter welchen Bedingungen eine Weiterbeschäftigung erfolgt, insbesondere in einem sensiblen Bereich wie dem Gesundheitswesen. Die fehlende Vorlage des Immunitätsnachweises stellte somit ein objektives Leistungshindernis dar, das die Arbeitnehmerin daran hinderte, ihre Arbeitspflicht zu erfüllen.


Insgesamt stärkt das Urteil die Rechte von Arbeitgebern, im Interesse des Gesundheitsschutzes von Mitarbeitenden und Patienten Maßnahmen zu ergreifen, auch wenn keine behördlichen Tätigkeitsverbote vorliegen. Das Gericht machte klar, dass es dem Schutz vulnerabler Personengruppen Vorrang einräumt, indem es die Freistellung als verhältnismäßig und daher rechtmäßig bewertete.


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