Die „harten Drogen“ werden im Gegensatz zur „weichen Droge“ Cannabis im Fahrerlaubnisrecht gänzlich unterschiedlich behandelt, und das noch einmal mehr nach der partiellen Cannabislegalisierung durch das neue Cannabisgesetz vom 01.04.2024.


Weitgehend unbekannt ist bei „harten“ Drogen, dass bereits der einmalige Konsum für eine Fahrerlaubnisentziehung ausreichend ist. Und tatsächlich muss nicht eine weitere Voraussetzung für den Führerscheinverlust vorliegen. Und das heißt,


  • dass weder ein gelegentlicher oder regelmäßiger Konsum harter Drogen vorliegen muss (die vor der Cannabislegalisierung für fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen bei einem Cannabiskonsum vorgelegen haben müssen), noch muss ein Missbrauch oder eine Abhängigkeit vorliegen (die insbesondere für fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen bei Cannabiskonsum nach der Cannabislegalisierung eine Rolle spielen) und
  • es muss für eine Fahrerlaubnisentziehung der Drogenkonsum keinerlei Bezug zum Straßenverkehr aufweisen, d.h. es ist egal, dass Sie z.B. gar nicht Auto gefahren.

Es ist vielmehr so, dass im Regelfall allein der einmalige Konsum harter Drogen zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führt und dies ist dann gleich: die Fahrerlaubnisentziehung. Dies findet seine Entsprechung in der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung (Katalog von Krankheiten und Mängeln, die zur Fahrungeeignetheit führen) unter Punkt 9.1, bei dem die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führt.


Und dann kommt erst das „dicke Ende“: die Fahrerlaubnis wird also wie festgestellt bei einmaligem Konsum „harter“ Drogen entzogen. Dann möchten Sie natürlich Ihre Fahrerlaubnis – wahrscheinlich möglichst schnell - wieder erhalten. Dafür stellen Sie dann einen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis bei der Fahrerlaubnisbehörde. Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet im Rahmen des Antrages auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis eine Maßnahme zur Überprüfung, ob Sie Ihre Fahreignung wiedererlangt haben, also wird die allseits bekannte und ungeliebte medizinische-psychologische-Untersuchung = MPU angeordnet.

Wie die MPU durch die Begutachtungsstellen wie TÜV, pima-mpu GmbH, AVUS GmbH, IBBK usw. dann abzulaufen hat - also welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, um eine MPU mit positivem Ergebnis abschließen, sprich dass Ihre Fahreignung wieder festgestellt wird - findet sich in den sogenannten Beurteilungskriterien. Und hier ist für Betäubungsmittel in der Regel eine einjährige Abstinenz vorgesehen - in Einzelfällen sind auch 6 Monate möglich, aber in der Praxis sollte bei einer Begutachtung sinnvollerweise eine einjährige Abstinenz nachgewiesen werden. Es sollte also zunächst für ein Jahr die Drogenabstinenz nachgewiesen werden, z.B. durch Urinscreenings oder eine Haaranalyse. Ein Jahr ist für den einen oder anderen eine sehr lange Zeit, insbesondere geht bei einem Führerscheinverlust häufig um die berufliche und damit die finanzielle Existenz – da kann der ausgeartete Junggesellenabschied vom besten Freund schon richtig weh tun.


Nun ist es aber so, dass die Mühlen der Behörden manchmal sehr langsam mahlen. Sie bekommen in der Regel zunächst einen Bußgeldbescheid wegen Verstoßes gegen § 24a StVG von der Bußgeldstelle, wenn Sie unter Einfluss von Drogen Auto gefahren sind. Und irgendwann landet der Sachverhalt auf den Schreibtisch einer Fahrerlaubnisbehörde. Hier kann sich eine Bearbeitung durchaus über viele Monate hinziehen. Und das heißt: Sie behalten in dieser Zeit zunächst Ihre Fahrerlaubnis und dürfen damit auch weiter Auto fahren – als wäre nichts geschehen - und zwar bis die Fahrerlaubnisbehörde sich bei Ihnen mit einer Maßnahme meldet.


Interessant wird das Ganze, wenn sich die Fahrerlaubnisbehörde erst über ein Jahr nach einem Vorfall mit „harten“ Drogen bei Ihnen meldet – und das tut sie dann in der Regel mit einer Entziehung der Fahrerlaubnis. Und dass Fahrerlaubnisbehörden für eine Bearbeitung von Fahrerlaubnisverfahren über ein Jahr „brauchen“, kommt tatsächlich immer wieder vor.


Und für den Fall, dass die Fahrerlaubnisentziehung nach einem Vorfall mit „harten“ Drogen sich erst nach über einem Jahr bei Ihnen meldet, sieht ein erheblicher Teil der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte eine Fahrerlaubnisentziehung als nicht mehr verhältnismäßig an, d. h. als rechtswidrig, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.  


Zwar schließt die Einnahme von Betäubungsmitteln (ausgenommen Cannabis) nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte regelmäßig die Fahreignung aus. Allerdings muss dies nicht in jedem Fall zu einer Fahrerlaubnisentziehung führen, nämlich wenn bereits über ein Jahr Drogenfreiheit besteht. In einem solchen Fall ist eine unmittelbare Fahrerlaubnisentziehung nicht (mehr) regelmäßig rechtmäßig. D.h. natürlich als Erstes: stellen Sie nach einem Vorfall mit „harten Drogen“ sofort Ihren Konsum ein und beginnen Sie mit Abstinenznachweisen mittels eines Drogenscreenings. In diesem Fall können Sie dann Ihre Drogenfreiheit nachweisen. Kurz erwähnt werden soll, dass Sie das natürlich nicht um eine MPU herumbringt. Die müssen Sie dann immer noch absolvieren, allein ein Abstinenznachweis stellt keinen Nachweis für eine Wiedererlangung Ihrer Fahreignung dar -, allerdings können Sie bei vorgenannten Sachverhalten ggf. für den gesamten Zeitraum des Fahrerlaubnisverfahrens – des Fahreignungsüberprüfungsverfahrens - Ihre Fahrerlaubnis behalten und weiter Auto fahren.


Aber auch für den Fall, dass seit einem Vorfall mit „harten“ Drogen ein Jahr vergangen ist und Sie keinerlei Drogenscreenings (gemacht) haben, um Ihre Abstinenz nachweisen zu, können Sie zumindest um eine Fahrerlaubnisentziehung herumkommen – wie oben gesagt aber nicht um eine MPU inklusive Drogenscreening. Voraussetzung dafür ist, dass


  1. eine einjährige Drogenfreiheit (sog. Einjahresfrist) geltend gemacht wird und


  1. glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt wird.


So hat der Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Beschluss vom 17.12.2021, entschieden, in dem es heißt:

Nach der Rechtsprechung des Senats darf nach Ablauf der sog. Verfahrensrechtlichen Einjahresfrist nicht mehr ohne Überprüfung davon ausgegangen werden, dass die sich aus Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ergebende Nichteignung des Betroffenen im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV weiter feststeht. Diese Frist beginnt grundsätzlich mit dem Tag, den dieser als den Beginn der Betäubungsmittelabstinenz angegeben hat, oder von dem an, unabhängig von einem solchen Vorbringen, Anhaltspunkte für eine derartige Entwicklung vorliegen. Dafür genügt die bloße Behauptung der Drogenabstinenz jedoch regelmäßig nicht, sondern es müssen Umstände hinzutreten, die diese Behauptung glaubhaft und nachvollziehbar erscheinen lassen. (...) 


Auch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 26.10.2022, schließt sich dem an, hier es heißt:


Auch im Übrigen stünde eine im Mai 2021 festgestellte sechsmonatige Drogenabstinenz der Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis nicht entgegen. Zwar besteht die Vermutung wegen Betäubungsmittelkonsums verloren gegangener Fahreignung, aufgrund derer nach § 11 Abs. 7 FeV die Fahrerlaubnis ohne weitere Untersuchungen entzogen werden kann, nicht unbegrenzt. Dem Fahrerlaubnisinhaber bleibt vielmehr die Möglichkeit eingeräumt, nach einjähriger nachgewiesener Abstinenz die Fahreignung wieder zu erlangen. Der insoweit erforderliche - in der Regel - einjährige Abstinenzzeitraum ergibt sich dabei aus Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV. Nach Ablauf eines Jahres beginnend ab dem Tag, den der Betroffene als Beginn seiner Betäubungsmittelabstinenz angibt oder von dem an zumindest Anhaltspunkte für eine dahingehende Entwicklung vorliegen (sog. verfahrensrechtliche Einjahresfrist), entfällt damit die Möglichkeit einer allein auf den Drogenkonsum gestützten Einziehung der Fahrerlaubnis (vgl. Beschluss des Senats vom 14. August 2020 - 3 L 121/20 - juris Rn. 14). (...).“


Auch das Verwaltungsgericht Bremen hat gleichlautend entschieden und die Möglichkeit der Anordnung eines engmaschig überwachten Drogenscreening angeführt, was in Anbetracht der Tatsache, dass dieses im Rahmen der MPU ohnehin ein Abstinenznachweis erbracht werden muss, nicht sonderlich negativ ins Gewicht fällt.  


In dem ganz aktuellen Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen vom 14.03.2024 heißt es:


„Davon unterscheidet sich die vorliegende Situation, in der die Vermutung des Verlusts der Fahreignung aufgrund eines Betäubungsmittelkonsums nicht mehr trägt, weil seit dem letzten (nachgewiesenen) Konsum mehr als  ein Jahr verstrichen ist und es der Klärung bedarf, ob der

Fahrerlaubnisinhaber im Hinblick auf den Zeitablauf seine Fahreignung wiedergewonnen hat.“ (...)

Den Belangen der Verkehrssicherheit (vgl. ThürOVG, a.a.O.) wird grundsätzlich dadurch Rechnung getragen, dass die Behörde bei dem Konsum harter Drogen nach § 11 Abs. 7 FeV ohne Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens die Fahrerlaubnis entziehen kann. Macht sie von dieser Möglichkeit zeitnah keinen Gebrauch und wartet zu und kommt es in dieser Zeit zu keinen weiteren Auffälligkeiten des Fahrerlaubnisinhabers, ist es auch im Hinblick auf die Verkehrssicherheit hinnehmbar, dass die Fahrerlaubnisbehörde zunächst auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Nr. 2 FeV ein überwachtes engmaschiges Drogenscreening anordnet und bei einem positiven Drogennachweis oder bei einer nicht fristgerechten Ablieferung beizubringender Zwischenergebnisse die Fahrerlaubnis entzieht (BayVGH, Beschl. v. 04.02.2009 – 11 CS 08.2591 –, juris Rn. 19). Zudem sind die Anforderungen an die glaubhafte und nachvollziehbare Drogenabstinenz im Rahmen der verfahrensrechtlichen Einjahresfrist nicht zu niedrig anzusetzen.


Als Fazit ist Folgendes zu ziehen:

  • Wer „harte“ Drogen nimmt, ist grundsätzlich nicht fahrgeeignet und es ist in der Regel die Fahrerlaubnis zu entziehen.
  • Um die Fahrerlaubnis zurückzuerhalten muss neben einer (meist einjährigen Drogenabstinenz) eine MPU absolviert werden, die die wiedergewonnene Fahreignung bestätigt.
  • Sollte seit dem Vorfall mit „harten“ Drogen und dem Tätigwerden der Behörde mehr als ein Jahr verstrichen sein, kann die Fahrerlaubnisentziehung ggf. verhindert werden und die Fahrerlaubnis kann bis zum Abschluss des Fahreignungsüberprüfungsverfahren – MPU inklusive Drogenscreening – belassen werden. Bei positiver MPU kommt es dann gar nicht erst zu einer Fahrerlaubnisentziehung.


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