Die Geburt eines Kindes ist ein bewegender Moment im Leben jeder Mutter. Doch wenn Komplikationen auftreten und der Verdacht besteht, dass ein ärztlicher Behandlungsfehler vorliegt, steht die Freude oft im Schatten von Sorgen und Unsicherheiten. In einem früheren Rechtstipp haben wir bereits erläutert, welche Ansprüche Sie als Mutter geltend machen können, wenn Sie selbst durch Fehler während der Geburt gesundheitliche Schäden erlitten haben. Doch was ist, wenn Ihr Kind betroffen ist?
Ein Geburtsschaden kann für Ihr Kind und Ihre Familie erhebliche Folgen haben – sei es durch eine dauerhafte Behinderung, Entwicklungsstörungen oder andere gesundheitliche Beeinträchtigungen. In diesem Beitrag erklären wir typische Behandlungsfehler und Folgen im Rahmen einer Geburt, welche rechtlichen Schritte Ihnen offenstehen und wie Sie die bestmögliche Unterstützung für Ihr Kind sichern können.
Typische Folgen eines Behandlungsfehlers
- Hypoxische ischämische Enzephalopathie (HIE):
Leider kommt es in einigen Fällen zu Sauerstoffmangel (Hypoxie) und/oder einer Minderdurchblutung (Ischämie) des Gehirns des Kindes während der Geburt, was zu dauerhaften Hirnschäden führen kann, die sich in unterschiedlichen neurologischen Defiziten äußern. - Zerebrale Lähmungen (CP):
Eine der schwerwiegendsten Folgen ist die Entstehung einer zerebralen Lähmung (Zerebralparese), die langfristige motorische und kognitive Beeinträchtigungen mit sich bringen kann. Motorische Beeinträchtigungen können unter anderem Spastiken, Athetose, Ataxie oder auch Probleme bei feinmotorischen Bewegungen sein. - Epileptische Anfälle:
Durch die Schädigung des Gehirns können epileptische Anfälle entstehen, die eine weitere medizinische und therapeutische Behandlung erfordern. - Sensorische Beeinträchtigungen:
Verletzungen können auch Auswirkungen auf das Seh- und Hörvermögen haben, was die weitere Entwicklung des Kindes beeinträchtigen kann. Auch können Kinder Sprach- und Sprechstörungen (Dysarthrie) entwickeln.
Behandlungsfehler während einer Geburt
Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn ein Arzt oder eine andere medizinische Fachkraft gegen die geltenden medizinischen Standards verstößt und dadurch die Gesundheit eines Patienten schädigt. Maßgeblich ist, ob das medizinische Personal die fachlichen Sorgfaltspflichten verletzt hat, die zum Zeitpunkt der Behandlung als allgemein anerkannt galten.
Folgende Fehler treten typischerweise auf, wobei diese Auflistung selbstverständlich nicht abschließend ist:
- Fehlerhafte Überwachung des fetalen Zustands:
Eine unzureichende Überwachung der fetalen Herzfrequenz kann dazu führen, dass Anzeichen einer fetalen Hypoxie (Sauerstoffmangel) übersehen oder zu spät erkannt werden. - Verspätete oder unzureichende Reaktion auf Komplikationen:
Wenn sich Anzeichen einer fetalen Notlage oder mütterlicher Komplikationen zeigen, kann eine zu späte Entscheidung – beispielsweise für eine Sectio (Kaiserschnitt) – das Risiko schwerwiegender Schäden erhöhen. Es gibt konkrete Vorgaben, wie schnell Ärztinnen und Ärzte im Falle von Komplikationen eine Sectio einleiten müssen. Werden diese Zeitvorgaben überschritten, liegt ein Behandlungsfehler vor. - Fehlerhafte Aufklärung:
Die Ärztinnen und Ärzte müssen Sie über die Chancen und Risiken einer natürlichen Geburt und einer Sectio (Kaiserschnitt) bereits vor der Geburt ausführlich informieren. Leider erleben wir zu häufig, dass Ärztinnen oder Ärzte der Auffassung sind, eine natürliche Geburt sei stets einer Sectio vorzuziehen. Eine ordnungsgemäße Aufklärung erfolgt gerade in diesen Fällen nicht. - Fehlinterpretation und Unterlassen von Untersuchungen:
Des Weiteren wird oft versäumt, die Betroffene eingehend zu untersuchen und festzustellen, dass ihr Körperbau für eine natürliche Geburt möglicherweise ungeeignet ist. Dies kann dazu führen, dass Verengungen im Geburtskanal oder ein schiefes Steißbein übersehen werden, wodurch die Gefahr besteht, dass das Kind während der Geburt im Geburtskanal stecken bleibt. - Fehlerhafte Anwendung von geburtshilflichen Instrumenten:
Der Einsatz von Instrumenten wie Saugglocke oder Zange birgt Risiken. Eine unsachgemäße Anwendung kann Verletzungen am Kopf oder Gehirn des Neugeborenen verursachen.
Wenn Sie vermuten, dass im Rahmen der Geburt Ihrer Tochter oder Ihres Sohnes Behandlungsfehler erfolgten, können Sie sich gerne unverbindlich über das unten aufgeführte Kontaktformular von Anwalt.de oder telefonisch unter 0521 529930 an uns wenden, um uns Ihren Fall zu schildern. Als Kanzlei mit einem Schwerpunkt im Arzthaftungs- und Medizinrecht beraten wir Sie gerne.
Mögliche Ansprüche
Grundsätzlich können Sie für Ihr Kind Schmerzensgeld und Schadensersatz geltend machen.
Schmerzensgeld
Schmerzensgeld ist der Ausgleich für Schäden, die Ihr Kind für erlittenes Leid, seelische Belastungen und allgemeine Schmerzen erhält. Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach der Schwere der Schmerzen und der Dauer, die Ihr Kind unter den Schmerzen leiden musste oder noch leiden wird. Insbesondere wird Ihr Kind langfristig unter Schädigungen des Gehirns leiden, weshalb von Gerichten in diesen Fällen Schmerzensgelder von bis zu 1 Million Euro zugesprochen werden.
Schadensersatz
Hierbei handelt es sich um den Ausgleich materieller Schäden, die durch die fehlerhafte Behandlung entstanden sind. Beispiele hierfür sind:
- Kosten für die Vollzeitpflege Ihres Kindes
- Kosten für den Umbau zu einer behindertengerechten Wohnung
- Notwendige Folgebehandlungen
- Aufwendungen für Medikamente und medizinische Hilfsmittel
- Kosten für ein behindertengerechtes Auto
Verdienstausfall bzw. Erwerbsminderungsschaden
Sollten durch die Behandlungsfehler Ihr Kind im Verlauf seines Lebens nicht in der Lage sein einen Beruf auszuüben, kann auch dieser Schaden geltend gemacht werden.
Was können Sie für Ihr Kind tun?
Für den späteren Prozess ist die Beweissicherung von erheblichem Wert. Heben Sie daher alle Dokumente wie Arztbriefe, Befundberichte und Ihren Mutterpass sorgfältig auf. Des Weiteren bietet sich auch an, ein Protokoll über die Geschehnisse zu schreiben. Welche Ärztin oder welcher Arzt hat was und wann zu Ihnen gesagt? Je früher Sie diese Erinnerungen festhalten, desto besser.
Was können wir für Sie tun?
In der Regel fordern wir für Sie Ihre vollständigen Behandlungsunterlagen an. Leider erhalten Patientinnen regelmäßig lediglich einen einfachen Arztbrief. Sie haben jedoch einen Anspruch auf alle Unterlagen, die über Sie und Ihr Kind im Rahmen der Geburt angefertigt wurden. Sodann prüfen wir Ihre Dokumente auf Behandlungsfehler und fordern die Gegenseite im Falle eines Fehlers zur Zahlung von Schmerzensgeld, Schadensersatz und etwaiger anderer Ansprüche auf. Geht das Krankenhaus auf unsere Forderung ein und zahlt die geforderte Summe, ist unser Auftrag erfüllt. Sollte sich das Krankenhaus allerdings verweigern, werden wir in enger Abstimmung mit Ihnen eine Klage einreichen müssen.
Kosten
Das Kostenrisiko hängt unmittelbar mit der Höhe der geltend gemachten Ansprüche zusammen. Je höher die Forderungen sind, desto höher sind die Kosten des Anwalts und des Prozesses. Sofern Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, müssen Sie sich über die Kosten keine Gedanken machen. Gerne setzen wir uns für Sie mit Ihrer Rechtsschutzversicherung in Verbindung und holen eine Deckungszusage ein.
Sofern Sie keine Rechtsschutzversicherung haben, werden wir Ihnen direkt zu Beginn eine Einschätzung des voraussichtlichen Kostenrisikos geben. Da insbesondere aufgrund von Geburtsschäden hohe Schadenssummen gefordert werden können, geht mit solchen auch ein hohes Kostenrisiko einher. Dieses können wir jedoch deutlich reduziert werden, wenn wir ein Schlichtungsverfahren einem Klageverfahren vorziehen. Gerne informieren wir Sie über die Details dieser Möglichkeit bei einem unverbindlichen persönlichen ersten Gespräch.
Als Kanzlei mit einem Schwerpunkt im Arzthaftungs- und Medizinrecht beraten wir Sie gerne. Schreiben Sie uns einfach unverbindlich über das unten aufgeführte Kontaktformular oder rufen Sie direkt unter 0521 529930 an. Wir vertreten Sie im gesamten Bundesgebiet.