In den vergangenen Jahren hat die Automobilbranche erhebliche Umbrüche durchlebt. Megatrends wie die Elektromobilität, Digitalisierung und Automatisierung verlangen von Herstellern und Zulieferern gleichermaßen, ihre Geschäftsmodelle anzupassen. Dies führt jedoch oft zu finanziellen Herausforderungen und einem erhöhten Druck auf die Personalkosten. Viele Unternehmen in der Branche greifen daher auf Maßnahmen wie Kurzarbeit und Änderungskündigungen zurück, um Gehälter zu reduzieren und Personalstrukturen anzupassen. Doch was bedeuten diese Begriffe konkret, welche rechtlichen Regelungen gelten, und was müssen Beschäftigte wissen?

1. Kurzarbeit: Weniger Arbeit, weniger Gehalt, aber Arbeitsplatzsicherung

Definition und Ablauf:
Kurzarbeit ermöglicht es Unternehmen, ihre Personalkosten vorübergehend zu senken, indem sie die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter reduzieren, ohne sie jedoch vollständig zu entlassen. Das deutsche Arbeitsrecht regelt die Kurzarbeit im Sozialgesetzbuch III, und besonders relevant ist das sogenannte Kurzarbeitergeld (KUG). Es wird von der Bundesagentur für Arbeit gewährt, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der nicht vermeidbar ist.

Anwendung in der Automobilbranche:
Angesichts der Transformationsphase in der Automobilindustrie greifen viele Unternehmen zu diesem Instrument. In der Vergangenheit nutzten etwa große Automobilkonzerne wie Volkswagen und Daimler (heute Mercedes-Benz Group) Kurzarbeit, um wirtschaftliche Engpässe abzufangen. Die Kurzarbeit hat sich in Krisenzeiten wie der COVID-19-Pandemie oder derzeitigen konjunkturellen Schwankungen als Rettungsanker erwiesen. Dabei tragen Arbeitgeber und Staat gemeinsam zur Gehaltssicherung bei.

Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern:
Um Kurzarbeit einführen zu können, muss der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats und die Genehmigung der Arbeitsagentur einholen. Arbeitnehmer erhalten im Falle einer Kurzarbeit bis zu 60 % des entfallenden Nettoentgelts als Kurzarbeitergeld (bei Beschäftigten mit Kindern bis zu 67 %). Diese Maßnahme ist befristet; bei Krisen wie COVID-19 wurde die Höchstbezugsdauer auf bis zu 24 Monate verlängert.

Wichtige rechtliche Aspekte:
Arbeitnehmer haben kein generelles Recht auf Kurzarbeit, sie können diese nur dann akzeptieren, wenn dies im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder durch tarifliche Regelungen vorgesehen ist. Erforderlich ist auch eine sorgfältige Prüfung durch die Arbeitsagentur, ob die beantragte Kurzarbeit tatsächlich notwendig ist, da die Zuschüsse aus staatlichen Mitteln finanziert werden.

2. Änderungskündigung: Die Alternative zu Entlassungen?

Definition und Ablauf:
Eine Änderungskündigung ist eine Kündigung, die dem Arbeitnehmer eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu veränderten Bedingungen anbietet. Oftmals gehen damit Gehaltskürzungen oder geänderte Arbeitszeiten einher. Dies ist besonders dann der Fall, wenn Unternehmen ihre Kosten senken müssen, aber Entlassungen vermeiden wollen.

Vorgehen und Rechtslage:
Eine Änderungskündigung muss, wie jede Kündigung, bestimmten formalen Anforderungen entsprechen und sozial gerechtfertigt sein. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss nachweisen, dass es betriebsbedingte Gründe gibt, die eine Anpassung der Arbeitsbedingungen notwendig machen. Solche Gründe sind in der Automobilindustrie häufig technologischer oder wirtschaftlicher Natur, zum Beispiel aufgrund von Produktionsverlagerungen in kostengünstigere Regionen oder neuen Anforderungen an die Qualifikation der Arbeitnehmer.

Arbeitnehmer haben bei einer Änderungskündigung folgende Optionen:

  1. Zustimmung zu den neuen Bedingungen, wodurch das Arbeitsverhältnis zu geänderten Konditionen fortgesetzt wird.
  2. Ablehnung der Kündigung, was zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt.
  3. Unter Vorbehalt Zustimmung und anschließend beim Arbeitsgericht eine Änderungsschutzklage einreichen, um die Rechtmäßigkeit der neuen Bedingungen überprüfen zu lassen.

Gerichtliche Überprüfung:
Das Arbeitsgericht prüft bei einer Änderungsschutzklage, ob die angebotenen neuen Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt sind und ob es eine mildere Alternative zur Änderungskündigung gab. Die Chancen auf Erfolg hängen jedoch stark von den individuellen Umständen ab, wie der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und dem Grad der Veränderung der Arbeitsbedingungen.

3. Aktuelle Entwicklungen und Perspektiven

In jüngster Zeit sehen sich viele Automobilhersteller und -zulieferer gezwungen, durch Kurzarbeit oder Änderungskündigungen ihre Kosten zu senken. Ein prominentes Beispiel ist die aktuelle Strategie der großen Hersteller, sich von Verbrennungstechnologien abzuwenden und in Elektromobilität zu investieren. Der Wandel stellt besonders mittelständische Zulieferbetriebe vor Herausforderungen, da sie vielfach noch auf konventionelle Antriebstechnologien spezialisiert sind.

Auch juristisch gibt es neue Entwicklungen: So wird diskutiert, ob bestimmte Maßnahmen bei einer umfassenden Unternehmensumstrukturierung rechtlich vereinfacht werden sollten, etwa durch verkürzte Kündigungsfristen oder einen erleichterten Zugang zur Kurzarbeit für spezifische Branchen.

4. Fazit: Gehaltskürzungen durch Kurzarbeit und Änderungskündigungen - Rechte kennen und handeln

Für Arbeitnehmer ist es entscheidend, sich über ihre Rechte im Zusammenhang mit Kurzarbeit und Änderungskündigungen zu informieren. Kurzarbeit kann helfen, Gehaltseinbußen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten abzufedern, stellt aber keine Dauerlösung dar. Bei Änderungskündigungen ist Vorsicht geboten: Arbeitnehmer sollten abwägen, ob sie die geänderten Bedingungen akzeptieren oder den Weg der Änderungsschutzklage gehen möchten. 

Die Transformation in der Automobilindustrie wird in den nächsten Jahren weiterhin zu flexiblen Arbeits- und Lohnmodellen führen.

Kontakt

Die G|P|S - Rechtsanwälte sind u.a. spezialisiert auf das Verkehrsrecht und Arbeitsrecht. 
Sie haben Fragen hierzu oder anderen verkehrsrechtlichen Themen? Kontaktieren Sie uns per E-Mail [email protected] oder telefonisch unter +49 89 4444 345 10!

Weitere Information auf unserer Internetseite: www.gps-recht.de