Wenn Eltern sich trennen, bleibt das gemeinsame Sorgerecht in der Regel bestehen. Doch was bedeutet das konkret im Alltag? Welche Entscheidungen darf ein Elternteil alleine treffen – und wann ist die Zustimmung des anderen erforderlich?
Alltägliche Entscheidungen darf ein Elternteil allein treffen
Grundsätzlich gilt: Alltägliche Entscheidungen im Leben des Kindes dürfen von dem Elternteil allein getroffen werden, bei dem sich das Kind gerade aufhält. Dazu zählen zum Beispiel:
Was das Kind isst oder anzieht
Teilnahme am Schulausflug
Anmeldung zum Sportverein
Organisation der Hausaufgabenbetreuung
Diese Entscheidungen fallen unter den sogenannten „alltäglichen Angelegenheiten“ (§ 1687 BGB), die keinen bleibenden Einfluss auf das Leben des Kindes haben.
Wesentliche Entscheidungen bedürfen gemeinsamer Abstimmung
Demgegenüber stehen Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung, die nur gemeinsam entschieden werden dürfen. Dazu gehören unter anderem:
Wahl der Schule oder eines Kindergartenplatzes
Medizinische Eingriffe (z. B. Operationen)
Beantragung eines Reisepasses oder Auslandsreisen
Taufe oder Religionszugehörigkeit
In diesen Fällen muss eine Einigung zwischen den Eltern erfolgen. Verweigert ein Elternteil die Zustimmung ohne triftigen Grund, kann dies den anderen Elternteil erheblich blockieren – vor allem dann, wenn eine Entscheidung zeitnah getroffen werden muss.
Wenn keine Einigung möglich ist: Gerichtliche Entscheidung
Kommt es zu keiner Einigung, besteht die Möglichkeit, die Zustimmung des anderen Elternteils familiengerichtlich ersetzen zu lassen (§ 1628 BGB). Das Gericht prüft dann, ob die Entscheidung im Kindeswohlinteresse liegt. Ist dies der Fall, kann das Gericht einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis für die konkrete Angelegenheit übertragen – auch gegen den Willen des anderen.
Ein typischer Fall: Ein Elternteil möchte das Kind auf eine bestimmte weiterführende Schule schicken, der andere lehnt das ohne nachvollziehbaren Grund ab. In solchen Fällen kann das Familiengericht eingeschaltet werden, um Klarheit zu schaffen und dem Wohl des Kindes Vorrang zu geben.
Fazit
Die gemeinsame elterliche Sorge bedeutet nicht, dass in jeder Angelegenheit beide Elternteile zustimmen müssen. Viele Entscheidungen dürfen allein getroffen werden – andere jedoch nur gemeinsam. Wenn Uneinigkeit herrscht, bietet das Familiengericht eine Möglichkeit zur Lösung, bei der stets das Kindeswohl im Mittelpunkt steht.
Tipp: Holen Sie sich im Zweifel frühzeitig anwaltliche Unterstützung, um langwierige Konflikte zu vermeiden und eine einvernehmliche Lösung anzustreben.