Über General-Vorsorgevollmachten habe ich schon einiges geschrieben. Sie eignet sich übrigens auch hervorragend als flankierende Massnahme zu einem Testament.
Diesmal geht es darum, was zu tun ist, wenn ein Bevollmächtigter nicht mehr in der Lage ist, die Vollmacht zugunsten eines dementen Vollmachtgebers sachgerecht auszuüben.
Wozu eine General-Vorsorgevollmacht mit Betreuungsverfügung gut ist
Mit der Erteilung einer General-Vorsorgevollmacht sorgen Sie dafür, dass eine andere Person im Geschäftsleben an Ihrer Stelle und für Sie umfassend tätig werden kann, wenn Sie vorübergehend oder dauerhaft handlungsunfähig sind: Zum Beispiel kann der General-Vorsorgebevollmächtigte für Sie Verträge abschließen oder auch kündigen, Ihre Postsachen bearbeiten und Ihre Bankgeschäfte für Sie erledigen.
Und mit einer Betreuungsverfügung vermeiden Sie, dass das Betreuungsgericht eine Rechtsbetreuung anordnet, sollten Sie dauerhaft, zum Beispiel wegen Demenz, nicht mehr in der Lage sein, Ihre Angelegenheiten wahrzunehmen: Indem Sie in der Vollmacht verfügen, dass durch die Erteilung der Vollmacht eine Rechtsbetreuung vermieden bleiben soll, stellen Sie Ihre Selbstbestimmtheit weitestgehend sicher.
Wichtig: Der Bevollmächtigte muss vertrauenswürdig und geschäftserfahren sein
Das Erteilen einer Vollmacht heißt, dass Sie Ihrem Bevollmächtigten in den von Ihnen bestimmten Situationen die volle Macht verleihen: Der Bevollmächtigte kann nach eigenem Gutdünken schalten und walten, soweit seine Vollmacht reicht.
Die Person, die Sie für die Aufgabe des Generalbevollmächtigten ausersehen, muss also absolut integer, vertrauenswürdig und verlässlich sein, damit Sie davon ausgehen können, dass die Person Ihre Interessen sorgsam wahrnimmt. Die Person muss ferner körperlich und mental belastbar und auch geschäftlich erfahren sein: Wer schnell überfordert ist und selbst Schwierigkeiten hat, geschäftliche Angelegenheiten des täglichen Lebens zu meistern, ist als Bevollmächtigter ungeeignet.
Was tun, wenn der Bevollmächtigte selbst notleidend wird?
Eine Generalvollmacht ist nicht für alle Ewigkeit in Stein gemeißelt:
Wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Bevollmächtigter nicht die richtige Wahl war, sollten Sie selbst oder mit anwaltlicher Hilfe die Vollmacht sofort widerrufen und den Bevollmächtigten auffordern, alle Vollmachtsurkunden umgehend an Sie herauszugeben.
Umgekehrt ist auch der Bevollmächtigte berechtigt, den ihm erteilten Auftrag unter bestimmten Voraussetzungen zu kündigen.
Was aber, wenn der Bevollmächtigte zwar integer, aber nicht mehr in der Lage ist, seinem Auftrag einwandfrei nachzukommen, und wenn der Auftraggeber wegen Demenz geschäftsunfähig ist und die Vollmacht nicht mehr wirksam widerrufen kann? Mit dieser Frage hatte sich jüngst der Bundesgerichtshof (BGH) zu beschäftigen:
Sachverhalt: Der verwirrte Generalbevollmächtigte
Eine alte Dame (Vollmachtgeberin) hatte ihrem Nachbarn eine Generalvollmacht mit Betreuungsverfügung erteilt und diese Vollmacht dem Nachbarn gegenüber mehrfach bestätigt. Kurz vor der letzten Bestätigung allerdings hatte die Vollmachtgeberin einen Anwalt beauftragt, die Vollmacht dem Nachbarn gegenüber zu widerrufen. Später stellte sich heraus, dass die Vollmachtgeberin dement geworden war. Infolge des Widerrufs der Vollmacht kam es zu Schwierigkeiten mit der Hausbank der Vollmachtgeberin. Es stellte sich heraus, dass durch das Handeln der Vollmachtgeberin erhebliche Geldmittel von ihrem Konto abgeflossen waren, was der Generalbevollmächtigte nicht verhindert hatte.
Das Betreuungsgericht wurde eingeschaltet (von wem, wird nicht geschildert) und stellte fest, dass der Generalbevollmächtigte zwar nicht unredlich gehandelt habe, jedoch (aus nicht näher geschilderten Gründen) nicht geeignet erscheine, seinem Auftrag nachzukommen und die Angelegenheiten der Vollmachtgeberin wunsch- und interessengerecht zu besorgen. Das Betreuungsgericht ordnete eine umfassende Rechtsbetreuung an sowie eine Suspendierung der General-Vorsorgevollmacht und eine Herausgabe sämtlicher Vollmachtsurkunden an den Rechtsbetreuer. Hiergegen ließ die Vollmachtgeberin über ihren Anwalt Beschwerde einlegen, die schließlich dem BGH zur Entscheidung vorgelegt wurde.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs über das Schicksal der General-Vorsorgevollmacht: Eine Kontrollbetreuung geht einer Suspendierung vor!
Der BGH stellte fest, dass die Selbstbestimmung durch den Vollmachtgeber Vorrang habe vor der Fremdbestimmung seitens des Betreuungsgerichts und des Rechtsbetreuers, wie es gesetzlich geregelt sei: Ein Betreuer dürfe nur dann bestellt werden, wenn dies erforderlich sei, und an einer Erforderlichkeit fehle es, soweit die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten gleichermaßen besorgt werden könnten.
Das Gericht habe nicht die Redlichkeit des Generalbevollmächtigten in Zweifel gezogen, sondern nur seine Eignung, bestimmte Angelegenheiten der Vollmachtgeberin sachgerecht zu regeln. Dabei habe es aber nicht genau geprüft, ob die Voraussetzungen für die Suspendierung der General-Vorsorgevollmacht überhaupt gegeben seien und ob nicht die Anordnung einer Kontrollbetreuung als milderes Mittel in Betracht komme.
Der BGH hat den Beschluss des Betreuungsgericht aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung an das Betreuungsgericht zurückverwiesen (BGH, Beschluss v. 31.07.2024, Az. XII ZB 75/74, NJW 2024, 3727 ff).
TIPP:
Wenn Sie sichergehen wollen, dass die von Ihnen generalbevollmächtigte Person Ihren Wünschen und Interessen entsprechend handelt, dann setzen Sie in der General-Vorsorgevollmacht eine zusätzliche Person als Kontrollbevollmächtigten ein. Auf diese Weise verhindern Sie, dass das Betreuungsgericht einen Kontrollbetreuer einsetzt.
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