1. Wirtschaftlicher Hintergrund und Anlegervertrauen

German Pellets, einst als führender europäischer Hersteller von Holzpellets gefeiert, geriet aufgrund strategischer Fehlentscheidungen in eine existenzbedrohend prekäre Situation. Trotz des imageschaffenden Versprechens nachhaltiger und zukunftsorientierter Investments flossen in den letzten Wochen vor der Insolvenz noch erhebliche Einzelbeträge von Anlegern, sodass letztlich rund 17.000 Investoren über einen Gesamtbetrag von ca. 270 Millionen Euro erhebliche Verluste hinnehmen mussten.

2. Der Gerichtsprozess und das abgeleistete Teilgeständnis

In einem mehr als zweijährigen Gerichtsverfahren, das sich über 43 Verhandlungstage erstreckte, stand der 68-jährige ehemalige Geschäftsführer aus Osthessen im Fokus der Justiz. Ihm wurden unter anderem Insolvenzverschleppung, mehrfacher Betrug sowie Steuerhinterziehung vorgeworfen. Entscheidend war dabei, dass er weitgehend Verantwortung übernahm und ein gestaffeltes Geständnis ablegte. Zudem stellte das Gericht aufgrund von Gutachten und Zeugenaussagen den Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlungsunfähigkeit – den 15. November 2015 – fest, wodurch der ursprünglich angegebene Schadensumfang von rund 77,3 Millionen auf lediglich 2,5 Millionen Euro herabgesetzt werden konnte.

3. Rechtsgrundlage: Insolvenzverschleppung nach §15a InsO

Im Mittelpunkt der Vorwürfe stand auch die Pflichtverletzung bei der Insolvenzanmeldung.
Nach   §15a der Insolvenzordnung (InsO)gilt sinngemäß:

„Wer es unterlässt, nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung – ohne schuldhaftes Zögern – einen Insolvenzantrag zu stellen, macht sich strafbar. Für eine schuldhafte Verzögerung drohen Freiheitsstrafen von mindestens sechs Monaten bis zu drei Jahren oder entsprechende Geldstrafen.“

Diese gesetzliche Regelung soll verhindern, dass Manager durch das absichtliche Hinauszögern der Insolvenzanmeldung den wirtschaftlichen Schaden für alle Beteiligten unnötig erhöhen.

4. Das hypothetische Totalurteil: Konsequenzen bei voller Verurteilung

Wäre der vollständige Vorwurf – also ohne das mildernde Urteil infolge des Teilgeständnisses – durchgegangen, hätte dies einen drastisch härteren Eingriff in die persönliche Freiheit des ehemaligen Geschäftsführers bedeutet. Konkret wäre für den Tatbestand der Insolvenzverschleppung gemäß **§15a InsO** eine echte Freiheitsstrafe im Rahmen von sechs Monaten bis maximal drei Jahren realistisch gewesen. Zusammengerechnet mit den möglichen Strafen für Betrugsdelikte und Steuerhinterziehung hätte das Gesamturteil ohne Berücksichtigung strafmildernder Umstände in eine mehrjährige, nicht auf Bewährung verhängte Haftstrafe münden können.

5. Aktueller Stand und weiterführende Überlegungen

Während das Unternehmen unter neuer Führung weitergeführt wird, zeigt der Fall exemplarisch, wie gravierend die Konsequenzen sein können, wenn Manager ihre Insolvenzantragspflichten vernachlässigen. Neben dem immensen wirtschaftlichen Schaden für Anleger steht hier auch ein klares juristisches Signal: Pflichtverletzungen in der Finanzführung greifen tief in das Gesicht der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ein.

Falls Sie  weiter in die Tiefe gehen möchten  – sei es in Fragen zu den strafrechtlichen Rahmenbedingungen bei Wirtschaftskriminalität oder den Folgen für die Unternehmensführung oder bezogen auf einen konkreten Ermittlungsfall, wenden Sie sich gern an mich. 


Hermann Kulzer MBA
Rechtsanwalt
Strafverteidiger
Fachanwalt für Insolvenzrecht