Einleitung
Die Haftung von Geschäftsführern für Schäden, die einer polnischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (spółka z o.o.) entstehen, ist eine der zentralen Fragen des polnischen Gesellschaftsrechts.
Die Geschäftsführung ist verpflichtet, die Gesellschaft mit der erforderlichen Sorgfalt und Loyalität zu leiten. Bei Pflichtverletzungen können die Mitglieder der Geschäftsführung für entstandene Schäden haftbar gemacht werden.
Dieser Beitrag erläutert die rechtlichen Grundlagen, den Umfang und die Voraussetzungen der Haftung von Geschäftsführern einer polnischen GmbH nach den in Polen geltenden gesetzlichen Vorschriften.
Wer haftet für Schäden an einer polnischen GmbH?
Nach Artikel 293 § 1 des polnischen Gesetzbuchs über Handelsgesellschaften (Kodeks spółek handlowych, kurz: KSH) haften folgende Personen gegenüber der Gesellschaft für Schäden, die durch eine rechtswidrige Handlung oder Unterlassung entstehen:
Mitglieder der Geschäftsführung,
Mitglieder des Aufsichtsrats,
Mitglieder des Prüfungsausschusses,
Liquidatoren.
Eine Haftung besteht jedoch nur, wenn die jeweilige Person schuldhaft gehandelt hat und durch ihren Gesetzes- oder Satzungsverstoß der Gesellschaft ein Schaden entstanden ist. Diese Haftung kann durch den Gesellschaftsvertrag oder eine Vereinbarung nicht ausgeschlossen werden.
Charakter der Haftung nach polnischem Recht
Die Haftung nach Artikel 293 § 1 KSH ist:
persönlich: Die genannten Personen haften individuell,
primär: Die Haftung besteht unmittelbar gegenüber der Gesellschaft,
unbegrenzt: Eine Haftungsobergrenze ist gesetzlich nicht vorgesehen,
kompensatorisch: Ziel ist der Ersatz des entstandenen Schadens.
Diese Haftung ist zudem eine interne Haftung, die das Verhältnis zwischen den Organmitgliedern und der Gesellschaft betrifft. Sie ist vertraglicher Natur, da sie auf der Pflichtverletzung aus der Organstellung beruht.
Voraussetzungen der Haftung
Damit eine Haftung nach Artikel 293 § 1 KSH begründet ist, müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
Rechtswidriges Verhalten: Eine Handlung oder Unterlassung muss gegen gesetzliche Vorschriften oder den Gesellschaftsvertrag verstoßen.
Verschulden: Die verantwortliche Person muss schuldhaft gehandelt haben.
Schaden: Der Gesellschaft muss ein messbarer Schaden entstanden sein.
Kausalzusammenhang: Es muss ein direkter Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem entstandenen Schaden bestehen.
Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses
Nach Artikel 228 Abs. 2 KSH bedarf die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen Organmitglieder eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung. Dies gilt auch, wenn die Gesellschaft eine Aufrechnung gegen einen solchen Anspruch vornehmen will.
Ein solcher Beschluss ist erforderlich, damit die Gesellschaft rechtlich handlungsfähig ist. Nach der Organtheorie stellt er den ausdrücklichen Willen zur Anspruchsverfolgung dar (vgl. Urteil des Berufungsgerichts Warschau, VII AGa 156/18, vom 7. Juni 2018).
Verschulden als Grundlage der Haftung
Die Haftung nach Artikel 293 § 1 KSH basiert auf dem Verschuldensprinzip. Verschulden liegt vor, wenn ein Organmitglied die erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Ein anonymes Verschulden reicht nicht aus – es muss einer konkreten Person zugeordnet werden (Kodeks spółek handlowych. Kommentar, hrsg. von Jara, 2024, 5. Auflage).
Dabei ist der Grad des Verschuldens unerheblich: Selbst bei leichter Fahrlässigkeit kann eine Haftung begründet sein.
Sorgfaltsmaßstab der Geschäftsführer – Business Judgement Rule in polnischem Recht
Die erforderliche Sorgfalt richtet sich nach dem beruflichen Charakter der Funktion.
Organmitglieder und Liquidatoren müssen ihre Aufgaben mit der Sorgfalt erfüllen, die von einer geschäftsführenden Position erwartet wird. Dazu gehört:
Kenntnis der organisatorischen und finanziellen Abläufe,
Vertrautheit mit der Mitarbeiterführung,
Wissen über das geltende Recht und dessen Auswirkungen.
Wer die Aufgaben eines Geschäftsführers ohne ausreichende Ausbildung oder Erfahrung übernimmt, verstößt gegen die erforderliche Sorgfalt (vgl. Urteil des Berufungsgerichts Łódź, I ACa 1157/13, vom 16. April 2014).
Haftungsausschlussgründe
Artikel 293 § 1 KSH nennt keine ausdrücklichen Haftungsausschlussgründe. Die Haftung kann jedoch entfallen, wenn die verantwortliche Person nachweist, dass kein Verschulden vorliegt.
Es ist zu beachten, dass ein Gesellschafterbeschluss allein die Haftung jedoch nicht ausschließt. Wenn ein Beschluss zu rechtswidrigen Handlungen zwingt, darf das Organmitglied ihn nicht ausführen. In einem solchen Fall sollte es eine Klage auf Nichtigerklärung oder Widerruf des Beschlusses einreichen.
Die Rechtslehre betont, dass Organmitglieder Beschlüsse nicht mechanisch umsetzen dürfen, insbesondere wenn sie dadurch selbst haftbar würden.
Praxis
Hier geht es darum, dass Gesellschafter, die selbst nicht der Geschäftsführung angehören, die Mitglieder der Geschäftsführung anweisen, bestimmte Handlungen vorzunehmen, die der Gesellschaft schaden können oder rechtlich bedenklich sind. In einer solchen Situation können sich die Mitglieder der Geschäftsführung nicht mit der Begründung der Haftung gegenüber der Gesellschaft entziehen, dass sie die Beschlüsse der Gesellschafter, die ihnen bestimmte Handlungen auferlegen, ausgeführt haben.
Fazit
Die Haftung von Geschäftsführern einer polnischen GmbH ist weitreichend und basiert auf dem Verschuldensprinzip. Mitglieder der Gesellschaftsorgane können persönlich und unbegrenzt haftbar gemacht werden, wenn sie gegen das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag verstoßen.
Wichtig ist, dass die Gesellschaft durch einen Gesellschafterbeschluss klärt, ob sie Schadensersatzansprüche geltend machen will. Gleichzeitig sollten Geschäftsführer sicherstellen, dass sie alle Entscheidungen mit der erforderlichen Sorgfalt und Fachkenntnis treffen, um Haftungsrisiken zu minimieren.
Es ist zu beachten, dass die oben genannte Regelung nicht den gesamten Umfang der Haftung eines Geschäftsführers in einer polnischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung umfasst.
Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar.
Stand. 19.02.2025
Polnischer Anwalt Pawel Majewski, LL.M.