Die aktuelle Gesetzgebung und Rechtsprechung im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung sollte von den Versicherten nicht unberücksichtigt bleiben. Dabei geht es sowohl um Beitragsrecht als auch um Leistungsrecht sowie Krankenhausrecht. Die Systematik ist äußerst komplex und schwierig, für juristische Laien kaum durchdringbar.
Gerade im Bereich des Leistungsrechts der Krankenkassen sind abgelehnte Anträge für Behandlungen, Heilmittel oder Hilfsmittel oft sehr belastend für die vermeintlich leistungsberechtigten Antragsteller und Antragstellerinnen. Es lohnt sich jedenfalls gegen ablehnende Entscheidungen der Krankenkassen Rechtsmittel, also Widerspruch und/oder Klage, einzulegen. Die Erfolgsquote ist hoch. Oft lohnt sich der Weg zum Landessozialgericht oder Bundessozialgericht weiter zu gehen. Dies dient der Rechtssicherheit und der Nachvollziehbarkeit ablehnender Entscheidungen, insbesondere auch, wenn die Entscheidungen von den Gerichten bestätigt werden. Nur so ist gewährleistet, dass sich Recht und Gesetz weiterentwickeln.
Das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist im SGB V geregelt. Zentrale Vorschriften sind § 2 für die Leistungen, § 27 für die Krankenbehandlung, § 31 für die Verordnungsermächtigung, § 32 für Heilmittel und § 33 für Hilfsmittel.
Als Beispiele aus der neueren Rechtsprechung seien folgende genannt:
- Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 10.03.2022 – B 1 KR 3/21 R
Leitsatz:“ Eine als Krankheit anzusehende Entstellung kann in eng begrenzten Ausnahmefällen auch an üblicherweise von Kleidung bedeckten Körperstellen möglich sein.“
Hier ging es um die Kostenübernahme bzw. Erstattung der Kosten einer Brustoperation, einer Mammaaufbauplastik bei Brustasymetrie. Die Revision der Klägerin gegen die abweisenden Entscheidungen des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts wurde abgelehnt, war aber nicht ohne Erfolg, denn das Bundessozialgericht hat in dieser Entscheidung seine bisherige sehr strenge Rechtsprechung weiterentwickelt und damit Anlass zur Hoffnung für künftige Fälle gegeben. Danach müsste etwa auch bei einer beantragten Plastik oder Straffung großer Hautüberschüsse nach Gewichtsreduktion wohlwollender entschieden werden. Anträge dürfen nun nicht mehr ausschließlich mit der Begründung abgelehnt werden, dass die Körperteile und entstellenden Hautlappen mit entsprechender Miederware kaschiert werden können. Das Bundessozialgericht hat erstmals festgestellt, dass auch der unbekleidete Zustand berücksichtigt werden muss.
- Landessozialgericht Niedersachsen- Bremen vom 08.05.2024 – L 4 KR 497/22
Das Gericht hat in diesem Fall in 2. Instanz entschieden, dass bei der Genehmigung und Kostenübernahme für Hörgeräte ein Test unter Laborbedingungen nicht streitentscheidend sein kann, sondern eine Begutachtung notwendig ist.