Nach einem Verkehrsunfall gehört die Beauftragung eines Sachverständigen oft zu den ersten Schritten, um die Höhe des Schadens zu bestimmen. Die Rechnung des Gutachters ist in diesen Fällen dann eine von mehreren Schadenspositionen, die von der gegnerischen Versicherung übernommen werden. Aber immer wieder kommt es zu Streitigkeiten, da die Versicherungen die Höhe der Gutachterkosten anzweifeln und nur einen Teilbetrag erstatten. So auch in einem unserer aktuellen Fälle.

Das aktuelle erstrittene Urteil vor dem Amtsgerichts Hamm beleuchtet die Frage, welche Kosten des beauftragten Gutachters angemessen und damit voll erstattungsfähig sind.

Nach einem Unfall beauftragte der Mandant einen Gutachter mit der Feststellung der Schadenshöhe. Von der gegnerischen Versicherung wurde lediglich ein Betrag von 312,61 Euro übernommen, obwohl das Gutachten insgesamt 1.058,21 Euro kostete. Die beklagte  Versicherung argumentierte, dass die vom Sachverständigen berechneten Kosten überhöht seien. Die Versicherung bestand darauf, dass die Abrechnung des Sachverständigen nach dem JVEG, also dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz erfolgen müsse. Dies lehnte das Gericht jedoch entschieden ab.

Und das zu Recht, wie wir finden. Denn das JVEG regelt die Vergütung von Sachverständigen, die im Auftrag von Gerichten tätig sind. Für privat beauftragte Gutachten, wie im Fall eines Verkehrsunfalls, ist dieses Gesetz daher auch nicht anwendbar. Privatgutachter haben die Freiheit, ihre Honorare nach eigenem Ermessen zu bestimmen, solange diese nicht unverhältnismäßig hoch sind.

Das wirft zwangsläufig die Frage auf: Was ist in diesem Zusammenhang ein angemessenes Honorar?

Im vorliegenden Urteil stellte das Gericht klar, dass der Geschädigte als Laie nicht verpflichtet ist, das Gutachterhonorar im Detail zu hinterfragen. Das Grundhonorar des Gutachters lag mit 782,00 Euro nur geringfügig über den Richtwerten des Bundesverbands der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen (BVSK) und wurde daher nicht beanstandet. Zudem sei eine Abrechnung des Gutachters nach Schadenshöhe durchaus üblich, sodass der Kläger auf die Angemessenheit der Rechnung des beauftragten Gutachters vertrauen durfte.

Anders verhielt es sich bei den Nebenkosten. Hier nahm das Gericht Kürzungen vor, da diese teils überhöht angesetzt waren. Insbesondere bei den Rechnungspositionen Fahrtkosten, Kopien und Schreibkosten orientierte sich das Gericht am JVEG und korrigierte die Beträge entsprechend nach unten. Auch die Kosten für Lichtbilder und Kopien wurden nur teilweise anerkannt.

Dieses Urteil zeigt deutlich, dass das JVEG als Maßstab für die Abrechnung von Privatgutachten nicht herangezogen werden kann.

Geschädigte sollten sich in der Regel keine Sorgen machen, sofern sie die Rechnung des Gutachters bezahlt haben. Sofern diese nicht offensichtlich überhöht ist, kann der volle Betrag in der Regel von der gegnerischen Versicherung erfolgreich eingefordert werden.

Gutachter sollten transparente und nachvollziehbare Rechnungen ausstellen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Es empfiehlt sich ebenfalls, eine kurze Übersicht über die voraussichtlich entstehenden Kosten bei Beauftragung parat zu haben und sich von dem Auftraggeber gegenschriftlich bestätigen zu lassen.  Versicherungen können zwar Nebenkosten hinterfragen, doch ein eine pauschale Kürzung eines großen Teils der Rechnung ist nicht rechtens.

Wenn Sie als Geschädigter in einer ähnlichen Situation sind, scheuen Sie sich nicht, Ihre Ansprüche durchzusetzen. Gerne sind wir Ihnen dabei behilflich.