Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht
Urteil vom 20.12.2024
1 U 85/22
Privates Baurecht
Urteil des OLG Schleswig-Holstein zur Hinweispflicht von Bauunternehmern bei Planungsmängeln und zur Verjährung von Mangelfolgeschäden. Behandelt werden die Haftung von Bauunternehmer und Architekt, Mitverschulden des Bauherrn und Verjährungsfristen bei Baumängeln.
I. Leitsatz:
Eine Bauunternehmerin ist von der Obliegenheit, auf Mängel der Bauplanung hinzuweisen, nicht deswegen befreit, weil für die Bauherrin der bauplanende und Bauaufsicht führenden Architekt tätig ist. Gerade, wenn die Planung dieses Architekten mangelhaft ist, muss der Hinweis direkt an die Bauherrin gerichtet werden.
II. Zum Sachverhalt
Die Klägerin ließ in den Jahren 2011/2012 ein Wohnhaus errichten. Der Beklagte zu 2. war als planender und bauaufsichtführender Architekt tätig, während die Beklagte zu 1. mit den Rohbauarbeiten beauftragt wurde. Im Jahr 2012 trat Wasser in den Keller ein, was auf einen Ausführungsfehler zurückzuführen war. Die Beklagte zu 1. verpflichtete sich zur Mangelbeseitigung und Übernahme von Folgeschäden. Später stellte sich heraus, dass die Lichtschächte nicht druckwasserdicht ausgeführt waren. Die Klägerin verlangte daraufhin Schadensersatz und einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung von beiden Beklagten. Die Beklagte zu 1. machte geltend, sie habe davon ausgehen dürfen, dass druckdichte Fenster eingebaut werden sollten, und die Ausführung sei mit dem Beklagten zu 2. abgestimmt gewesen.
III. Zur rechtlichen Würdigung
Das Gericht stellte fest, dass die Leistung der Beklagten zu 1. mangelhaft war, da die Lichtschächte nicht druckwasserdicht ausgeführt wurden. Obwohl die Planung des Architekten fehlerhaft war, entband dies die Beklagte zu 1. nicht von ihrer Prüfungs- und Hinweispflicht. Das Gericht betonte, dass ein Bauunternehmer für Mängel in seinem Werk auch dann verantwortlich bleibt, wenn diese auf der vorgelegten Bauplanung beruhen, es sei denn, er ist seiner Prüfungs- und Hinweispflicht nachgekommen. Die Beklagte zu 1. war nicht von ihrer Hinweispflicht befreit, nur weil die Klägerin durch den Architekten fachlich beraten war. Gerade weil sich der Mangel unmittelbar aus der Planung des Architekten ergab, hätte die Beklagte zu 1. einen Hinweis direkt an die Klägerin richten müssen.
IV. Praxishinweis
Bauherren sollten sich bewusst sein, dass die Beauftragung eines Architekten sie nicht von der Verantwortung entbindet, auf Hinweise des Bauunternehmers zu achten. Auch wenn ein Architekt die Planung und Bauaufsicht übernimmt, sollten Bauherren darauf bestehen, dass der Bauunternehmer sie direkt über mögliche Mängel oder Bedenken informiert. Es empfiehlt sich, dies vertraglich festzuhalten und regelmäßige Besprechungen mit allen Beteiligten durchzuführen, um eine offene Kommunikation zu gewährleisten und potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und zu adressieren.