Dieser der alpha Rechtsanwälte Beitrag hat vier Abschnitte:

  1. Die Situation
  2. Der rechtliche Hintergrund
  3. Das Fallbeispiel aus der Praxis von alpha Rechtsanwälte
  4. Unsere Lösung

Die Situation des Auftragnehmers (AN):

Wer kennt es nicht, insbesondere in diesen Zeiten: Als Architekt, Bauunternehmer, Handwerker oder Lieferant bekommen Sie zunehmend das Gefühl, dass Ihr Auftraggeber (AG) – ein Bauträger, Generalunternehmer, Generalübernehmer oder einfach nur der Bauherr – schleppend oder gar nicht mehr zahlt. Eine Bauhandwerkersicherheit erhalten Sie ebenfalls nicht mehr von ihm.

Schon klar, den Bauträger können Sie durch die Eintragung einer Sicherungshypothek unter Druck setzen (der Bauträger muss lastenfrei an die Erwerber verkaufen – und das kann er nicht, wenn Sie sich ins Grundbuch haben eintragen lassen. Hierzu gibt es bald einen eigenen Blogbeitrag).

Kurzum: Der AG ist nicht mehr liquide, steht kurz vor der Insolvenz oder der Insolvenzantrag ist bereits gestellt. Sie haben fünf-, sechs- oder sogar siebenstellige Beträge offen. Die Lage ist ernst: Sie brauchen Liquidität, Sie brauchen Ihr Geld.

Die nicht so gute Nachricht: Ganz schnell geht es nicht.
 Die sehr gute Nachricht: Es gibt ein altes Gesetz, das Ihrem Auftraggeber weh tut und ihn zur Zahlung motiviert.

Der rechtliche Hintergrund:

Sie können Ihr Ziel erreichen, indem Sie den Druck auf die Geschäftsführer der GmbH, ihre Prokuristen oder die Vorstände der Aktiengesellschaft aufbauen. Dies gelingt durch die Direkthaftung bzw. persönliche Haftung der gesetzlichen Vertreter Ihres AG – also der Haftung der Geschäftsführer oder Vorstände.

Hier hält das deutsche Recht ein bewährtes Gesetz bereit: das Gesetz zur Sicherung der Bauforderungen (BauFordSiG). Rund hundert Jahre alt und 2009 in der damaligen Baukrise nachgeschärft, ist es ein effektives Werkzeug für Auftragnehmer.

Kurz gefasst: Nach § 1 BauFordSiG hat Ihr AG die Pflicht, von einem Dritten erhaltenes Geld vorrangig zur Bezahlung der eigenen Nachunternehmer bzw. Auftragnehmer einzusetzen. Geld, das Ihr AG von einem Dritten (z. B. Käufer von Teileigentum oder Wohneigentum bei Bauträgern, Kreditmittel von Banken etc.) erhalten hat, ist Baugeld. Dieses Baugeld muss im Zusammenhang mit der Errichtung eines Baus zunächst an die beteiligten Handwerker, Bauunternehmen, Planer, Lieferanten und Statiker ausgezahlt werden. Erst danach darf Ihr Auftraggeber an sich selbst denken. Nur wenn der AG selbst Leistungen erbracht hat, darf er einen angemessenen Teil für sich behalten.

Verletzt der AG diese Pflicht zur ordnungsgemäßen Weiterleitung und Bezahlung seiner Nachunternehmer, ist dies strafbar (§ 2 BauFordSiG). Das ist für den Geschäftsführer besonders unangenehm, zumal es am Bau oft um hohe Summen geht.

Wir Juristen nennen das ein Schutzgesetz. Genau diese Strafbarkeit ermöglicht Ihnen als Auftragnehmer die Durchgriffshaftung auf die gesetzlichen Vertreter der GmbH oder Aktiengesellschaft Ihres AG. Die rechtliche Grundlage: § 823 Abs. 2 BGB.

Noch besser: Können Sie plausibel behaupten oder gar nachweisen, in welcher Höhe Ihr AG Baugeld erhalten hat, muss sich der AG aus dieser juristischen Klemme befreien. Dabei macht es der Gesetzgeber dem AG schwer: Bestreitet der AG, dass er Baugeld erhalten hat, oder behauptet er, das Baugeld ordnungsgemäß verwendet zu haben, trifft ihn die volle Beweislast dafür.

Die Gerichte sind hier streng mit dem AG. Das OLG Jena hat entschieden:

"Der Auftraggeber hat ... bis auf den letzten Cent anhand geeigneter Belege nachzuweisen, dass er empfangenes Baugeld zweckentsprechend verwendet hat. Pauschale Behauptungen und nicht ausreichend konkretisierter Vortrag genügen diesen Anforderungen nicht."
 (OLG Jena, Urteil vom 18.04.2012 – 7 U 762/11)

Die Hürde für den AN besteht darin, herauszufinden, ob und in welcher Höhe der AG Baugeld erhalten hat. Hierbei gibt es jedoch Unterstützung vom Bundesgerichtshof.

Immer dann, wenn auf einem Grundstück im zeitlichen Zusammenhang mit einem Bauvorhaben, also während der Bauzeit, Grundpfandrechte eingetragen wurden, wird vermutet, dass es sich um Baugeld in Höhe der entsprechenden Grundschulden handelt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 1986 klargestellt (BGH, Urteil vom 09.12.1986 – VI ZR 287/85):

„…dass sämtliche kurz vor oder während der Bauzeit im Grundbuch zu Lasten des Baugrundstücks eingetragenen Hypotheken und Grundschulden Geldleistungen sichern, die zur Bestreitung der Baukosten gewährt wurden und damit ‚Baugeld‘ waren.“

Und noch besser: Der Auftragnehmer hat nach § 12 Grundbuchordnung (GBO) in einem solchen Fall das Recht auf volle Einsicht in das Grundbuch, also auch in Abteilung III. Dort sind Hypotheken und Grundschulden verzeichnet.

Bisher hatten wir keine Schwierigkeiten, dieses Recht mit entsprechender Begründung bei den jeweiligen Grundbuchämtern geltend zu machen. Die Grundbuchämter erkennen das berechtigte Interesse des Auftragnehmers an der Einsicht in Abteilung III des Grundbuchs an.

Das Fallbeispiel aus der Praxis von alpha Rechtsanwälte

Verärgert und bedrückt erschien der Geschäftsführer einer langjährigen und geschätzten Mandantin in unserer Kanzlei. Ein erfahrener Handwerksbetrieb hatte im Vertrauen auf den Auftraggeber weit vorausgeleistet und zu spät Rechnungen gestellt. So auch hier: Die Schlussrechnung über 125.000 € wurde nicht bezahlt.

Der Auftraggeber, ein Bauträger, hatte alle Eigentumswohnungen verkauft. Die Kaufpreise waren bereits an ihn geflossen („Kaufpreise von Erwerbern sind Baugeld!“), aber Geld zur Bezahlung der Handwerksbetriebe fehlte.

Eine Anwaltskanzlei des Bauträgers bot den Nachunternehmern an, 25 % der offenen Forderungen zu zahlen, während der Rest erlassen werden sollte.

Unsere Mandantin hätte also auf 93.750 € verzichten und stattdessen lediglich 31.250 € erhalten. Doch sie entschied sich für eine andere Strategie.

Unsere Lösung

Wir konnten durch einen Verkaufsprospekt des Bauträgers die einzelnen Kaufpreise der Wohneinheiten ermitteln und damit nachweisen, welchen Betrag der Bauträger erhalten hatte. Anschließend forderten wir eine detaillierte Darlegung, wie diese Gelder verwendet wurden.

Da der Bauträger hierzu keine Auskunft geben konnte und der Werklohn weiter ausblieb, reichten wir Klage ein. Bereits im ersten Verhandlungstermin stellte das Landgericht klar, dass der Geschäftsführer die vereinnahmten Kaufpreise nicht ordnungsgemäß nachweisen konnte.

Um ein vollstreckbares Urteil gegen sein Privatvermögen zu vermeiden, akzeptierte er einen Vergleich: 95.000 € wurden innerhalb der festgesetzten Frist gezahlt.

Die Dauer des gesamten Verfahrens: 5 Monate. Deutlich kürzer und erfolgreicher als ein Insolvenzverfahren.

Ergebnis: Anstatt nur 25 % zu erhalten, konnten wir 76 % der Forderung durchsetzen. Unsere Mandantin war sehr zufrieden – und wir auch.


Sprechen Sie uns an. Wir freuen uns auf Sie.


Autor: Martin Straube, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Rechtsanwalt bei alpha Rechtsanwälte Fachanwälte PartG mbB

Gotha - Erfurt



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