Zunahme von Online-Banking-Betrugsfällen
Bundesweit ist seit Jahren eine Zunahme von Online-Banking Betrugsfällen zu verzeichnen. Für das Jahr 2023 hat das Bundeskriminalamt (BKA) rund 90.000 Online-Banking Betrugsfälle registriert und damit einen Zuwachs von 14 Prozent im Vergleich zu 2022 festgestellt.
Besonders misslich ist es, wenn der Erfolg der Täter bei der betrügerischen Schädigung von Bankkunden dadurch begünstigt wird, dass die technischen Vorgänge bei der Bank im Zusammenhang mit den Zahlungsvorgängen nicht transparent bzw. nicht so gestaltet sind, dass der Bankkunde den Angriff der Täter ohne Weiteres erkennen kann.
Unser Fall
Das Amtsgericht Bielefeld hat in einem von uns vertretenen Fall, in dem unsere Mandantin Gegenstände über das Verkaufsportal Kleinanzeigen verkaufen wollte und dabei Opfer von Betrügern geworden ist, entschieden, dass die Sparkasse dem Konto unserer Mandantin die von ihr nicht autorisierten Abbuchungen in Höhe von ca. 4.000,- € gutzuschreiben hat.
Das Gericht hat dabei u.a. festgestellt, dass die Registrierung eines neuen mobilen Endgeräts zur Mastercard, soweit diese über die Kreditkarten-App der Sparkassen (S-ID-Check-App) vorgenommen wird, sehr intransparent gestaltet ist.
Eine rechtliche Relevanz erlangt diese Beurteilung des Gerichts bei der Frage, ob die Bank dem ihr gegenüber geltend gemachten Anspruch unserer Mandantin auf Wiedergutschrift der von den Tätern abgezogenen Beträge von ca. 4.000,- € entgegen halten kann, dass unsere Mandantin grob fahrlässig gehandelt habe.
Grobe Fahrlässigkeit als entscheidender Knackpunkt
Unserer Erfahrung nach entscheiden sich die Online-Banking-Betrugsfälle ganz überwiegend in Abhängigkeit der Frage, ob dem Bankkunden im jeweiligen Einzelfall bei den durch Betrüger gesteuerten und vom Bankkunden nicht autorisierten Zahlungsvorgängen ein grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist oder nicht.
Von einem grob fahrlässigen Verhalten wird in der Rechtsprechung ausgegangen, wenn einer Person vorzuwerfen ist, einen in objektiver Hinsicht schweren und in subjektiver Hinsicht schlechthin unentschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der konkret erforderlichen Sorgfalt begangen zu haben.
Vorwürfe der Sparkasse
Die Sparkasse hatte unserer Mandantin vorgeworfen, grob fahrlässig gehandelt zu haben, indem sie auf einer Internetseite, auf die sie über einen vermeintlich ihr durch die Verkaufsplattform Kleinanzeigen zur Verfügung gestellten Link gelangt war, die Kreditkartennummer und die Prüfziffer eingegeben hatte, um bei der von dem vermeintlichen Kaufinteressenten gewünschten Bezahlmethode "sicher bezahlen" die Kaufpreiszahlung auf ihre Kreditkarte empfangen zu können. Der weitere Vorwurf der Sparkasse lautete, dass unsere Mandantin eine auf ihre S-ID-Check-App erhaltene Mitteilung mit dem Wortlaut "Bitte bestätigen Sie, dass Sie Ihre Registrierung ändern möchten" genehmigte, infolge dessen von unserer Mandantin unbemerkt ihr eigenes mobiles Endgerät von der Kreditkarte getrennt und das mobile Endgerät der Täter mit der Kreditkarte verbunden werden konnte.
Keine grobe Fahrlässigkeit
Das Amtsgericht Bielefeld hat jedoch entgegen dieser Vorwürfe der Sparkasse das Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit unserer Mandantin nicht angenommen.
Es stellt dazu fest, dass im Online-Banking nicht allein deshalb, weil unsere Mandantin die ungewöhnliche Zahlung auf ihre Kreditkarte akzeptierte, vom Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit ausgegangen werden kann, da - so das Amtsgericht ausdrücklich - „bereits die Vielzahl von sich auch ständig ändernden Sicherungskonzepten und damit einhergehenden Ansatzpunkten für einen Missbrauch" keine Vermutung des Vorliegens eines persönlichen Verschuldens rechtfertigt.
Ebenso hat das Gericht keine grobe Fahrlässigkeit darin gesehen, dass unsere Mandantin die Manipulation des ihr zugeleiteten Links und der Internetseite nicht erkannt und der Aufforderung, die Kreditkartennummer und die Prüfziffer einzugeben, Folge geleistet hat. Das Gericht weist dazu darauf hin, dass die Sparkasse nicht vorgetragen hat, dass der Link dilettantisch war, dass "gefakte" Internetseiten auch durchaus frappierend echt aussehen können und dass die Weiterleitung auf andere Internetseiten im Zuge eines Bezahlvorgangs auch normal sei.
Intransparenz der Push-Mitteilung in der Sparkassen-App
Schließlich hat das Amtsgericht Bielefeld auch darin keine grobe Fahrlässigkeit unserer Mandantin gesehen, dass diese eine Genehmigung auf die erhaltene Push-Nachricht in der S-ID-Check-App erteilt hat, wodurch sie - unbemerkt - die Registrierung eines neuen mobilen Endgeräts zu ihrer Kreditkarte genehmigte und gleichzeitig einer Trennung der Verbindung ihres mobilen Endgeräts mit dem Konto.
Das Gericht macht dazu geltend, dass sich dem Wortlaut der Push-Nachricht nicht deutlich erkennbar entnehmen ließ, dass mit der Push-Nachricht die Registrierung des mobilen Endgeräts für die Kreditkarte geändert werden sollte. Die in der Push-Nachricht angekündigte „Änderung der Registrierung“ könne alles mögliche bedeuten. Dass infolge der Neuregistrierung eine weitere Nutzung der Kreditkarte über das bisherige Endgerät nicht mehr möglich ist und die Kreditkarte über ein anderes Endgerät belastet werden kann, sei dieser Mitteilung nicht ansatzweise zu entnehmen!
Die Sparkasse ist durch das noch nicht rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Bielefeld dazu verurteilt worden, die durch die Täter veranlassten Kontobelastungen dem Konto unserer Mandantin wieder gutzuschreiben.
Unser Rat
Das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld zeigt, dass das Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit des Bankkunden anhand des konkreten Falles immer genau zu prüfen ist. Sehr erfreut sind wir über die Feststellung des Gerichts, dass, so wie von uns geltend gemacht, der Vorgang der Neuregistrierung eines mobilen Endgeräts zur Kreditkarte über die Sparkassen-App nicht eindeutig und unmissverständlich auf die Reichweite und möglichen Folgen einer solchen Neuregistrierung hinweist und deshalb nicht geeignet ist, eine grobe Fahrlässigkeit des Kunden zu begründen.
Wir raten, den regelmäßig durch die Banken in solchen Online-Banking-Betrugsfällen erhobenen Vorwurf des grob fahrlässigen Verhaltens nicht einfach zu akzeptieren und den Anspruch auf Wiedergutschrift der Kontobelastungen anwaltlich prüfen und durchsetzen zu lassen. Gerne stehen wir Ihnen hierfür zur Verfügung.